06.05.2000 - Missionsfest in Siegen - Eine unerwartete Herausforderung
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GESCHICHTE TAG FÜR TAG
06.05.2000 – Missionsfest in Siegen
Missionsfest in Siegen – Eine unerwartete Herausforderung
Im Jahr 2000, während eines zweitägigen Missionsfestes eines befreundeten Missionswerkes in Siegen mit rund 850 Gästen, sah sich der damalige 2. Vorsitzende einer unerwarteten Situation gegenüber. Er war mit Missionaren aus Osteuropa angereist, die wie üblich Lieder singen und Zeugnis geben sollten, und freute sich selbst auf ein entspanntes Treffen mit Missionsfreunden.
Am Freitagabend predigte ein langjährig in Deutschland lebender amerikanischer Prediger über kompromisslosen Einsatz. Seine Predigt, die eine Haltung à la Jeremia ("Du glaubst, Dir geht es schlecht? Dann schau mal im Buch Jeremia nach, was Jeremia in solchen Fällen gemacht hat! Er hat, obwohl es ihm sehr schlecht ging, er gejagt wurde und ihn hungerte, nebenbei sein ganzes Volk gerettet.") verkörperte, fand großen Anklang bei dem 2. Vorsitzenden, da sie seiner eigenen Lebensweise entsprach.
Was der Prediger nicht wusste: Bereits vorher hatte ein anderer Leiter des Missionswerkes über Erschöpfung und Motivationsprobleme geklagt. Als dieser während der Predigt aufstand und den Saal verließ, wurde dies noch nicht als Besorgnis erregend wahrgenommen, da ein Kommen und Gehen von Verantwortlichen bei solchen Großveranstaltungen üblich ist.
Am nächsten Tag kontaktierte der Geschäftsführer den 2. Vorsitzenden und informierte ihn über eine schwere Grippeerkrankung über Nacht. Dieser konnte kaum sprechen und war zu schwach, um zur Veranstaltung zu kommen. Auf den Hinweis, dass er doch einen Stellvertreter habe, folgte die erschütternde Nachricht: Der Stellvertreter war in dieser kritischen Phase aus persönlichen Gründen nicht verfügbar. Auch die Missionsreferenten waren entweder erkrankt oder unerreichbar.
Schließlich sagte er: "Du bist der Einzige, der diesen Nachmittag organisieren kann, am Abend wird der Amerikaner wieder predigen, dann bist Du erlöst." Die spontane Reaktion des 2. Vorsitzenden war, dem Erkrankten gute Besserung zu wünschen und sich sofort der Aufgabe zu widmen, den Nachmittag zu planen.
Er versammelte seine Leute, erklärte die unvorhergesehene Lage und dass sie für über zwei Stunden Programm nun allein verantwortlich seien. Sechs seiner Teammitglieder wurden zum "gemischten Chor" erklärt und gingen zum Üben, mit zwei weiteren bereitete er Interviews vor. Eine Mitarbeiterin aus Kalmükien wurde für ein Zeugnis aus ihrer Arbeit ausgewählt. Den Part des ursprünglich vorgesehenen, aber überarbeiteten Bruders übernahm der 2. Vorsitzenden selbst. Seine Ansprache war keineswegs weinerlich, sondern sprach über die Chancen, die jeder Einzelne hat, sei es in Siegen oder in Sibirien, und unterstrich dies mit persönlichen Erlebnissen. Obwohl die Ansprache aufgrund der fehlenden Vorbereitungszeit nur auf fünf oder sechs Stichpunkten basierte und möglicherweise etwas zu lang geriet, wurde der Nachmittag zu einem unbeschreiblichen Erfolg. Es wurde sogar geklatscht – eine Seltenheit bei den dort anwesenden Pietisten. Der amerikanische Prediger, der um diese Tradition wusste, sprang sofort ans Mikrofon und kommentierte den Applaus als gut und ehrlich, und dass Jesus sich darüber freue. Anschließend umarmte er den improvisierten Redner und flüsterte ihm ins Ohr: "Starke Predigt, Bruder."
Wie üblich standen alle Akteure am Ausgang, um die Hunderten Gäste zu verabschieden. Eine sehr alte, gebrechliche Frau zog den 2. Vorsitzenden zu sich herunter und flüsterte: "Bruder, Sie sind immer so gut vorbereitet! Gott segne Sie, ich bete jeden Tag für Sie und Ihre Familie und natürlich für Ihre Arbeit."
Danach war der 2. Vorsitzende allein mit seinem Team in der Halle. Er sagte: "Ich sage nicht danke, denn wir haben heute nur unsere Pflicht getan. Ihr alle wart großartig. Ich bin dankbar und glücklich und es wird sicherlich im Himmel genauso sein. Slava bogu." (Gelobt sei Gott). Und damit war die Sache erledigt. Eigentlich war ja nichts Besonderes passiert...
Der Text darf unter Nennung der www-Seite und des Namens des Autors "Hellmut Hentschel" weiter veröffentlicht werden.
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