Formel 1 - 1904: Unterschied zwischen den Versionen
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Aktuelle Version vom 25. November 2025, 17:22 Uhr
DIE FORMEL 1 IM JAHRE 1904
Der Motorsport erhält ein Dach - Die AIACR nimmt ihre Arbeit auf
Lancia, Teste und die neue Generation denkender Rennfahrer
Italien, Deutschland und Belgien melden Ansprüche auf die Spitze an
1904 war ein Jahr der Kontraste: Auf der einen Seite jagten die Fahrer mit nie dagewesener Geschwindigkeit über die Straßen Europas und Amerikas – auf der anderen Seite formierte sich erstmals eine internationale Struktur, die dem wilden Wachstum des Motorsports Ordnung geben sollte. Die Gründung der AIACR in Paris war mehr als ein bürokratischer Akt. Sie war ein Signal: Der Motorsport ist erwachsen geworden. Was mit waghalsigen Abenteurern begann, wird nun von Nationen, Clubs und Technikern getragen, die klare Regeln und Standards fordern. Baron Étienne van Zuylen van Nyevelt, ein Mann mit europäischem Stammbaum und Weitblick, wird zum ersten Präsidenten – ein Symbol für den internationalen Geist, der nun Einzug hält. Doch 1904 war auch ein Jahr der Helden. Georges Teste, der vielseitige Franzose, dominiert die inoffizielle Fahrerwertung. Vincenzo Lancia, der junge Ingenieur, gewinnt die Coppa Florio und beweist, dass Italien mehr als nur Zuschauer ist. Und Léon Théry, der „Chronomètre“, triumphiert beim Gordon-Bennett-Rennen in Deutschland – ein Sieg, der nicht nur fahrerisches Können, sondern auch diplomatische Größe zeigt, wie die Telegramme zwischen Kaiser Wilhelm II. und Präsident Loubet belegen. Die Technik schreitet voran: Mit 168,22 km/h wird Paul Baras zum schnellsten Menschen der Welt. Die Motoren von Panhard, Mercedes und Darracq liefern sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen um die Krone der Zuverlässigkeit und Leistung. Und erstmals wird ein Fahrer schneller als 100 Meilen pro Stunde – ein Meilenstein, der die Grenzen des Vorstellbaren verschiebt. 1904 ist damit ein Jahr, das nicht nur durch Geschwindigkeit glänzt, sondern durch Struktur, Diplomatie und den Beginn einer Ära, in der Motorsport mehr ist als ein Rennen – nämlich ein internationales Projekt mit Zukunft. 1904 war ein Jahr der internationalen Nähe – auf den Rennstrecken, in den Telegrammen, in der Begegnung der Nationen. Der internationale Sport, auch der Autorennsport, zeigt in diesem Jahr, wie viel gegenseitiger Respekt und freundschaftlicher Wettstreit möglich sind. Ob dieser Geist dazu beitragen kann, dass die Nationen auch jenseits des Sports Wege zueinander finden – friedlich, neugierig und mit dem Blick auf das Gemeinsame - wird sich zeigen.
| Ereignisse des Jahres 1904 | ||||||
|---|---|---|---|---|---|---|
| Bisherige inoffizielle Weltmeisterschaften | Aktuelle Geschwindigkeitsrekorde für Landfahrzeuge |
|---|---|
| Geschichte der Formel 1 : 1894 / 1895 / 1896 / 1897 / 1898 / 1899 / 1900 / 1901 / 1902 / 1903 |
seit 12.01.1904 147,05 km/h |
| Datum | Länge km | Bezeichnung und Ort | Sieger |
|---|---|---|---|
| 12.01.1904 |
Bei einem Rekordversuch auf einem zugefrorenen See in New Baltimore in den USA erreicht der US-Amerikaner Henry Ford auf einem "Ford 999" mit Verbrennungsmotor eine Geschwindigkeit von 147,05 km/h, was einer Steigerung gegenüber dem letzten Rekord von 10,69 km/h entspricht, der am 5. November des Vorjahres von dem Belgier Arthur Duray aufgestellt wurde. Im Gegensatz zu den normalen Weltrekordversuchen ging dieser von Henry Ford durchgeführte über 1 Meile und nicht über 1 Kilometer. |
| 31.03.1904 |
Bei einem Rekordversuch im französischen Nice (Nizza) erreicht der Franzose Louis Rigolly auf einem "Gobron-Brillié Paris-Madrid" mit Verbrennungsmotor eine Geschwindigkeit von 152,53 km/h, was einer Steigerung gegenüber dem letzten Rekord von 5,48 km/h entspricht, der am 12. Januar von dem US-Amerikaner Henry Ford aufgestellt wurde. Die neue Rekordfahrt ging über einen Kilometer. |
| 20.05.1904 |
In der Argonne findet zum ersten Mal das Autorennen "I Eliminatoires Françaises de la Coupe Internationale statt, welches der Auswahl der französischen Teilnehmer für das diesjährige Gordon-Bennett-Rennen dienen soll, denn nur die besten französischen Fahrer und Fahrzeuge durften an diesem internationalen Rennen teilnehmen. Aus diesem Grund wird dieses Rennen auch wegen fehlender Internationalität nicht für die (inoffizielle) Weltmeisterschaft gewertet. I ELIMINATOIRES FRANÇAISES DE LA COUPE INTERNATIONALE
1 |
| 25.05.1904 |
Bei einem Rekordversuch im belgischen Oostende erreicht der Belgier Pierre de Caters auf einem "DMG Simplex 90" (DMG steht für Daimler-Motoren-Gesellschaft) mit Verbrennungsmotor eine Geschwindigkeit von 156,50 km/h, was einer Steigerung gegenüber dem letzten Rekord von 3,97 km/h entspricht, der am 31. März von dem Franzosen Louis Rigolly aufgestellt wurde. |
| 17.06.1904 |
V GORDON BENNETT TROPHY - TAUNUS, Straßenrennen über 550,4 km Die Times berichtete, dass das Gordon-Bennett-Autorennen von 1904 auf einem Rundkurs in der Nachbarschaft von Homburg veranstaltet wird. Von Saalburg aus geht es nach Norden nach Usingen, wo es einen Checkpoint gibt (ein bewohntes oder bebautes Gebiet, in dem die Autos unter Aufsicht der Rennleitung langsam fahren mussten) und dann durch Gräfenwiesbach nach Weilburg, wo es einen zweiten Kontrollpunkt gab, und dann von Allendorf und Obertiefenbach nach Limburg. Dieser Abschnitt wird als der beste Teil des Rennens für Hochgeschwindigkeitsfahrten bezeichnet, und in der Praxis erreichen einige Autos 150 km/h (93,2 mph). In Limburg gibt es eine weitere Kontrolle, dann geht es durch Kirberg in Richtung Neuhof, wo es eine sehr gefährliche Kurve gibt, und dann nach Idstein, wo es eine weitere Kontrolle gibt. Es geht dann über Glashütten nach Königstein (Kontrolle), dann über Friedrichshof und Oberursel (Kontrolle) nach Homburg (Kontrolle) und schließlich zurück nach Saalburg.
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| 02.07.1904 | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Heute treffen sich in Paris Vertreter von dreizehn führenden Automobilclubs aus Europa und den Vereinigten Staaten, um die Association Internationale des Automobile Clubs Reconnus – kurz AIACR - zu gründen. Diese neue Organisation soll den internationalen Automobilsport koordinieren, vereinheitlichen und in eine neue Ära führen. Der Impuls zur Gründung entstand wenige Tage zuvor beim Gordon-Bennett-Rennen in Bad Homburg. Dort zeigte sich: Der internationale Rennsport braucht eine zentrale Instanz, die über nationale Interessen hinaus denkt. Die bisherigen Gordon-Bennett-Rennen, seit 1900 ausgetragen, sind zwar prestigeträchtig, aber organisatorisch zunehmend schwierig. Die Regel, dass jedes Siegerland das nächste Rennen ausrichtet, stößt an praktische Grenzen – etwa in England, wo Straßenrennen verboten sind. Die AIACR übernimmt nun die Aufgabe, klare Regeln zu schaffen, technische Standards zu setzen und den Motorsport auf eine verlässliche Grundlage zu stellen. Die Hoffnung ist groß, dass die neue Organisation die Stärken des Gordon-Bennett-Cups bewahrt und zugleich dessen Schwächen überwindet. Paris wird zum Sitz der AIACR gewählt – ein symbolischer Ort, denn Frankreich gilt als Wiege des Automobils. Die Gründungsmitglieder setzen ein Zeichen: Der Motorsport soll nicht länger ein nationaler Wettstreit sein, sondern ein internationales Projekt mit Zukunft. Zum Präsidenten der neuen Organisation wird Baron Étienne van Zuylen de Nyevelt gewählt. Er ist nicht nur Mitbegründer des Automobile Club de France (A.C.F.), seine Wahl erfolgt direkt im Anschluss an die Gründung, da er als eine der treibenden Kräfte hinter der internationalen Organisation gilt. Baron Étienne van Zuylen van Nyevelt stammt aus einer niederländisch-belgischen Adelsfamilie, die ursprünglich aus Utrecht in den Niederlanden kommt. Er wurde 1860 in Saint-Étienne-les-Orgues in Frankreich als Sohn eines niederländischen Diplomaten und einer belgischen Gräfin geboren, ist also ein echter Europäer mit Hintergrund:
Ansatz einer gerechten Punktevergabe für die inoffizielle Weltmeisterschaft bei Oteripedia!:
Punkte der Fahrer fließen in die Nationenwertung entsprechend der kommunizierten Staatsangehörigkeit.
Inoffizielle Nationenwertung aller Compétitions oder Épreuves im Automobilgeschehen des Jahres 1904
Wertung der Fahrer der bisherigen Compétitions oder Épreuves im Automobilsport seit 1899 (Top 20) Inoffizielle Nation-Fahrerwertung aller Compétitions oder Épreuves im Automobilgeschehen zwischen 1899 und 1904 1899-1904 - Inoffizielle "ewige" Gesamtwertung aller Sieger von Rennen der höchsten Klasse im Automobilsport (die vier erfolgreichsten Fahrer mit mindestens zwei Siegen)
1899-1904 - Inoffizielle "ewige" Gesamtwertung aller Podien von Rennen der höchsten Klasse im Automobilsport (die drei erfolgreichsten Fahrer)
Unangefochtene Siegerin der inoffiziellen Motorwertung des Jahres 1904 bleibt die französische Firma Panhard, auch wenn der Abstand zu den weiteren Plätzen kleiner geworden ist. Mercedes belegt erstmals den zweiten Platz der Gesamtwertung.
Inoffizielle Wertung der Motoren der bisherigen Compétitions oder Épreuves im Automobilsport seit 1899 |
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