Formel 1 - 1902
DIE FORMEL 1 IM JAHRE 1902
Zum ersten Mal belegt ein Brüderpaar in der inoffiziellen Gesamtwertung den 1. und den 3. Platz
Für die inoffizielle Weltmeisterschaft der Autorennfahrer werden lediglich die Rennen mit internationaler Beteiligung aufgeführt, die später als "Grand Prix" oder "Grande Épreuve" bezeichnet werden. Im Motorsportjahr 1902 steht der Automobilsport allgemein unter großem Druck. Unfälle bei vorangegangenen Rennveranstaltungen haben dazu geführt, dass in einigen Ländern Rennverbote für Veranstaltungen auf öffentlichen Straßen erlassen wurden, darunter auch in Frankreich. Erst nachdem der Automobile Club de France (A.C.F.) mit dem Erlass eines ersten Motorsportreglements sein Bemühen bekundet hatte, die Rennen wieder in geregelte Bahnen zu bekommen – und nicht zuletzt auch auf Druck der französischen Automobil- und Treibstoffindustrie – wird das alljährliche "große" Rennen, für das in diesem Jahr die Strecke Paris–Wien ausgewählt wurde, doch noch genehmigt.
Vor allem um die immer weiter ausufernden Geschwindigkeiten wieder zu reduzieren erlässt der A.C.F. zum ersten Mal eine allgemeine Rennformel, in der das Gewicht der Wagen auf maximal 1000 kg (plus 7 kg Extragewicht für Magnetzündung) limitiert wird. Auf diese Weise hofft man, das weitere Anwachsen der Motorengrößen zu verhindern. Bei den nach wie vor von Stadt zu Stadt über öffentliche Straßen ausgetragenen Rennen bleiben jedoch Teilnehmer wie auch die ansässige Bevölkerung weiterhin sehr gefährdet.
Ein erster Schritt weg von dieser Form der Rennen stellt das erste große Rundstreckenrennen dar, das in diesem Jahr auf dem Circuit des Ardennes bei Bastogne in Belgien zum ersten Mal ausgetragen wurde. Allerdings ist hier die Rundenlänge mit 85 km noch verhältnismäßig lang.
| Bisherige inoffizielle Weltmeisterschaften | Aktuelle Geschwindigkeitsrekorde für Landfahrzeuge |
|---|---|
| Geschichte der Formel 1 : 1894 / 1895 / 1896 / 1897 / 1898 / 1899 / 1900 / 1901 |
seit 29.04.1899 105,88 km/h |
(bis 1949 inoffiziell) | |||
| Datum | Länge km | Bezeichnung und Ort | Sieger |
|---|---|---|---|
(Paris-Arras-Paris) |
|||
(VII. Grand Prix de l'A.C.F.) (Gordon Bennett Trail) |
|||
(Bastogne) |
|||
| 15./16.05.1902 |
AUTORENNEN PARIS - ARRAS - PARIS, Straßenrennen: 864 km 1 Champigny-Arras 383,17 km Maurice Farman 4h55m05s 2 Arras-Saint Germain 481,18 km Maurice Farman 7h03m46s Folgende Teilnehmer erreichten nicht das Ziel der zweiten Etappe (Auswahl): Folgende Teilnehmer erreichten nicht das Ziel der ersten Etappe (Auswahl): |
| 26.-28.06.1902 |
AUTORENNEN PARIS - WIEN (inkl. GORDON BENNETT RACE), Straßenrennen: 990 km Das größte Rennen des Jahres führt von Paris nach Wien. Da in der Schweiz immer noch Motorsport verboten ist, wird die Etappe in diesem Land neutralisiert, also ohne Zeitnahme durchfahren. Erstmals bei einem großen Rennen kommt die vom A.C.F. erlassene Rennformel mit 1000 kg Maximalgewicht der Fahrzeuge zur Anwendung, was jedoch nicht zu der beabsichtigten Verringerung der Motorleistungen führt. Jedoch erweisen sich gerade die extrem überzüchteten Wagen der „schweren“ Klasse (über 650 kg) den Anforderungen der äußerst anspruchsvollen Streckenführung – vor allem durch die schlechten Straßenverhältnisse auf den Gebirgspassagen – als kaum gewachsen. Als schließlich der weit in Führung liegende Panhard von René de Knyff bei der Überquerung des Arlberg-Passes mit gebrochenem Differential liegen bleibt, wird damit der Weg frei für einen Überraschungserfolg von Marcel Renault auf einem vergleichsweise schwach motorisierten Modell der "leichten" Klasse von lediglich etwa 30 PS. Von 110 gestarteten Teilnehmern erreichen dennoch immerhin 80 das Ziel. ... weitere Ergebnisse ... Auch die dritte Auflage des Wettbewerbs um die Coupe Internationale (Gordon-Bennett-Cup) wird aus Sorge um mangelnde Beteiligung nicht als eigenständiges Rennen ausgetragen, sondern erneut lediglich als Sonderwertung im Rahmen des Rennens Paris-Wien, wobei die Wertung auf dem Teilabschnitt bis Innsbruck erfolgt. Wenigstens gibt es dieses Mal in Form des britischen Teams zumindest wieder einen Herausforderer für die bislang dominierenden Franzosen. Allerdings sind die beiden Wolseleys nicht ausgereift und kommen gar nicht richtig ans Laufen, wie auch Selwyn Edge auf einem jetzt reglementskonformen neuen Napier-Modell das Tempo der französischen Wagen nicht mithalten kann. Aber auch im Team des A.C.F., in dem zum ersten Mal drei verschiedene Firmen vertreten sind, gibt es große Probleme. Die überzüchteten Rennwagen von Mors und der neuen Marke C.G.V. halten schon am ersten Tag der Belastung nicht stand. So liegt René de Knyff als Führender in der Gesamtwertung auch in der Gordon-Bennett-Wertung mit großem Abstand in Führung, bis das zuvor bereits angeschlagene Differential seines Panhard & Levassor bei der Überquerung des Arlbergpasses endgültig den Geist aufgibt. Edge, in der Gesamtwertung am Ende Elfter, muss nur noch irgendwie Innsbruck erreichen, um dem französischen Team den Cup zum ersten Mal zu entreißen. Die Briten erhalten mit diesem Erfolg laut Reglement die Aufgabe, das Gordon-Bennett-Rennen 1903 vorzubereiten. (Edge erhält quasi als "Etappensieger" einen inoffiziellen Extrapunkt, obwohl er in der Gesamtwertung nur auf Platz 15 ist). |
| 31.07.1902 |
AUTORENNEN CIRCUIT DES ARDENNES, Erstes Rundstreckenrennen auf der Straße: 6 x 85,34 km = 512 km Neun weitere Fahrer erreichten das Ziel, der Letzte nach 12h25m26,2s. 16 Fahrer mussten aufgeben, darunter die Belgier Baron Pierre de Crawhez und Jean-Marie de Crawhew jeweils auf Panhard 70 in der zweiten Runde, Camille Jenatzy auf Jenatzy in der ersten Runde, ebenso Baron Pierre de Caters. Fernand Charron scheiterte durch einen Unfall mit seinem C.G.V. gleich nach dem Start. 26 weitere Fahrer hatten zwar gemeldet, waren aber nicht zum Start erschienen. |
| 05.08.1902 |
Der US-amerikanische Millionenerbe William Kissam Vanderbilt setzt einen bedeutenden Meilenstein in der Geschichte der Landgeschwindigkeitsrekorde. Er übertrumpft den am 13.04. dieses Jahres von Léon Serpollet auf einem Dampfwagen erreichten Rekord von 120,80 km/h um mehr als 1,5 km/h, nämlich auf 122,44. Das Fahrzeug ist ein französischer Mors Z Paris-Wien und ein Verbrennungsmotor. Der Mors Z ist ein technisches Kraftpaket: großer Hubraum, hohe Leistung, aber auch schwer und schwierig zu kontrollieren. Vanderbilt war kein Berufsrennfahrer, sondern ein leidenschaftlicher Autofan – und nutzte seine Ressourcen, um die besten Fahrzeuge Europas zu testen. Die Strecke war nicht abgesperrt im heutigen Sinne – Zuschauer standen oft nur wenige Meter entfernt. Mut und Wahnsinn lagen nah beieinander. Das Bild zeigt Vanderbilt vor seiner Rekordfahrt heute. |
| 05.11.1902 |
Der französische Rennfahrer Henri Fournier, der im Vorjahr des inoffiziellen Weltmeistertitel der Formel 1 gewann, wird heute auf einer gerade Strecke bei Ablon-sur-Seine nahe Paris neuer Inhaber des Titels "Schnellster Mensch der Welt", indem er mit seinem Mors Z, einem kraftvollen französischen Rennwagen mit Verbrennungsmotor, eine neue Geschwindigkeitsmarke von 123,28 km/h, die 0,84 km/h schneller ist als der Wert von vor drei Monaten, wo der US-Amerikaner Vandenbilt sich den Titel verdient hatte. Der neue Weltrekordner fährt en Auto mit einem großvolumigen Motor mit über 60 PS, eine Leichtbauweise für maximale Beschleunigung nd aerodynamisch so optimiert, wie es in diesem Jahre bereits möglich ist. |
| 17.11.1902 |
Der bisher noch nicht in Erscheinung getretene Maurice Augières wird auf der französischen Teststrecke bei Dourdan schnellster Mensch der Welt, und zwar mit einem Mors 2 Paris-Wien, einem kraftvollen Verbrennungsrennwagen der französischen Firma Mors. Die neue Marke liegt nun bei 124,13 km/h und ist damit 0,85 km/h schneller als Henri Fournier zwölf Tage zuvor. Mors, der mit verschiedenen Fahrern schon zum dritten Mal in diesem Jahr den Geschwindigkeitsrekord erhöht, setzt einen Meilenstein, der die Ära des Dampfes und der Elektrizität endgültig hinter sich lässt. Augières ist kein Adliger, kein Industrieller, sondern ein technisch versierter Privatfahrer. Sein Fahrstil gilt als präzise und kontrolliert, weniger spektakulär als der von Fourner oder Vanderbilt, aber effektiv. |
| 31.12.1902 |
Ansatz einer gerechten Punktevergabe für die inoffizielle Weltmeisterschaft bei Oteripedia!:
Um über die Jahrzehnte hinweg einen Vergleich der besten Fahrer und der besten Motoren zu realisieren, ist mangels einer offiziellen Wertung eine inoffizielle nötig. Die "ewige Wertung" bei Oteripedia erfolgt so:
- Gewertet werden nur internationale Rennen, bei denen Fahrer aus mindestens drei Nationen in die Wertung kommen.
- Mindestdistanz für Wertung: 100 Kilometer.
- Fahrzeuge wie Tricycles und Quadricycles werden nicht berücksichtigt.
- Punktevergabe:
- Platz 1 bis 10 linear von 10 bis 1 Punkt
- Wenn weniger als 10 Fahrzeuge ins Ziel kommen oder die Reihenfolge nicht bekannt ist, werden die entsprechenden Punkte nicht vergeben.
- Etappensiege bei Langstreckenrennen: +1 Punkt pro Etappensieg
- Schnellste Runde (ab Einführung von Rundrennen): +1 Punkt, ungeachtet der Platzierung
- Pole Position (ab Einführung von Qualifikationsrunden): +1 Punkt
- Bei Fahrerwechseln werden die Punkte gleichmäßig geteilt, unabhängig von der zurückgelegten Distanz. Beispiel: Zwei Fahrer teilen sich Platz 10 → jeder erhält 0,5 Punkte
- Motorwertung
- Es zählt ausschließlich der Motorhersteller, nicht das Chassis oder das Team.
- Von jedem Motorenhersteller kommen die besten drei Platzierungen eines Rennens in die Wertung.
- Weitere Fahrzeuge desselben Motor-Herstellers werden nicht berücksichtigt.
- Nationenwertung
Punkte der Fahrer fließen in die Nationenwertung entsprechend der kommunizierten Staatsangehörigkeit.
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Maurice Farman ist der Weltmeister der fiktiven Weltmeisterschaft 1902
Charles Jarrott ist ebenfalls Weltmeister der fiktiven Weltmeisterschaft 1902
Henri Farman ist steht auf Platz 3 der fiktiven Weltmeisterschaft 1902
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Die erfolgreichsten Autorennfahrer des Jahres 1902 (inoffizielle Wertung)
Inoffizielle Motorwertung aller Compétitions oder Épreuves im Automobilgeschehen des Jahres 1902
Unangefochtene Siegerin der inoffiziellen Motorwertung des Jahres 1902 bleibt die französische Firma Panhard, Überraschungszweite wird die ebenfalls französische Firma Darracq vor Renault. Der Überraschungszweiter des Vorjahres, Mors, muss sich mit dem vierten Platz begnügen. Neu ist der Rennstall C.G.V., dessen Anfangsbuchstaben auf die Namen der Besitzer hinweisen: Charron, Girardot und Voigt. Das zweite Jahr in Folge platziert sich kein Peugeot mehr unter den ersten zehn eines Rennens.
| Pos. | Konstrukteur | Punkte |
|---|---|---|
| 1 | 61 | |
| 2 | 27 | |
| 3 | 22 | |
| 4 | 18 | |
| 5 | 14 | |
| 6 | 9 | |
| 7 | 5 | |
| 5 | ||
| 9 | 1 |
Inoffizielle Nationenwertung aller Compétitions oder Épreuves im Automobilgeschehen des Jahres 1902
Unangefochten in der inoffiziellen Nationenwertung des Jahres 1902 bleibt Frankreich. In diesem Jahr kommen nur Rennfahrer aus drei Nationen bei allen Rennen unter die ersten Zehn eines Rennens.
| Pos. | Konstrukteur | Punkte |
|---|---|---|
| 1 | 123 | |
| 2 | 33 | |
| 3 | 12 |
|- valign="top"
| style="color:blue;background-color:#eeffcc |
|| style="color:blue;background-color:#eeffcc | Königreich Belgien / Vereinigtes Königreich Großbritannien und Irland
Inoffizielle Wertung der Fahrer der bisherigen Compétitions oder Épreuves im Automobilsport seit 1899
Inoffizielle Wertung aller Nationen der Fahrer der bisherigen Compétitions oder Épreuves im Automobilsport seit 1899
Die erdrückende Mehrzahl der Punkte für die Franzosen in der Gesamtwertung zeugt von der "Automobilnation Frankreich".
| Platz | Nation | Beginn im Jahre | Gesamt |
|---|---|---|---|
| 1 | 1899 | 461 | |
| 2 | 1900 | 44 | |
| 3 | 1899 | 24 | |
| 4 | 1899 | 21 | |
| 5 | 1900 | 14 | |
| 6 | 1899 | 12 | |
| 7 | 1899 | 6 |
1899-1902 - Inoffizielle "ewige" Gesamtwertung aller Sieger von Rennen der höchsten Klasse im Automobilsport (die sechs erfolgreichsten Fahrer mit mindestens zwei Siegen)
| Platz | Fahrer | Zeitraum | Gesamt |
|---|---|---|---|
| 1 | 1899-1900 | 2 | |
| 1899-1900 | 2 | ||
| 1901-1902 | 2 |
1899-1902 - Inoffizielle "ewige" Gesamtwertung aller Podien von Rennen der höchsten Klasse im Automobilsport (die sieben erfolgreichsten Fahrer)
| Geschichte der Formel 1: 1903 / 1904 / 1905 / 1906 / 1907 / 1908 / 1909 / 1910 / 1911 / 1912 |
| Weblinks |
