Chronik 1901.12

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Weltchronik der ersten Dekade Dezember 1901



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01.12.1901 (Sonntag)
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Russisches Kaiserreich (Polen) Zu Protestdemonstrationen polnischer Einwohner kommt es in Warschau. Anlaß sind die harten Urteile im sog. Wreschener Schulkonflikt und die Haltung der preußischen Regierung.

02.12.1901 (Montag)
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Vereinigte Staaten von Amerika (USA) Auf der ersten Sitzung des US-amerikanischen Kongresses in Washington äußert sich der neue Präsident Theodore Roosevelt zu den Grundzügen seiner Politik. Er will an der sog. Monroe-Doktrin festhalten die eine Eindämmung des Einflusses europäischer Staaten auf dem amerikanischen Kontinent vorsieht; zugleich kündigt er eine Kontrolle der Trusts an.

Deutsches Reich / Russisches Kaiserreich Russland und das Deutsche Reich richten an die übrigen Großmächte eine diplomatische Note, in der sie zu Gesprächen über Unterdrückungsmaßnahmen gegen Anarchisten aufrufen.


03.12.1901 (Dienstag)
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In Potsdam legt Zorn von Bulach, katholischer Weihbischof von Straßburg, seinen Eid vor dem deutschen Kaiser Wilhelm II. ab.

04.12.1901 (Mittwoch)
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Deutsches Reich Auf Antrag des bayerischen Zentrum-Politikers und Bauernführers Georg Heim billigt der Landtag mit 77 gegen 51 Stimmen in München eine Aufnahmebeschränkung für Juden in der Justizverwaltung. Der bayerische Justizminister Leopold Freiherr von Leonrod lehnt den Antrag wegen rechtlicher Bedenken ab.

Zwischen Bayern, Baden und dem Elsaß wird ein Vertrag über den Ausbau des Oberrheins bis Basel zum Großschiffahrtsweg geschlossen. Zugleich soll der Oberrhein von Straßburg bis Sanderheim reguliert werden.


05.12.1901 (Donnerstag)
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Deutsches Reich Im Berliner Reichstag legt die sozialdemokratische Fraktion eine von rund 3,43 Mio. Personen unterzeichnete Petition gegen die Erhöhung der Getreidezölle vor. Der Reichstag debattiert seit dem 2. Dezember über den Zolltarifentwurf.

Vereinigtes Königreich von Großbritannien und Irland (Südafrika) Nach einem Beschluß der Burenführer unter Vorsitz des Präsidenten der Republik Transvaal, Paulus Kruger, wird allen Friedens- bzw. Waffenstillstandsverhandlungen mit den Briten vorläufig eine Absage erteilt. Dies soll gelten, solange Alfred Viscount Milner Oberkommissar für Südafrika bleibt. Der britische Politiker übt dieses Amt seit 1897 aus und trug wesentlich zum Ausbruch des Burenkrieges bei. Kruger bemüht sich seit 1900 in Europa vergeblich um Unterstützung für die Burenrepublik.


06.12.1901 (Freitag)
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Deutsches Reich Zu einem kuriosen Eisenbahnunfall, bei dem niemand verletzt wird, kommt es in Frankfurt am Main. Der aus Ostende kommende Orient-Express fährt mit großer Wucht über den Prellbock am Ende des Bahnsteigs hinweg, und die Lokomotive kommt mit ihrem Tender erst im Bahnhofswartesaal der 1. und 2. Klasse zum Stehen. Nach amtlichen Angaben ist der stark verspätete Zug mit zu großer Geschwindigkeit in den Bahnhof eingefahren.

Deutsches Reich (Ostafrika) In Berlin wird eine Verordnung von Reichskanzler Bernhard von Bülow bekannt. Danach muß jeder „Haussklave” in Deutsch-Ostafrika, der sein Sklavenverhältnis beenden will, eine von der zuständigen Verwaltungsbehörde festzusetzende Abfindung zahlen.

Österreich-Ungarische Monarchie In Wien gründet sich eine neue Liga zur Bekämpfung des Duells. Ihre Mitglieder entstammen zum größten Teil aus Aristokratie und Beamtenschaft.

Österreich-Ungarische Monarchie (Kroatien) Das österreichische Abgeordnetenhaus in Wien lehnt nach langer Debatte einen Dringlichkeitsantrag auf Errichtung einer südslawischen Universität ab. Nach Ansicht von Unterrichtsminister Wilhelm August Ritter von Hartel sind die Voraussetzungen für eine solche Einrichtung nicht gegeben.

Vereinigte Staaten von Amerika (USA) Ein im US-amerikanischen Repräsentantenhaus in Washington eingebrachtes Gesetz sieht die Zahlung einer Pension an die Witwe des ermordeten US-amerikanischen Präsidenten William McKinley vor. Mrs. McKinley erhält eine jährliche Zahlung in Höhe von 5000 US-Dollar (20 950 Mark).

07.12.1901 (Samstag)
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Österreich-Ungarische Monarchie (Polen) Angesichts der massiven Unruhen im Anschluß an den Wreschener Schulkonflikt richtet der galizische Landesschulrat einen Appell an die Leiter der Schulen in Lemberg. Diese werden darin aufgefordert, alles zu unternehmen, um eine Wiederholung von Protestkundgebungen zu verhindern.

Deutsches Reich Beim Untergang des Schiffes „Weser” in der Nordsee sterben alle 14 Besatzungsmitglieder.



08.12.1901 (Sonntag)
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Einem offiziösen russischen Pressebericht zufolge ist aus Sicht der Regierung aufgrund des deutschen Zolltarifentwurfs kein neuer Handelsvertrag, sondern höchstens ein Meistbegünstigungsvertrag zwischen beiden Staaten möglich.

09.12.1901 (Montag)
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Österreich-Ungarische Monarchie In einer Rede im österreichischen Abgeordnetenhaus in Wien warnt Ministerpräsident Ernest von Koerber vor einer „Arbeitsunfähigkeit” der Volksvertretung durch Obstruktionspolitik. Dabei weist er auf die Möglichkeit hin, die Verfassung außer Kraft zu setzen.

Französische Republik Der französische Finanzminister Joseph Caillaux gibt im Parlament in Paris einen Überblick über die Finanzlage Frankreichs. Er beziffert das für 1902 zu erwartende Defizit auf 67 Mio Francs (54,3 Mio. Mark).

Die Heereskommission des französischen Senats billigt in Paris einen Antrag auf Einführung der zweijährigen Militärdienstzeit.

Deutsches Reich Im Finanzausschuß des Landtages erklärt der bayerische Ministerpräsident Krafft Graf von Crailsheim, dass die bayerische Staatsregierung ihr sog. Postreservatsrecht nicht aufgeben werde.


10.12.1901 (Dienstag)
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Deutsches Reich (Polen) ( Preußen) Im Reichstag in Berlin wird die Interpellation des Führers der polnischen Reichstagsfraktion, Fürst Ferdinand von Radziwill, zu dem Wreschener Schulkonflikt, einem Schulstreik polnischer Kinder gegen die erzwungene Einführung der deutschen Sprache im Religionsunterricht, beraten. Reichskanzler Bernhard von Bülow erklärt, sich in dieser Frage nur von der „Staatsräson” und der „Pflicht gegenüber dem Deutschtum” leiten lassen zu wollen. Im übrigen lehnt er eine Stellungnahme mit der Begründung ab, dies sei eine ausschließlich preußische Angelegenheit. Der Sozialdemokrat Georg Ledebour verurteilt die Haltung der Regierung im Wreschener Schulkonflikt (später: Wrze´snia) scharf und spricht von „Kindesfolterung”. Auslöser war ein Erlass des preußischen Kultusministeriums vom 4. März 1901, der die Schulen in Preußen dazu verpflichtete, dass der Religionsunterricht in der Oberstufe künftig auf Deutsch stattfinden müsse. Bis dahin war Religion das letzte Fach, das noch in polnischer Sprache unterrichtet wurde – Polnisch als Unterrichtsfach war bereits abgeschafft. Daraufhin verweigerten im April polnische Schüler der katholischen Volksschule die Annahme deutschsprachiger Katechismen und boykottierten den Unterricht. Sie wurden hierbei durch ihre Eltern unterstützt, die öffentliche Proteste und Volksversammlungen abhielten. Höhepunkt der Proteste war am 21. und am 22. Mai, als Lehrer und Behörden mit Strafen, Prügel und Disziplinarmaßnahmen gegen die Kinder reagierten. Mehrere Schüler zwischen 12 und 15 Jahren wurden vor Gericht gestellt. Eine bekannte Postkarte aus Krakau zeigt die 15 Kinder als „Volkshelden“. Der Prozess gegen die Kinder und ihre Eltern löste europaweite Empörung aus – in Warschau, Paris und London berichteten Zeitungen kritisch über das Vorgehen der preußischen Behörden. Der Konflikt entwickelt sich zu einem Symbol für den Widerstand der polnischen Bevölkerung gegen die Germanisierungspolitik des Kaiserreichs. Der Wreschener Schulstreik gilt als Schlüsselmoment im deutsch‑polnischen Verhältnis um 1900. Er zeigt, wie prägend Sprache und Religion für die kulturelle Zugehörigkeit sind. Gleichzeitig offenbart er die Härte der preußischen Assimilationspolitik und die internationale Aufmerksamkeit, die solche Konflikte nicht mehr hinnehmen möchte.

Belgien / Vereinigtes Königreich von Großbritannien und Irland Der belgische Sozialistenführer Emile Vandervelde - seit 1900 Präsident der Zweiten Internationale - fordert in der belgischen Abgeordnetenkammer in Brüssel Schritte der Regierung gegen das britische Vorgehen im Burenkrieg.

Königreich Norwegen-Schweden In Stockholm und Christiania werden erstmals die Nobelpreise verliehen. Die Auszeichnungen gehen zurück auf eine testamentarische Stiftung des schwedischen Chemikers und Industriellen Alfred Nobel.

Französische Republik Die französische Abgeordnetenkammer in Paris debattiert über Steuerfragen. Seit langem zählt die Frage einer Steuerreform zu den umstrittensten innenpolitischen Problemen.

Deutsches Reich Die Zweite Kammer des sächsischen Parlaments billigt eine Erhöhung der Einkommensteuer um 25%. Am 12. Dezember legt Finanzminister Werner von Watzdorf einen Bericht über die ungünstige Finanzlage des Landes Sachsen vor.

Im Auftrag des deutschen Schriftstellers Karl May reicht Rechtsanwalt Paul Brückner beim Dresdener Landgericht eine Klage wegen unbefugten Nachdrucks und Verletzung der Urheberrechte ein.


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