Chronik 1945.06-III: Unterschied zwischen den Versionen

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21. Juni 1945
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JAPANS KRIEG MIT Vereinigte Staaten von Amerika (USA)
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Der japanische Widerstand auf Okinawa bricht nach 82 Tagen heftigster Kämpfe, die von britischen und amerikanischen Trägergruppen unterstützt werden, zusammen, doch einzelne japanische Gruppen halten sich noch. Mit der Einnahme von Okinawa gewinnen die Amerikaner eine Flugbasis in nächster Nähe der japanischen Hauptinseln (500 km bis Kyuschu). Japanische Verluste: 110.000 Tote, 7.400 Gefangene. Amerikanische Verluste: 49.000 Tote, Verwundere und Vermißte, davon 12.281 Gefallene, davon 5.000 Marines. Der japanische Befehlshaber der Insel, Generalleutnant Mitsuru Ushijima begeht zusammen mit seinem Stabschef Isamu Cho, Seppuku (Harakiri). Mit der Einnahme von Okinawa beginnt die kriegsentscheidende vernichtende Luftoffensive gegen Japan.
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Der tschechoslowakische Staatspräsident Eduard Beneš verkündet die Enteignung und Aufteilung des sudetendeutschen Grundbesitzes.
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In den Landkreis Schwarzenberg im Erzgebirge, der aus Versehen weder von den Vereinigte Staaten von Amerika (USA) noch von der Sowjetunion besetzt worden war, rücken sowjetische Einheiten ein.
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Großbritannien übernimmt anstelle der Vereinigte Staaten von Amerika (USA) die Besatzung der Stadt Köln.
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In Italien bildet der neue Ministerpräsident Ferruccio Parri eine Regierung, das Amt des Außenministers übernimmt der Christdemokrat Alcide De Gasperi.
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In der "Österreichischen Zeitung" erscheint ein Leitartikel mit dem Titel "Österreicher, das müsst ihr wissen." In dem Beitrag findet sich einerseits die Darstellung der Nazi-Verbrechen am Beispiel von Kiew, wo 195.000 Menschen umgebracht wurden, und andererseits ein Hinweis auf die Beteiligung Österreichs am Krieg auf der Seite Hitlerdeutschlands. Das "Neue Österreich" macht mit dem Titel "Vorbereitung der Strafverfahren gegen Kriegsverbrecher" auf. Auf Beschluss des Kabinettsrates sollen alle Personen listenmäßig erfasst werden, "die im Zuge der Kriegsführung Unmenschlichkeiten begangen haben und Grundsätze des Kriegsrechts, des Völkerrechts und der Menschlichkeit verletzten, die Menschen in Konzentrationslagern und Gefängnissen gequält und misshandelt und durch diese Misshandlung deren Tod oder schweres Siechtum herbeigeführt haben." In dem Zusammenhang wird die Bevölkerung aufgerufen, "stichhaltige Mitteilungen" mit Name und Adresse dem Staatsamt für Inneres zugehen zu lassen. Ferner wird gemeldet: "Das leidenschaftliche Interesse der Bevölkerung an den zu erwartenden Strafverfahren gegen die Naziverbrecher kommt Tag für Tag in ganzen Stößen von Briefen an unser Blatt, an die Behörden und an die Justizverwaltung zum Ausdruck." In einem Appell ruft die Stadtverwaltung die Bevölkerung auf, bei Beleuchtung und beim Kochen Strom zu sparen. Gleichzeitig werden strenge Verbrauchskontrollen angekündigt. Für das Schuljahr 1945/46 werden Schülerstreckenkarten ausgegeben. Und: "Es gibt wieder Bier - Arbeitsaufnahme in den Wiener Brauereien". Einschränkend heißt es dazu im "Neuen Österreich": "Hauptsächlich fehlt es an Malz und Zucker, auch die Versorgung mit Kohle lässt zu wünschen übrig... Es wird also nicht sehr viel Bier geben, aber auf ein 'Krügerl' ab und zu wird es langen." In Salzburg ernennt das amerikanische Kommando Dr. Adolf Schemel zum Landeshauptmann.
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22. Juni 1945
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Nach Aussage des Oberbefehlshabers der britischen Truppen in Deutschland, Feldmarschall Bernard Law Montgomery, werden pro Tag rund 13 000 deutsche Soldaten aus britischer Kriegsgefangenschaft entlassen.
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US-amerikanischen Truppen schließen die Eroberung der japanischen Insel Okinawa ab.
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Im Ruhrgebiet haben rund 140 Bergwerke ihren Betrieb wieder aufgenommen. Die tägliche Förderleistung liegt derzeit bei etwa 40 000 t Kohle.
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In Bremerhaven trifft das erste Frachtschiff aus den Vereinigte Staaten von Amerika (USA) mit Lebensmitteln für Deutschland an Bord ein.
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In Anbetracht der bevorstehenden Besetzung Jenas durch sowjetische Truppen verfügt die US-Besatzungsmacht den Abtransport von 80 Spezialisten der dort ansässigen Zeiss-Werke in die US-amerikanische Besatzungszone.
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Die Kundmachung Nummer 1 mit den grundsätzlichen Bestimmungen über die Registrierung der Nationalsozialisten wird in Wien angeschlagen. Eine zweite Kundmachung soll folgen, in der Zeit und Ort der Meldung bekanntgegeben werden. Die Wiener Stadtverwaltung appelliert an alle Fuhrwerksbesitzer, sie bei der Überwindung der Transportkrise zu unterstützen. Demnach sollen "alle verfügbaren Transportmittel, also motorisierte oder mit Pferden bespannte Wagen, der Stadtverwaltung gegen Entgelt, auch halbtägig, zur Verfügung gestellt werden". Erstmals seit Kriegsbeginn gibt es mit Hilfe der wieder aktiven Zentralanstalt für Meteorologie einen Wetterbericht im Radio. Im Krieg galt der Wetterbericht als Militärgeheimnis. Das "Neue Österreich" meldet: "Austria-Tabakwerke bereiten Einheitszigarette vor". Nach einem Bericht des Blattes reichen die Kapazitäten der weitgehend intakt gebliebenen Tabakfabrik in Ottakring aus, um den Raum Wien mit Rauchwaren zu versorgen.
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23. Juni 1945
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In der Nähe von Berlin wird der ehemalige Oberbefehlshaber der deutschen Kriegsmarine, Großadmiral Erich Raeder, gefangengenommen.
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Der jugoslawische Ministerpräsident, Marschall Josip Tito, erhebt Ansprüche auf die Adriahalbinsel Istrien sowie auf Teile Kärntens.
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Truppen der Vereinigten Staaten haben nach härtesten Kämpfen mit vielen tausenden Toten die japanische Insel Okinawa erobert. Die von den Vereinigte Staaten von Amerika (USA), der Sowjetunion und Großbritannien gebildete "Reparationskommission" tritt zu ihrer ersten Sitzung zusammen. Auf dem Rathausplatz kommt es zu einer Großkundgebung anläßlich der Rückkehr von Alt-Bürgermeister Karl Seitz nach Wien. Seitz war von den Nazis ins KZ Ravensbrück und dann nach Plauen verschleppt worden. Er kam in Wien schwer krank und völlig entkräftet an. - Die Wiener Rettung nimmt ihren Betrieb mit zwei Rettungswagen, die jeweils mit einem Arzt besetzt sind, eingeschränkt wieder auf. - Das Atzgersdorfer Höpflerbad öffnet seine Pforten. Der Reinertrag des Eröffnungstages fließt der "Volkssolidarität" zu. Der Wiener Finanzstadtrat Honay berichtet von aussichtsreichen Verhandlungen über Kohlelieferungen aus den Revieren von Mährisch-Ostrau und Donez. Gleichzeitig zieht er Bilanz über den Instandsetzungsbedarf in Wien. Demnach sind für die Reparatur der Straßenbahnoberleitungen 12.250 Kilogramm Kupferdraht erforderlich. Von 1.400 Straßenbahntriebwagen stehen nur mehr 400 und von 1.800 Beiwagen nur mehr 800 zur Verfügung. Von 183 Wagen der Müllabfuhr im Jahr 1934 gibt es lediglich 11. Die Wasserleitung wurde an 1.378 Stellen zerstört; 530 Schäden sind bisher behoben. Für den Wiederaufbau des vernichteten Wohnraumes sind 1.500 Millionen Reichsmark erforderlich.
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24. Juni 1945
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Königreich der Niederlande
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Willem Schermenhorn löst Pieter Sjoerds Gerbrandy als Ministerpräsident des Königreiches der Niederlande ab. Gerbrandy hatte die meiste Zeit seiner Regierung als dem Exil in London gewirkt und ist erst am 23. Mai in die Niederlande zurückgekehrt.
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In der sowjetischen Hauptstadt Moskau finden aus Anlaß des Sieges über Deutschland eine Truppenparade statt.
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In den Niederlanden löst eine Interimsregierung unter Ministerpräsident Willem Schermerhorn die Londoner Exilregierung von Pieter Sjoerds Gerbrandy ab.
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Die australische 9. Division besetzt die Ölfelder im Norden der Insel Borneo.
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Die Wiener Feuerwehr richtet auf dem Stephansturm eine Feuerwache ein, nachdem das Brandmeldesystem weitgehend zerstört ist. In der "Österreichischen Zeitung" erscheint eine Notiz mit folgendem Wortlaut: "In der Wohnung des geflüchteten Nazifaschisten Hirt in der Wallgasse 9 wurde die Kartei der NSDAP, Ortgruppe Gumpendorf, aufgefunden und sichergestellt." Überraschungen gab es bei den Fußballspielen um den Befreiungspokal vor allem durch Austria und Helfort, die jeweils höher eingeschätzte Gegner geschlagen haben. Die Resultate im einzelnen: Rapid gegen Sportklub 3:2, Austria gegen Wacker 7:3, Vienna gegen Straßenbahn 5:0, Helfort gegen FAC 6:2.
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25. Juni 1945
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Republik Polen
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Ein Moskauer Gericht verurteilt 12 von 16 verhafteten polnischen Führern wegen Untergrundtätigkeit gegen die Rote Armee; Hinrichtung der Führer der jüdisch-sozialistischen Partei.
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Der stellvertretende Vorsitzende der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD), Walter Ulbricht, spricht sich auf einer Funktionärstagung seiner Partei in Berlin gegen eine sofortige Vereinigung der KPD mit den Sozialdemokraten aus.
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In der französischen Besatzungszone wird die Verwaltung der Eisenbahn einer eigenständigen Verwaltungsbehörde mit Sitz in Speyer übertragen.
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Ein Erlaß der US-amerikanischen Militärregierung ordnet in München die Umbenennung aller Straßen und Plätze an, die nach nationalsozialistischen Funktionären benannt sind.
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In Dublin wird Sean Thomas O'Kelly, Mitglied der nationalistisch-konservativen Partei Fianna Fail, als irischer Staatspräsident vereidigt.
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Der Konferenz von San Francisco zur Gründung der Vereinten Nationen, an der Vertreter von 50 Staaten teilnehmen, wird die Weltsicherheitscharta zum Beschluss vorgelegt. Die Versammlung nimmt das Gründungsdokument der UNO per Akklamation an. Die Charta sieht die Errichtung einer neuen Weltsicherheitsorganisation vor, die an die Stelle des früheren Völkerbundes treten und eine friedliche Zukunft der Menschheit garantieren soll. Der Vorstand der SPÖ wählt Karl Seitz nach seiner Rückkehr nach Wien wieder zum Parteivorsitzenden. Der Lesesaal der Nationalbibliothek ist wieder zugänglich. Die Badnerbahn verkehrt wieder zwischen Philadelphiabrücke und Wiener Neudorf.
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26. Juni 1945
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Vereinte Nationen (UN) / Königreich Dänemark / Republik Polen
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Auf ihrer Abschlusssitzung in San Francisco unterzeichnen Vertreter von insgesamt 50 Staaten die Charta der Vereinten Nationen. Dänemark ist Gründungsmitglied der Vereinten Nationen (UNO/United Nations Organization), der Nachfolgeorganisation des 1919 gegründeten Völkerbundes. Insgesamt 50 Nationen unterschreiben die Charta der UN. Die Unterschrift von Polen soll nachgeholt werden.
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In der britischen Hauptstadt London treffen Vertreter der alliierten Siegermächte zusammen, um über die Modalitäten einer Aburteilung der deutschen Kriegsverbrecher zu beraten.
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Der polnische Minister für die wiedergewonnenen Gebiete, Edward Ochab, erklärt in Warschau, dass sich in den deutschen Gebieten östlich von oder und Neiße noch rund 2,5 Millionen Deutsche befänden, deren Aussiedlung energisch betrieben werde.
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Zwischen der UdSSR und der Tschechoslowakei wird die Abtretung der Karpato-Ukraine an die Sowjetunion vereinbart. Dadurch erhalten Ungarn und die UdSSR eine gemeinsame Grenze.
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In Berlin wird der Gründungsaufruf der Christlich Demokratischen Union (CDU) veröffentlicht. Die sowjetische Besatzungsmacht behält sich eine endgültige Registrierung der Partei noch vor.
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Die Konferenz in San Francisco zur Gründung der Vereinten Nationen wird nach neun Wochen mit einer Rede von US-Präsident Truman abgeschlossen. Der Norweger Trygre Lie wird von den 50 teilnehmenden Staaten zum ersten UN-Generalsekretär gewählt. Der Kabinettsrat in Wien beschließt das Gesetz über Kriegsverbrechen. Darin heißt es in Paragraph 1, Absatz 1: "Wer in dem von den Nationalsozialisten angezettelten Krieg gegen Angehörige der Wehrmacht der Kriegsgegner oder die Zivilbevölkerung eines mit dem deutschen Reich in Krieg befindlichen oder von deutschen Truppen besetzten Staates oder Landes vorsätzlich eine Tat begangen oder veranlasst hat, die den natürlichen Anforderungen der Menschlichkeit und den allgemein anerkannten Grundsätzen des Völkerrechts oder des Kriegsrechts widerspricht, wird als Kriegsverbrecher bestraft." Das "Neue Österreich" meldet: "3.454 Nazi in gerichtlicher Untersuchung -Rund 1.400 Fälle dem Volksgericht übergeben". Die Ausgabe der Lebensmittelkarten für Juli beginnt. Der Stadtbahnverkehr wird von Hietzing bis Hütteldorf verlängert. In Bayern werden rund 600 Kinder aus Wien geortet, die von den Nazi kurz vor der Befreiung der Stadt aus Kinder- und Erziehungsanstalten der Gemeinde auf zwei Donaudampfern nach Deutschland verschleppt wurden. Von Mitte April bis Mitte Juni wurden im Gebiet der Stadt Wien laut "Österreichische Zeitung" 444 Bombentrichter zugeschüttet und 12.000 Quadratmeter Straßendecke provisorisch erneuert.
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27. Juni 1945
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Das Amt für Sozialwesen der Berliner Stadtverwaltung richtet einen Suchdienst für vermißte deutsche Soldaten und Zivilpersonen ein.
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Auf dem Schlesischen Bahnhof in Berlin trifft der erste Zug der neuen Expreßverbindung Moskau-Berlin ein.
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Die Lizenz der „Aachener Nachrichten”, die seit dem 24. Januar als erste Zeitung in einer von den Westmächten besetzten deutschen Stadt erschien, wird von der britischen Besatzungsmacht einem deutschen Herausgeber übertragen.
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Das "Neue Österreich" veröffentlicht den zweiten Teil eines Berichtes von Bürgermeister Körner über die Tätigkeit der Gemeindeverwaltung in den ersten zwei Monaten nach der Befreiung. Darin heißt es unter anderem: "Vor besonderen Schwierigkeiten stand die Leichenbestattung. 4.000 Leichen warteten auf den Friedhöfen, 1.000 in Spitälern, Straßen und auf Plätzen der Stadt auf Abtransport und Beerdigung. Es mangelte an Särgen und Fahrzeugen. Mit Hilfe russischer Militärfahrzeuge konnte schließlich Abhilfe geschaffen werden....Die Exhumierung der in den Parkanlagen beerdigten Leichname kann jedoch erst bei Eintritt der kühleren Jahreszeit vorgenommen werden." Zum Kulturbereich sagte Körner: "Mit neuem Schwung wurde der Wiederaufbau des kulturellen Lebens in Angriff genommen. Schon Ende April konnte ein Teil der Wiener Privattheater zu spielen beginnen, und jetzt sind trotz der Zerstörungen, vor allem der Staatstheater, nahezu alle Wiener Bühnen wieder in voller Tätigkeit. Das Gebäude der Volksoper wurde für den Betrieb der Staatsoper zur Verfügung gestellt. Die Konzerttätigkeit wurde Ende April mit einem philharmonischen Konzert eröffnet und hat seither an Umfang erfreulich zugenommen. Von den Wiener Kinos konnten Mitte April 40 Betriebe eröffnet werden. Heute stehen schon 100 Lichtspieltheater den breiten Massen zur Verfügung. Die Städtischen Büchereien wurden wieder in Gang gesetzt und das Buchmaterial gesichtet."
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28. Juni 1945
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Republik Polen
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Umbildung der Regierung zu einem Kabinett der nationalen Einheit durch Aufnahme von Mitgliedern der Exilregierung (Premierminister Osóbka-Morawski, Vizepräsident Mikolajczyk).
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Sowjetunion
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Stalin wird zum Generalissimus ernannt.
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Königreich der Niederlande
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Die Königin kehrt wieder in ihr Land zurück.
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In der polnischen Hauptstadt Warschau wird unter kommunistischer Führung die Polnische Regierung der Nationalen Einheit gebildet.
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Nach Berichten der britischen Nachrichtenagentur Reuter soll sich Adolf Hitler am 29. April in La Palice an der französischen Atlantikküste an Bord eines deutschen U-Bootes begeben haben. Das Boot hätte den Hafen, der sich noch in deutscher Hand befunden habe, mit unbekanntem Ziel verlassen.
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Ein Berliner Gericht verfügt als neue Form der Strafverbüßung die Einführung der Zwangsarbeit.
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In Eichstätt in Bayern findet erstmals seit Kriegsende wieder eine bayerische Bischofskonferenz statt, deren Leitung der Erzbischof von München und Freising, Michael Kardinal von Faulhaber, übernommen hat.
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Auf der philippinischen Hauptinsel Luzon ergeben sich die letzten japanischen Verbände den US-Truppen.
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Der sowjetische Staats- und Parteichef Josef W. Stalin wird auf Anordnung des Obersten Sowjet der UdSSR zum Generalissimus befördert.
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Unter dem Titel "Helft die Ernte sichern!" richtet der Österreichische Gewerkschaftsbund einen Appell an die Werktätigen. Darin heißt es unter anderem: "Um Peter und Paul beginnt die Getreideernte. Von ihrem Ergebnis hängt heuer mehr ab als jemals...Tausende freiwillige Helfer haben sich bei den Arbeitsämtern gemeldet, mehrere Tausende, ja Zehntausende fehlen noch. Sie müssen noch in dieser Woche und spätestens zu Beginn der nächsten bei den Erntearbeiten eingesetzt werden. Es gibt zur Zeit keine wichtigere und dringlichere Aufgabe. Wir appellieren vor allem an die jüngeren und kräftigeren Kollegen und Kolleginnen, sich für den Ernteeinsatz zur Verfügung zu stellen. Die Ernte 1945 muss unter allen Umständen gesichert werden." Das Staatsamt für Finanzen weist auf die Steuerpflicht für "Kleinpflanzertabak" hin. Tabekkleinpflanzer sind Personen, die nicht mehr als 200 Tabakpflanzen ausschließlich für den Eigenbedarf anbauen. Die ersten 25 Pflanzen sind steuerfrei. Für 26 bis 100 Pflanzen sind 4 Reichsmark, für 101 bis 200 Pflanzen 8 Reichsmark Steuer zu bezahlen.
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29. Juni 1945
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Tschechoslowakische Republik / Sowjetunion
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Der frühere Präsident der Tschechoslowakei, Dr. Edvard Beneš, der Anfang Mai aus der Sowjetunion in seine Heimat zurückgekehrt ist und ohne jede Legimitation und ohne Wahlen faktisch wieder das Amt des Staatspräsidenten übernommen hat, unterzeichnet einen Vertrag über die Abtretung der Karpato-Ukraine an die Sowjetunion.
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TSCHECHOSLOWAKEI
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Durch einen in Moskau von dem Ministerpräsidenten Fierlinger unterzeichneten Vertrag wird, auf Grund eines Angebots von Benes, die Karpato-Ukraine an Sowjetrussland abgetreten.
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Vertreter der Militärregierungen der Vereinigten Staaten, Großbritanniens und der Sowjetunion in Deutschland einigen sich über die Modalitäten des Einzugs der Westmächte in die für sie vorgesehenen Sektoren Berlins.
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US-amerikanische und britische Luftstreitkräfte bombardieren japanische Ölförderanlagen auf Borneo.
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Das "Neue Österreich" berichtet in großer Aufmachung, dass es einen "Nachmeldetermin" für die "Meldung der Nazi beim Arbeitsamt" gibt und veröffentlicht eine Reportage über eine Großrazzia gegen Schleichhändler im Resselpark. Bei dieser Aktion, an der neben der Polizei auch Mitglieder eines Freiheitsbataillons mitwirken, werden insgesamt 200 Verhaftungen vorgenommen und große Mengen Speck, Schuhe, Stoffe usw. beschlagnahmt. Anläßlich der Ausdehnung der Gasversorgung vom 11. auf Teile des 3. Bezirks rufen die Stadtwerke zu "Unerläßlichen Vorsichtsmaßnahmen" mit folgendem Wortlaut auf:
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Nur Gaskocher benützen, keine Backrohre und Warmwassergeräte, da Explosions- und Vergiftungsgefahr.
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Vor dem Zünden muss das Gas-Luft-Gemisch aus der Leitung entweichen können. Man lässt es daher zunächst bei geöffneten Fenstern ungezündet ausströmen. Erst bis sich deutlicher Gasgeruch bemerkbar macht, darf das Gerät in Betrieb genommen werden.
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Nach Benützung des Gerätes Hahn und den Wandhahn schließen. Bei Außerachtlassen dieser Vorschriften besteht größte Explosions- und Vergiftungsgefahr...."
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Die Fernstromleitung nach Wien wird neuerlich beschädigt. Der Zusammenbruch des Netzes zieht einen Trafo in Mitleidenschaft. Die Reparatur wird Monate in Anspruch nehmen. Ein Teil der Wiener Wohnungen muss vom Netz abgeschaltet werden.
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30. Juni 1945
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Die US-amerikanischen und britischen Besatzungstruppen beginnen mit ihrem Rückzug aus den von ihnen eroberten Gebieten Mitteldeutschlands.
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Eine Kommission der alliierten Siegermächte berät in Bern über die Rückwanderung von Schweizer Staatsbürgern aus Deutschland in die Schweiz.
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Einheiten der US-amerikanischen Marineinfanterie landen auf der bei Okinawa gelegenen japanischen Insel Ie Shima.
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Ungefähr 450 sogenannte Superfestungen der US-Luftwaffe greifen drei Hafenstädte in Südjapan an. Baron Pouthon, seit 23 Jahren Direktor der Salzburger Festspiele, berichtet von Bemühungen, die Veranstaltung unter Leitung von Bruno Walter wieder auf die Beine zu stellen. Um einerseits den "wilden und unkontrollierbaren Anschlägen an Planken, Plakatwänden, Zäunen und Hausmauern" entgegenzutreten und andererseits den "Tausch-, An- und Verkaufsbedürfnissen" der Bevölkerung entgegenzukommen, wird ab nun einmal wöchentlich der "Wiener Anzeiger" herausgegeben. Die Gewista wird beauftragt, diesen Anzeiger künftig auf Anschlagtafeln, Litfasssäulen und Plakatflächen der Stadtbahnstationen zu affichieren. Der Komponist Franz Salmhofer wird zum Direktor der Wiener Staatsoper ernannt. Im Lotto werden folgende Nummern gezogen: 47 76 81 66 60.
  
 
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* [https://europa.eu/european-union/about-eu/history/1946-1959/1946_de Die Europäische Union]
 
* [https://europa.eu/european-union/about-eu/history/1946-1959/1946_de Die Europäische Union]
 
* [https://en.wikipedia.org/wiki/End_of_the_British_Mandate_for_Palestine Ende des britischen Mandats in Palästina]
 
* [https://en.wikipedia.org/wiki/End_of_the_British_Mandate_for_Palestine Ende des britischen Mandats in Palästina]
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| <center> '''Fußnote''' <br> [[Bild: Hakenkreuz.jpg]] </center> || '''''Hinweis zur Verwendbarkeit der Abbildung der Hakenkreuzfahne''''':<br> Auf dieser Seite findet man ein Symbol, das von nationalsozialistischen oder anderen in der Bundesrepublik Deutschland wegen Verfassungswidrigkeit verbotenen Organisationen verwendet wurde oder diesen ähnelt. Die Verwendung dieser Symbole in der Öffentlichkeit ist in der Bundesrepublik Deutschland verboten (§ 86a StGB). Ebenfalls strafbar ist die Verbreitung von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen (§ 86 StGB). Die Strafbarkeit ist ausgeschlossen, wenn die Verwendung oder Verbreitung der staatsbürgerlichen Aufklärung, der Abwehr verfassungswidriger Bestrebungen, der Kunst oder der Wissenschaft, der Forschung oder der Lehre, der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte oder ähnlichen Zwecken dient (§ 86 Abs. 3 StGB). In anderen Ländern können ähnliche Regelungen bestehen.“
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Für Österreich gilt der § 3 des Verbotsgesetzes. In anderen Ländern können ähnliche Regelungen bestehen. Die Rechtslage in der Schweiz, in Südtirol, Luxemburg, Liechtenstein, den deutschsprachigen Gemeinschaften Belgiens und anderen deutschsprachigen Gebieten kann davon abweichen. <br>
 
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Version vom 4. März 2024, 04:20 Uhr

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Weltchronik der dritten Dekade des Juni 1945


Ereignisse vom 01.-10. des Monats    Ereignisse vom 11.-20. des Monats     Ereignisse vom 21.-Ende des Monats


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Hier geht es zu den Ereignissen der Jahre... 1935 / 1936 / 1937 / 1938 / 1939 / 1940 / 1941 / 1942 / 1943
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01.06.1945
Frankreich.png USA 1912-1959.png Großdeutsches Reich.png
siehe Fußnote
Französische Republik / Vereinigte Staaten von Amerika / Großdeutsches Reich

21. Juni 1945

JAPANS KRIEG MIT Vereinigte Staaten von Amerika (USA) Der japanische Widerstand auf Okinawa bricht nach 82 Tagen heftigster Kämpfe, die von britischen und amerikanischen Trägergruppen unterstützt werden, zusammen, doch einzelne japanische Gruppen halten sich noch. Mit der Einnahme von Okinawa gewinnen die Amerikaner eine Flugbasis in nächster Nähe der japanischen Hauptinseln (500 km bis Kyuschu). Japanische Verluste: 110.000 Tote, 7.400 Gefangene. Amerikanische Verluste: 49.000 Tote, Verwundere und Vermißte, davon 12.281 Gefallene, davon 5.000 Marines. Der japanische Befehlshaber der Insel, Generalleutnant Mitsuru Ushijima begeht zusammen mit seinem Stabschef Isamu Cho, Seppuku (Harakiri). Mit der Einnahme von Okinawa beginnt die kriegsentscheidende vernichtende Luftoffensive gegen Japan.

Der tschechoslowakische Staatspräsident Eduard Beneš verkündet die Enteignung und Aufteilung des sudetendeutschen Grundbesitzes.

In den Landkreis Schwarzenberg im Erzgebirge, der aus Versehen weder von den Vereinigte Staaten von Amerika (USA) noch von der Sowjetunion besetzt worden war, rücken sowjetische Einheiten ein.

Großbritannien übernimmt anstelle der Vereinigte Staaten von Amerika (USA) die Besatzung der Stadt Köln.

In Italien bildet der neue Ministerpräsident Ferruccio Parri eine Regierung, das Amt des Außenministers übernimmt der Christdemokrat Alcide De Gasperi.

In der "Österreichischen Zeitung" erscheint ein Leitartikel mit dem Titel "Österreicher, das müsst ihr wissen." In dem Beitrag findet sich einerseits die Darstellung der Nazi-Verbrechen am Beispiel von Kiew, wo 195.000 Menschen umgebracht wurden, und andererseits ein Hinweis auf die Beteiligung Österreichs am Krieg auf der Seite Hitlerdeutschlands. Das "Neue Österreich" macht mit dem Titel "Vorbereitung der Strafverfahren gegen Kriegsverbrecher" auf. Auf Beschluss des Kabinettsrates sollen alle Personen listenmäßig erfasst werden, "die im Zuge der Kriegsführung Unmenschlichkeiten begangen haben und Grundsätze des Kriegsrechts, des Völkerrechts und der Menschlichkeit verletzten, die Menschen in Konzentrationslagern und Gefängnissen gequält und misshandelt und durch diese Misshandlung deren Tod oder schweres Siechtum herbeigeführt haben." In dem Zusammenhang wird die Bevölkerung aufgerufen, "stichhaltige Mitteilungen" mit Name und Adresse dem Staatsamt für Inneres zugehen zu lassen. Ferner wird gemeldet: "Das leidenschaftliche Interesse der Bevölkerung an den zu erwartenden Strafverfahren gegen die Naziverbrecher kommt Tag für Tag in ganzen Stößen von Briefen an unser Blatt, an die Behörden und an die Justizverwaltung zum Ausdruck." In einem Appell ruft die Stadtverwaltung die Bevölkerung auf, bei Beleuchtung und beim Kochen Strom zu sparen. Gleichzeitig werden strenge Verbrauchskontrollen angekündigt. Für das Schuljahr 1945/46 werden Schülerstreckenkarten ausgegeben. Und: "Es gibt wieder Bier - Arbeitsaufnahme in den Wiener Brauereien". Einschränkend heißt es dazu im "Neuen Österreich": "Hauptsächlich fehlt es an Malz und Zucker, auch die Versorgung mit Kohle lässt zu wünschen übrig... Es wird also nicht sehr viel Bier geben, aber auf ein 'Krügerl' ab und zu wird es langen." In Salzburg ernennt das amerikanische Kommando Dr. Adolf Schemel zum Landeshauptmann.


22. Juni 1945

Nach Aussage des Oberbefehlshabers der britischen Truppen in Deutschland, Feldmarschall Bernard Law Montgomery, werden pro Tag rund 13 000 deutsche Soldaten aus britischer Kriegsgefangenschaft entlassen.

US-amerikanischen Truppen schließen die Eroberung der japanischen Insel Okinawa ab.

Im Ruhrgebiet haben rund 140 Bergwerke ihren Betrieb wieder aufgenommen. Die tägliche Förderleistung liegt derzeit bei etwa 40 000 t Kohle.

In Bremerhaven trifft das erste Frachtschiff aus den Vereinigte Staaten von Amerika (USA) mit Lebensmitteln für Deutschland an Bord ein.

In Anbetracht der bevorstehenden Besetzung Jenas durch sowjetische Truppen verfügt die US-Besatzungsmacht den Abtransport von 80 Spezialisten der dort ansässigen Zeiss-Werke in die US-amerikanische Besatzungszone.

Die Kundmachung Nummer 1 mit den grundsätzlichen Bestimmungen über die Registrierung der Nationalsozialisten wird in Wien angeschlagen. Eine zweite Kundmachung soll folgen, in der Zeit und Ort der Meldung bekanntgegeben werden. Die Wiener Stadtverwaltung appelliert an alle Fuhrwerksbesitzer, sie bei der Überwindung der Transportkrise zu unterstützen. Demnach sollen "alle verfügbaren Transportmittel, also motorisierte oder mit Pferden bespannte Wagen, der Stadtverwaltung gegen Entgelt, auch halbtägig, zur Verfügung gestellt werden". Erstmals seit Kriegsbeginn gibt es mit Hilfe der wieder aktiven Zentralanstalt für Meteorologie einen Wetterbericht im Radio. Im Krieg galt der Wetterbericht als Militärgeheimnis. Das "Neue Österreich" meldet: "Austria-Tabakwerke bereiten Einheitszigarette vor". Nach einem Bericht des Blattes reichen die Kapazitäten der weitgehend intakt gebliebenen Tabakfabrik in Ottakring aus, um den Raum Wien mit Rauchwaren zu versorgen.

23. Juni 1945

In der Nähe von Berlin wird der ehemalige Oberbefehlshaber der deutschen Kriegsmarine, Großadmiral Erich Raeder, gefangengenommen.

Der jugoslawische Ministerpräsident, Marschall Josip Tito, erhebt Ansprüche auf die Adriahalbinsel Istrien sowie auf Teile Kärntens.

Truppen der Vereinigten Staaten haben nach härtesten Kämpfen mit vielen tausenden Toten die japanische Insel Okinawa erobert. Die von den Vereinigte Staaten von Amerika (USA), der Sowjetunion und Großbritannien gebildete "Reparationskommission" tritt zu ihrer ersten Sitzung zusammen. Auf dem Rathausplatz kommt es zu einer Großkundgebung anläßlich der Rückkehr von Alt-Bürgermeister Karl Seitz nach Wien. Seitz war von den Nazis ins KZ Ravensbrück und dann nach Plauen verschleppt worden. Er kam in Wien schwer krank und völlig entkräftet an. - Die Wiener Rettung nimmt ihren Betrieb mit zwei Rettungswagen, die jeweils mit einem Arzt besetzt sind, eingeschränkt wieder auf. - Das Atzgersdorfer Höpflerbad öffnet seine Pforten. Der Reinertrag des Eröffnungstages fließt der "Volkssolidarität" zu. Der Wiener Finanzstadtrat Honay berichtet von aussichtsreichen Verhandlungen über Kohlelieferungen aus den Revieren von Mährisch-Ostrau und Donez. Gleichzeitig zieht er Bilanz über den Instandsetzungsbedarf in Wien. Demnach sind für die Reparatur der Straßenbahnoberleitungen 12.250 Kilogramm Kupferdraht erforderlich. Von 1.400 Straßenbahntriebwagen stehen nur mehr 400 und von 1.800 Beiwagen nur mehr 800 zur Verfügung. Von 183 Wagen der Müllabfuhr im Jahr 1934 gibt es lediglich 11. Die Wasserleitung wurde an 1.378 Stellen zerstört; 530 Schäden sind bisher behoben. Für den Wiederaufbau des vernichteten Wohnraumes sind 1.500 Millionen Reichsmark erforderlich.

24. Juni 1945

Königreich der Niederlande Willem Schermenhorn löst Pieter Sjoerds Gerbrandy als Ministerpräsident des Königreiches der Niederlande ab. Gerbrandy hatte die meiste Zeit seiner Regierung als dem Exil in London gewirkt und ist erst am 23. Mai in die Niederlande zurückgekehrt.


In der sowjetischen Hauptstadt Moskau finden aus Anlaß des Sieges über Deutschland eine Truppenparade statt.

In den Niederlanden löst eine Interimsregierung unter Ministerpräsident Willem Schermerhorn die Londoner Exilregierung von Pieter Sjoerds Gerbrandy ab.

Die australische 9. Division besetzt die Ölfelder im Norden der Insel Borneo.

Die Wiener Feuerwehr richtet auf dem Stephansturm eine Feuerwache ein, nachdem das Brandmeldesystem weitgehend zerstört ist. In der "Österreichischen Zeitung" erscheint eine Notiz mit folgendem Wortlaut: "In der Wohnung des geflüchteten Nazifaschisten Hirt in der Wallgasse 9 wurde die Kartei der NSDAP, Ortgruppe Gumpendorf, aufgefunden und sichergestellt." Überraschungen gab es bei den Fußballspielen um den Befreiungspokal vor allem durch Austria und Helfort, die jeweils höher eingeschätzte Gegner geschlagen haben. Die Resultate im einzelnen: Rapid gegen Sportklub 3:2, Austria gegen Wacker 7:3, Vienna gegen Straßenbahn 5:0, Helfort gegen FAC 6:2.

25. Juni 1945

Republik Polen Ein Moskauer Gericht verurteilt 12 von 16 verhafteten polnischen Führern wegen Untergrundtätigkeit gegen die Rote Armee; Hinrichtung der Führer der jüdisch-sozialistischen Partei.

Der stellvertretende Vorsitzende der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD), Walter Ulbricht, spricht sich auf einer Funktionärstagung seiner Partei in Berlin gegen eine sofortige Vereinigung der KPD mit den Sozialdemokraten aus.

In der französischen Besatzungszone wird die Verwaltung der Eisenbahn einer eigenständigen Verwaltungsbehörde mit Sitz in Speyer übertragen.

Ein Erlaß der US-amerikanischen Militärregierung ordnet in München die Umbenennung aller Straßen und Plätze an, die nach nationalsozialistischen Funktionären benannt sind.

In Dublin wird Sean Thomas O'Kelly, Mitglied der nationalistisch-konservativen Partei Fianna Fail, als irischer Staatspräsident vereidigt.

Der Konferenz von San Francisco zur Gründung der Vereinten Nationen, an der Vertreter von 50 Staaten teilnehmen, wird die Weltsicherheitscharta zum Beschluss vorgelegt. Die Versammlung nimmt das Gründungsdokument der UNO per Akklamation an. Die Charta sieht die Errichtung einer neuen Weltsicherheitsorganisation vor, die an die Stelle des früheren Völkerbundes treten und eine friedliche Zukunft der Menschheit garantieren soll. Der Vorstand der SPÖ wählt Karl Seitz nach seiner Rückkehr nach Wien wieder zum Parteivorsitzenden. Der Lesesaal der Nationalbibliothek ist wieder zugänglich. Die Badnerbahn verkehrt wieder zwischen Philadelphiabrücke und Wiener Neudorf.


26. Juni 1945

Vereinte Nationen (UN) / Königreich Dänemark / Republik Polen Auf ihrer Abschlusssitzung in San Francisco unterzeichnen Vertreter von insgesamt 50 Staaten die Charta der Vereinten Nationen. Dänemark ist Gründungsmitglied der Vereinten Nationen (UNO/United Nations Organization), der Nachfolgeorganisation des 1919 gegründeten Völkerbundes. Insgesamt 50 Nationen unterschreiben die Charta der UN. Die Unterschrift von Polen soll nachgeholt werden.


In der britischen Hauptstadt London treffen Vertreter der alliierten Siegermächte zusammen, um über die Modalitäten einer Aburteilung der deutschen Kriegsverbrecher zu beraten.

Der polnische Minister für die wiedergewonnenen Gebiete, Edward Ochab, erklärt in Warschau, dass sich in den deutschen Gebieten östlich von oder und Neiße noch rund 2,5 Millionen Deutsche befänden, deren Aussiedlung energisch betrieben werde.

Zwischen der UdSSR und der Tschechoslowakei wird die Abtretung der Karpato-Ukraine an die Sowjetunion vereinbart. Dadurch erhalten Ungarn und die UdSSR eine gemeinsame Grenze.

In Berlin wird der Gründungsaufruf der Christlich Demokratischen Union (CDU) veröffentlicht. Die sowjetische Besatzungsmacht behält sich eine endgültige Registrierung der Partei noch vor.

Die Konferenz in San Francisco zur Gründung der Vereinten Nationen wird nach neun Wochen mit einer Rede von US-Präsident Truman abgeschlossen. Der Norweger Trygre Lie wird von den 50 teilnehmenden Staaten zum ersten UN-Generalsekretär gewählt. Der Kabinettsrat in Wien beschließt das Gesetz über Kriegsverbrechen. Darin heißt es in Paragraph 1, Absatz 1: "Wer in dem von den Nationalsozialisten angezettelten Krieg gegen Angehörige der Wehrmacht der Kriegsgegner oder die Zivilbevölkerung eines mit dem deutschen Reich in Krieg befindlichen oder von deutschen Truppen besetzten Staates oder Landes vorsätzlich eine Tat begangen oder veranlasst hat, die den natürlichen Anforderungen der Menschlichkeit und den allgemein anerkannten Grundsätzen des Völkerrechts oder des Kriegsrechts widerspricht, wird als Kriegsverbrecher bestraft." Das "Neue Österreich" meldet: "3.454 Nazi in gerichtlicher Untersuchung -Rund 1.400 Fälle dem Volksgericht übergeben". Die Ausgabe der Lebensmittelkarten für Juli beginnt. Der Stadtbahnverkehr wird von Hietzing bis Hütteldorf verlängert. In Bayern werden rund 600 Kinder aus Wien geortet, die von den Nazi kurz vor der Befreiung der Stadt aus Kinder- und Erziehungsanstalten der Gemeinde auf zwei Donaudampfern nach Deutschland verschleppt wurden. Von Mitte April bis Mitte Juni wurden im Gebiet der Stadt Wien laut "Österreichische Zeitung" 444 Bombentrichter zugeschüttet und 12.000 Quadratmeter Straßendecke provisorisch erneuert.

27. Juni 1945

Das Amt für Sozialwesen der Berliner Stadtverwaltung richtet einen Suchdienst für vermißte deutsche Soldaten und Zivilpersonen ein.

Auf dem Schlesischen Bahnhof in Berlin trifft der erste Zug der neuen Expreßverbindung Moskau-Berlin ein.

Die Lizenz der „Aachener Nachrichten”, die seit dem 24. Januar als erste Zeitung in einer von den Westmächten besetzten deutschen Stadt erschien, wird von der britischen Besatzungsmacht einem deutschen Herausgeber übertragen.

Das "Neue Österreich" veröffentlicht den zweiten Teil eines Berichtes von Bürgermeister Körner über die Tätigkeit der Gemeindeverwaltung in den ersten zwei Monaten nach der Befreiung. Darin heißt es unter anderem: "Vor besonderen Schwierigkeiten stand die Leichenbestattung. 4.000 Leichen warteten auf den Friedhöfen, 1.000 in Spitälern, Straßen und auf Plätzen der Stadt auf Abtransport und Beerdigung. Es mangelte an Särgen und Fahrzeugen. Mit Hilfe russischer Militärfahrzeuge konnte schließlich Abhilfe geschaffen werden....Die Exhumierung der in den Parkanlagen beerdigten Leichname kann jedoch erst bei Eintritt der kühleren Jahreszeit vorgenommen werden." Zum Kulturbereich sagte Körner: "Mit neuem Schwung wurde der Wiederaufbau des kulturellen Lebens in Angriff genommen. Schon Ende April konnte ein Teil der Wiener Privattheater zu spielen beginnen, und jetzt sind trotz der Zerstörungen, vor allem der Staatstheater, nahezu alle Wiener Bühnen wieder in voller Tätigkeit. Das Gebäude der Volksoper wurde für den Betrieb der Staatsoper zur Verfügung gestellt. Die Konzerttätigkeit wurde Ende April mit einem philharmonischen Konzert eröffnet und hat seither an Umfang erfreulich zugenommen. Von den Wiener Kinos konnten Mitte April 40 Betriebe eröffnet werden. Heute stehen schon 100 Lichtspieltheater den breiten Massen zur Verfügung. Die Städtischen Büchereien wurden wieder in Gang gesetzt und das Buchmaterial gesichtet."

28. Juni 1945

Republik Polen Umbildung der Regierung zu einem Kabinett der nationalen Einheit durch Aufnahme von Mitgliedern der Exilregierung (Premierminister Osóbka-Morawski, Vizepräsident Mikolajczyk).

Sowjetunion Stalin wird zum Generalissimus ernannt.

Königreich der Niederlande Die Königin kehrt wieder in ihr Land zurück.

In der polnischen Hauptstadt Warschau wird unter kommunistischer Führung die Polnische Regierung der Nationalen Einheit gebildet.

Nach Berichten der britischen Nachrichtenagentur Reuter soll sich Adolf Hitler am 29. April in La Palice an der französischen Atlantikküste an Bord eines deutschen U-Bootes begeben haben. Das Boot hätte den Hafen, der sich noch in deutscher Hand befunden habe, mit unbekanntem Ziel verlassen.

Ein Berliner Gericht verfügt als neue Form der Strafverbüßung die Einführung der Zwangsarbeit.

In Eichstätt in Bayern findet erstmals seit Kriegsende wieder eine bayerische Bischofskonferenz statt, deren Leitung der Erzbischof von München und Freising, Michael Kardinal von Faulhaber, übernommen hat.

Auf der philippinischen Hauptinsel Luzon ergeben sich die letzten japanischen Verbände den US-Truppen.

Der sowjetische Staats- und Parteichef Josef W. Stalin wird auf Anordnung des Obersten Sowjet der UdSSR zum Generalissimus befördert.

Unter dem Titel "Helft die Ernte sichern!" richtet der Österreichische Gewerkschaftsbund einen Appell an die Werktätigen. Darin heißt es unter anderem: "Um Peter und Paul beginnt die Getreideernte. Von ihrem Ergebnis hängt heuer mehr ab als jemals...Tausende freiwillige Helfer haben sich bei den Arbeitsämtern gemeldet, mehrere Tausende, ja Zehntausende fehlen noch. Sie müssen noch in dieser Woche und spätestens zu Beginn der nächsten bei den Erntearbeiten eingesetzt werden. Es gibt zur Zeit keine wichtigere und dringlichere Aufgabe. Wir appellieren vor allem an die jüngeren und kräftigeren Kollegen und Kolleginnen, sich für den Ernteeinsatz zur Verfügung zu stellen. Die Ernte 1945 muss unter allen Umständen gesichert werden." Das Staatsamt für Finanzen weist auf die Steuerpflicht für "Kleinpflanzertabak" hin. Tabekkleinpflanzer sind Personen, die nicht mehr als 200 Tabakpflanzen ausschließlich für den Eigenbedarf anbauen. Die ersten 25 Pflanzen sind steuerfrei. Für 26 bis 100 Pflanzen sind 4 Reichsmark, für 101 bis 200 Pflanzen 8 Reichsmark Steuer zu bezahlen.

29. Juni 1945

Tschechoslowakische Republik / Sowjetunion Der frühere Präsident der Tschechoslowakei, Dr. Edvard Beneš, der Anfang Mai aus der Sowjetunion in seine Heimat zurückgekehrt ist und ohne jede Legimitation und ohne Wahlen faktisch wieder das Amt des Staatspräsidenten übernommen hat, unterzeichnet einen Vertrag über die Abtretung der Karpato-Ukraine an die Sowjetunion.


TSCHECHOSLOWAKEI Durch einen in Moskau von dem Ministerpräsidenten Fierlinger unterzeichneten Vertrag wird, auf Grund eines Angebots von Benes, die Karpato-Ukraine an Sowjetrussland abgetreten.

Vertreter der Militärregierungen der Vereinigten Staaten, Großbritanniens und der Sowjetunion in Deutschland einigen sich über die Modalitäten des Einzugs der Westmächte in die für sie vorgesehenen Sektoren Berlins.

US-amerikanische und britische Luftstreitkräfte bombardieren japanische Ölförderanlagen auf Borneo.

Das "Neue Österreich" berichtet in großer Aufmachung, dass es einen "Nachmeldetermin" für die "Meldung der Nazi beim Arbeitsamt" gibt und veröffentlicht eine Reportage über eine Großrazzia gegen Schleichhändler im Resselpark. Bei dieser Aktion, an der neben der Polizei auch Mitglieder eines Freiheitsbataillons mitwirken, werden insgesamt 200 Verhaftungen vorgenommen und große Mengen Speck, Schuhe, Stoffe usw. beschlagnahmt. Anläßlich der Ausdehnung der Gasversorgung vom 11. auf Teile des 3. Bezirks rufen die Stadtwerke zu "Unerläßlichen Vorsichtsmaßnahmen" mit folgendem Wortlaut auf: Nur Gaskocher benützen, keine Backrohre und Warmwassergeräte, da Explosions- und Vergiftungsgefahr. Vor dem Zünden muss das Gas-Luft-Gemisch aus der Leitung entweichen können. Man lässt es daher zunächst bei geöffneten Fenstern ungezündet ausströmen. Erst bis sich deutlicher Gasgeruch bemerkbar macht, darf das Gerät in Betrieb genommen werden. Nach Benützung des Gerätes Hahn und den Wandhahn schließen. Bei Außerachtlassen dieser Vorschriften besteht größte Explosions- und Vergiftungsgefahr...." Die Fernstromleitung nach Wien wird neuerlich beschädigt. Der Zusammenbruch des Netzes zieht einen Trafo in Mitleidenschaft. Die Reparatur wird Monate in Anspruch nehmen. Ein Teil der Wiener Wohnungen muss vom Netz abgeschaltet werden.

30. Juni 1945

Die US-amerikanischen und britischen Besatzungstruppen beginnen mit ihrem Rückzug aus den von ihnen eroberten Gebieten Mitteldeutschlands.

Eine Kommission der alliierten Siegermächte berät in Bern über die Rückwanderung von Schweizer Staatsbürgern aus Deutschland in die Schweiz.

Einheiten der US-amerikanischen Marineinfanterie landen auf der bei Okinawa gelegenen japanischen Insel Ie Shima.

Ungefähr 450 sogenannte Superfestungen der US-Luftwaffe greifen drei Hafenstädte in Südjapan an. Baron Pouthon, seit 23 Jahren Direktor der Salzburger Festspiele, berichtet von Bemühungen, die Veranstaltung unter Leitung von Bruno Walter wieder auf die Beine zu stellen. Um einerseits den "wilden und unkontrollierbaren Anschlägen an Planken, Plakatwänden, Zäunen und Hausmauern" entgegenzutreten und andererseits den "Tausch-, An- und Verkaufsbedürfnissen" der Bevölkerung entgegenzukommen, wird ab nun einmal wöchentlich der "Wiener Anzeiger" herausgegeben. Die Gewista wird beauftragt, diesen Anzeiger künftig auf Anschlagtafeln, Litfasssäulen und Plakatflächen der Stadtbahnstationen zu affichieren. Der Komponist Franz Salmhofer wird zum Direktor der Wiener Staatsoper ernannt. Im Lotto werden folgende Nummern gezogen: 47 76 81 66 60.

02.06.1945
USA 1912-1959.png Großbritannien.png
Vereinigte Staaten von Amerika / Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland

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Chronik 1945.06
Hier geht es zur ersten Dekade des Juni 1945
Chronik 1945.06-II
Hier geht es zur zweiten Dekade des Juni 1945
Hier geht es zu den Ereignissen der Monate des Jahres 1945 Januar / Februar / März / April / Mai / Juni / Juli / August / September / Oktober / November / Dezember
Hier geht es zu den Ereignissen der Monate des Jahres 1946 Januar / Februar / März / April / Mai / Juni / Juli / August / September / Oktober / November / Dezember
Hier geht es zu den Ereignissen der Jahre... 1947 / 1948 / 1949 / 1950 / 1951 / 1952 / 1953 / 1954 / 1955
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Für Österreich gilt der § 3 des Verbotsgesetzes. In anderen Ländern können ähnliche Regelungen bestehen. Die Rechtslage in der Schweiz, in Südtirol, Luxemburg, Liechtenstein, den deutschsprachigen Gemeinschaften Belgiens und anderen deutschsprachigen Gebieten kann davon abweichen.