Kapitel 8 - Die Gemeinschaften und Sonderarbeiten

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GESCHICHTE DER CHRISTLICHEN GEMEINSCHAFTEN ST. MICHAEL


Autor: Max Diedrich (1958)


(dieser Text ist als ein Geschichtsdokument anzusehen, manche Worte und Ausdrucksweisen sind heute nicht mehr gebräuchlich)





Kapitel 8 - Die Gemeinschaften und Sonderarbeiten
Abteilung Wedding

Da über die Entstehung und weitere Entwicklung der ersten St.-Michaels-Gemeinschaft am Wedding bereits in den verschiedenen Abschnitten die Rede war, folgt hier nur noch der Bericht über die weiteren Jahre. Das verflossene Winterhalbjahr und Frühjahr 1932 brachten uns, wie überall, viele Nöte und Widerstände, aber auch viel gnadenreiche Durchhilfe unseres Herrn. Das 49. Jahresfest, Mitte Januar 1932, wurde durch einen reich gesegneten Festgottesdienst mit Predigt des Präses und durch einen gutbesuchten Teeabend gefeiert. Die Unterabteilungen einschließlich der Jugendkreise haben fleißig gearbeitet. Unsere verschiedenen Missionsarbeiten konnten trotz der Not der Zeit noch durchgehalten werden, wiewohl die Kraft manchmal ermattete und die dazu nötigen Mittel immer spärlicher eingingen. Im Februar feierte unser Blaukreuzverein sein 25jähriges Bestehen mit Festgottesdienst und Predigt von Herrn P. Kunzendorf und einem schönen Fest-Teeabend unter starker Beteiligung des Berliner Blaukreuz-Kreisverbandes. Diese so wichtige Arbeit wird hier mit großem Eifer von einer Anzahl treuer Männer in reichem Segen getan, zum Teil von einstmaligen schweren Trinkern. Unsere Parkmission am Neuen Pauls-Friedhof ist uns trotz des Freiversammlungs-Verbotes wieder erlaubt worden. Es werden dort wieder an den Sonntagabenden große Scharen Volksparkbesucher mit der Frohbotschaft erreicht, die eine ganze Anzahl unserer Männer freudig bezeugt. Diese von unserm Gründer zuerst eingeführte Außenarbeit wird nun bald seit 50 Iahren hier oben im Norden getan und hat manche Frucht gebracht. So sind die Türen trotz allem, gottlob, noch weit offen für das teure Evangelium, und wir glauben, daß es auch durch unsern Dienst mitwirken wird zur Wiedergeburt unserer Volksgenossen und noch viele Verirrte wieder heimfinden werden ins Vaterhaus. (P. M.)

Es war im Januar 1933 ein bedeutsames Ereignis, als sich im großen, festlich geschmückten Saal der Gemeinschaft in der Schönwalder Straße 21 die Mitglieder und Gäste zur Feier des 50jährigen Bestehens versammelten. Zwar war der Begründer der Gemeinschaft, der unvergessene, treue Diener seines Herrn Jesus Christus, der Graf Eduard von Pückler, bereits seit neun Jahren eingegangen zu seines Herrn Freude. Sein Werk aber, nicht unberührt von den Schlägen des ersten Weltkrieges 1914-1918, erwies sich als lebendig in der Kraft Gottes, die Menschen aus dem Todeswesen der Sünde und des Verderbens in die Lebensgemeinschaft mit Jesus, dern auferstandenen Herrn und Heiland, zur neuen Kreatur umwandelt. Der Krieg hatte auch in den Reihen der Mitglieder Lücken gerissen, Verwundung und Tod forderten auch von der Gemeinschaft ihre Opfer. Das Werk selbst hatte unter finanziellen Schwierigkeiten zu leiden, denn die dem Werk vorstehenden Brüder in der Leitung konnten die Gelder nicht beschaffen, die der Graf Pückler bis zu seinem Tode laufend für die Bedürfnisse der Gemeinschaft gespendet hatte. Nach dem Tode des Grafen Pückler am 31. März 1924 waren mehrere Brüder aus dem Kreise des „Eingetragenen Vereins der Christlichen Gemeinschaft St. Michael“ nacheinander in der Leitung wirksam. 1933, beim 50jährigen Bestehen, lag die Leitung in den Händen von Pfarrer Jakubski. In der Wedding~Gemeinschaft diente zu der Zeit als Prediger Br. Manitz bis zu seinem Heimgang 1944. Ihm folgte Br. Schönleben his zum Jahre 1951, der von Prediger Br. Schmidt abgelöst wurde.

Noch schwerere Opfer als der erste Weltkrieg forderte der zweite von der Gemeinschaft. So wurden in den Bombennächten am 22. und 23. November 1943 unsere sämtlichen Gemeinschaftsräume zerstört. Die Wedding~Gemeinschaft fand ein Unterkommen in den Hospiz-Räumen im selben Hause. Unter großen finanziellen Opfern konnten wir den kleinen Saal der Gemeinschaft mit etwa 150 Sitzplätzen wieder herstellen und am 1. April 1955 einweihen. Ein großer Mangel in der Arbeit der Gemeinschaft ist das Fehlen der Jugend, sie ist schwer zu gewinnen. Die gottlose Welt bemüht sich sehr um sie. Die Mitglieder der Gemeinschaft sind überaltert, sie bestehen zum großen Teil aus älteren, treuen Frauen, die irgendwelche Arbeit in der Gemeinschaft nicht mehr leisten können, aber sonst treu in der Fürbitte stehen. Hieraus ergibt sich ein Mangel an tätigen Mitgliedern. (F. K.)

Am Michaelsfest im Jahre 1955 durften wir auch die Geschwister von der Christlichen Nazareth-Gemeinschaft begrüßen, welche sich aufgelöst und uns angeschlossen hat. Dankbar gedenken wir auch der heimgegangenen, treuen Mitglieder wie Kampmann, Gomille, Lichtenstein, Werner, Soyke, Hintze, Herzog, Ernst Karin, Arthur Krüger, Pohlmann und anderer, deren Namen angeschrieben sind in dem Buch des Lebens. Und unsere Mütter in Christo, Schwester Noll, Lichtenstein, Herzog, Karin, Maudrich, Arndt und manche andere.

Unser Dank gilt auch der Schwester Bernsdorf, welche bis 1943 die Frauenabteilung leitete, und der Schwester Hanna Herzog, als Nachfolgerin bis 1957. Die jetzige Leiterin ist Schwester Buchholz.

Danken wollen wir unserer Schwester Wächtler, welche neben ihren Beruf, in großer Treue die Jungmädchenabteilung bis 1943 leitete. Sie war es, als unter dem Nationalsozialismus die christliche Jugendarbeit verboten wurde, die Jugendlichen über 18 Jahre weiter versammelte. Nie wieder darf die weibliche und männliche Jugend bis achtzehn Jahren Objekt und Opfer des Kampfes der politischen Parteien werden.

Um den Wiederaufbau unseres Gemeinschaftshauses bemühte sich erfolgreich, unter den besonderen schwierigen Verhältnissen der Nachkriegszeit, unser Schatzmeister Br. Heinz Krüger und unser Hausverwalter Herr Huuk, und der Herr unser Gott schenkte das Vollbringen nach seinem Wohlgefallen, Ihm sei Lob, Preis und Anbetung gebracht.
Das Lamm hat gesiegt, laßt uns ihm folgen!
O wie lieb ich Herr die Deinen, die dich suchen,
die dich meinen, o wie köstlich sind sie mir!
Du weißt, wie mich's oft erquicket, wenn ich Seelen
hab' erblicket, die sich ganz ergeben dir.


Abteilung Gesundbrunnen
Wieder ist ein alter, kirchlicher Männer- und Jünglingsverein, und zwar von St. Paul, den der Herr als Pflanzstätte benutzt, um sein Werk auszubreiten und seine Gemeinde zu gründen, zu pflegen und für viele zum Segen zu setzen. Pfarrer Steurich daselbst hat uns treu sowohl in der Gemeinschaft am Gesundbrunnen geholfen als auch durch ernste und tiefe, größere Vorträge in St. Michael. Auch unser lieber Pastor D. Michaelis, damals Hilfsprediger an St. Paul, steht noch jetzt bei vielen alten Mitgliedern in gesegnetem Andenken, half er doch außerdem in der Jugendarbeit am. Wedding und auch sonst hin und her in St. Michael.

Als Leiter der Gemeinschaft waren tätig: Prediger Figge, danach Evangelist Oskar Tietz, dann Prediger Voß und Prediger Br. Manitz, der beinahe sein 25jähriges Dienstjubiläum dort gefeiert hätte, nach ihm Prediger Schorr bis zur unglückseligen Trennung. Am Werk der männlichen Jugend standen Br. Ernst Schneider, Br. Wendel, sodann Nieß und Schröder, jetzt Br. Pichler. Der weiblichen Jugend dienten Fräulein Martha Glodkowski, jetzt Oberschwester im Kinderheim St. Michael, und seit vielen Jahren Frau Klöß.

Von 1933 bis 1943 sind die Aufzeichnungen durch Feindeinwirkung verlorengegangen. Von 1944 bis 1953 liegen spärliche Notizen vor. Die Mitgliederzahl schwankte in dieser Zeit zwischen 30 bis 90.

Infolge der Zerstörung des Saales wurden die Andachten in den Räumen der Freikirche, Koloniestraße 3, abgehalten. Im Juni 1947 hat ein Br. Prediger Fischer die Gemeinschaft übernommen. Er hat unter Mitnahme des Harmoniums und 88 Mitglieder daraus eine neue Fischergemeinschaft gegründet. 25 Mitglieder kehrten jedoch zurück, auch das Harmonium wurde zurückgegeben.

Im Februar 1949 hat dann der Bruder Prediger Erich Meyer mit den von Fischer zurückgekehrten Mitgliedern die Gemeinschaft St. Michael in Berlin N 20, Buttmannstraße 2, erneut wieder ins Leben gerufen.

In den Jahren 1950 bis 1953 sind die Räume der Gemeinschaft wieder notdürftig hergerichtet. Durch mangelnde Geschäftsführung in der turbulenten Zeit und Rechtsstreitigkeiten war die Gemeinschaft hierbei in Schulden geraten. Auf Veranlassung des Pfarrers Lic. Dr. W. Herbst wurde die Ordnung wieder hergestellt, und unser Haus wurde wieder ein Bethaus und Hort des Friedens.

Am vergangenen Osterfest hatten wir unsere 70. Jahrfeier unter des Herrn reichsten Segen. Unsere Gemeinschaft hat zur Zeit etwa 50 Mitglieder und einen bedeutenden Freundeskreis. Wir haben eine Frauenabteilung unter der Leitung der Schw. Nieß, eine Jungmännerabteilung und Jungschar unter der Leitung des Br. Kohnert, einen Gemischten Chor, Leiter Bruder Herrmann. Halbjährlich wechseln Bibelwochen und Evangelisationswochen, Vorstandssitzungen haben wir monatlich, Mitgliederversammlungen halten wir alle drei Monate ab. Ebenso gehen wir in der gleichen Zeit zum Tisch des Herrn.

Unser Prediger ist Bruder Wiesinger junior, Vorsitzender Bruder Förster, Kassierer Bruder Zochrau. Ich darf mit dankbarem Herzen bezeugen, daß in der Gemeinschaft und in der Arbeit eine Einrnütigkeit des Glaubens vorherrscht und unser Herr Jesus Christus unser Werk gesegnet hat über Bitten und Verstehen. (R. F.)


Abteilung Südwest
Die Arbeit in der Abteilung Südwest, Gneisenaustraße 4, begann erst vier Jahre nach der Gründung der Gemeinschaft St. Michael am Wedding. Zu Anfang luden einige Damen, Frauen und Jungfrauen zu biblischen Besprechungen ein, die in verschiedenen Wohnungen stattfanden. lm Jahre 1887 wurden die kleinen Räume in der Yorckstraße Nr. 71 gemietet. Dort wurde zunächst eine zielbewußte Arbeit an Frauen und Mädchen angefangen. Fräulein Woike, Fräulein von Knobelsdorf, Fräulein Pohlmann und Fräulein von Plotho waren Wohl die ersten Pioniere in der Arbeit im Südwesten. Die Räume erwiesen sich bald als zu klein. Da führte es der Herr, daß in der Gneisenaustraße 4, im Oktober 1891, für uns geeignete Räume frei wurden. Nun konnten wir die Arbeit intensiver betreiben. Bruder Gilweit wurde 1889 in die Arbeit berufen, und noch heute sind Segensspuren seiner Tätigkeit zu finden. Außer den Versammlungen für Frauen und junge Mädchen kamen dann auch Versammlungen für Männer und junge Männer und eine Sonntagsschule hinzu. Die Arbeit an den Männern war im Südwesten besonders schwierig und mußte mehrmals neu angefangen werden, bis ein Stamm von Männern und Mitarbeitern erobert war. Es wurden auch allgemeine Bibelstunden für jedermann eingerichtet und für den Winter Evangelisationsversammlungen. Monatlich fand auch ein Teeabend statt. Die Arbeiten nehmen einen gesegneten Verlauf.

Außer Herrn Gilweit haben noch die Prediger Voß, Paulsen, Hochwald, Pastor Antonowitz lange Jahre dort gearbeitet. Zur Zeit dient uns Prediger Sommer. So durften wir in der langen Zeit vielen Tausenden die Botschaft vom Heil in Christus bringen, und wir hoffen, bei den Überwindern in der Ewigkeit viele wiederzufinden. (G.)

Klagelieder 3,22-23
Dieses Wort möchte ich an die Spitze meines kurzen Berichtes setzen, weil - „und dies ganz besonders nach dem Heimgang des unvergeßlichen Gründers unserer St.-Michaels-Gemeinschaften, des Grafen Eduard von Pückler“ - es auch in unserer Gemeinschaft „Südwest“ oft augenfällig offenbar wurde, daß es die Barmherzigkeit und Treue Gottes war, die uns hindurch tragen mußte und auch hindurch trug, bis auf den heutigen Tag. Die Treue Gottes ist es, daß nach dem Zusammenbruch, trotz des Verlustes aller äußeren Mittel, ER es nicht aus sein ließ mit uns, sondern uns neu beauftragte und bevollmächtigte, den Dienst mit unsern schwachen Kräften weiter zu tun.

Äußerlich ging die Arbeit unter der jahrzehntelang bewährten Leitung unseres Bruders Gauen auch nach der Machtübernahme ihren ruhigen und stillen Gang, der besonders für die Südwest-Abteilung typisch war.

Die erste große Erschütterung bahnte sich mit Beginn des Jahres 1940 an. Ein kriegswichtiger Großbetrieb begehrte, unter mächtiger Rückendeckung des damaligen Regimes, die Räume für ihre Zwecke. Bruder Gauen, immer für stille und friedliche Arbeit, wollte es auf einen offenen Machtkampf, wie es eine starke Minderheit der Mitglieder wünschte, nicht ankommen lassen und setzte sich für die Aufgabe der Räume ein, in denen über ein halbes Jahrhundert gesegnete Arbeit getan werden durfte. Mitbestimmend für diese Entscheidung dürfte auch gewesen sein, daß die Leitung des CVJM, Wílhelmstraße 34, sich sehr ernst um einen Anschluß der Gemeinschaft Südwest an das CVJM-Werk bemühte, um einer drohenden Schließung durch die Machthaber des Dritten Reiches zu entgehen.

So fand im Frühsommer des Jahres 1940 der Umzug nach der Wilhelmstraße 34 statt, der sich nach wenigen Monaten schon als Fehlschlag erweisen sollte insofern, als mit der Schließung des CVJM auch die Südwest-Abteilung heimatlos wurde.

In dieser Notzeit nahm uns die Brüdergemeinde in der Wilhelmstraße in ihre Räume auf, bis wir, nach mehrfachen schweren Bombenschäden der Räume der Brüdergemeinde, nach dem schweren Bombenschaden vom 3. Februar 1945 ganz obdachlos wurden.

Durch die Kriegswirren hatten sich die Mitglieder immer mehr verloren, so daß ihre Zahl kaum noch 20 betrug, als nach dem Zusammenbruch uns unsere Schwester Hiecke in ihrer Wohnung, Gneisenaustraße 83, aufnahm. Jeden Sonntag kamen die Geschwister unter Leitung von Bruder Gauen unter Gottes Wort zusammen, bis der Herr seinen treuen Knecht im Herbst 1946 zu sich in die Ewigkeit nahm. Da außer Br. Vollbrecht, der durch schwere Krankheit vom Herrn in die Stille genommen war, kein Bruder da war, der die Leitung hätte übernehmen können, trat die jetzt auch schon verewigte Schwester Johanna Bierhals in den Riß und hielt die wenigen Geschwister zusammen. Schwester Hildegard Kothe von der Stadtmission fand in dieser Not noch Zeit, allwöchentlich einmal die Frauen zu einer Bibelstunde zu sammeln. Vom Herbst 1947 an übernahm dann, noch in großer körperlicher Schwäche, Bruder Vollbrecht die Leitung der Gemeinschaft. Den Dienst am Wort versahen zu dieser Zeit in der Hauptsache die Brüder Schmidt, heute in der Gemeinschaft Friedenau, und Bruder Meyer, heute in der Gemeinschaft Schmargendorf.

Am 3. Juli 1950 konnten wir endlich wieder eigene, wenn auch sehr bescheidene Gemeinschaftsräume im Keller des Vorderhauses, Mehringdamm 113, einweihen, fünf gesegnete Jahre folgten. Die Gemeinschaft wuchs nach innen und nach außen. Allmählich wurde uns allen klar, daß die feuchten Kellerräume nur vorübergehend unsere Wirkungsstätte sein konnten. Wieder stiegen zahllose Gebete auf zu dem, der weiß, was die Gottesfürchtigen begehren, ihr Schreien hört und ihnen hilft.

Der 23. Juni 1955 war dann der Tag, an dem wir die schönen Räume in der Hagelberger Straße 54, vorn 1 Treppe, einweihen konnten. Schöne Räume mit ganz neuem Inventar und allem Zubehör sind wieder unser geworden. Das ist vom Herrn geschehen und ein Wunder vor unsern Augen. Das eingangs zitierte Wort ist also wörtlich in Erfüllung gegangen. So hat uns Gott nach 15 Jahren wieder in den gleichen Bezirk zur Arbeit gerufen, aus dem wir weichen mußten.

Ja, Seine Barmherzigkeit hat noch kein Ende, und Seine Treue ist groß! (J. V.)


Abteilung Friedenau-Wilmersdorf
In einem kleinen Zimmer des Zimmermanns Lochow, Durlacher Straße in Wilmersdorf, fanden sich in den achtziger Jahren einige Gleichgesinnte zu gemeinsamer Wortbetrachtung und zum Gebet zusammen. Schon nach kurzer Zeit hatte sich dieser Kreis durch die hingebende Dienstbereitschaft der Getreuen vermehrt, und man stand vor der Notwendigkeit, einen Saal zu mieten. In dieser Not wandte man sich an den Grafen Pückler. Dieser half und übernahm den gesammelten Kreis als Gemeinschaft St. Michael, Abt. Friedenau-Wilmersdorf. Das Gründungsjahr als "Gemeinschaft St. Michael" wird wahrscheinlich 1897 gewesen sein. Die Alten, die uns genaue Kunde geben könnten, sind längst heimgegangen, als letzte der Gründungszeit Schwester Rothbart 1918. Aus der Durlacher Straße wurde die Gemeinschaft nach der Bernhardstraße 4 verlegt. Waren auch die Räumlichkeiten beschränkt und die ganze Aufmachung dürftig, wir waren glücklich im Herrn und in der Gemeinschaft. Unsere Stunden wurden gut besucht, denn wir waren in unserer Ecke recht bekannt geworden. Auch mancher Fremde las vom Bahnsteig Wilmersdorf-Friedenau das große Schild: "Christliche Gemeinschaft St. Michael". Im Laufe der Jahre reichten die Räume nicht mehr aus, und so entschloß sich unser Präses, Graf Pückler, zur Mietung eines neuen Lokals in der Isoldestraße 9. Die Räume, die wir hier Ende 1914 bezogen, waren von so überwältigender Schönheit, daß seinerzeit das geflügelte Wort umging: Friedenau hat den schönsten Saal.

Hier setzte nun, nachdem die Räume durch die Opferwilligkcit der Mitglieder eine funkelnagelneue erhalten hatten, eine große Werbetätigkeit ein. Der Kreis vergrößerte sich durch Gottes Gnade zusehends, und in den Kriegsjahren waren unsere Räume oft überfüllt. Leider war unseres Bleibens auch hier nicht. Der Hauswirt verlangte eine so hohe Miete, daß nicht einmal unser Graf diese bezahlen wollte. So schlug dann im März 1919 die Abschiedsstunde. Trauernd schieden wir aus diesen Räumen und fanden Unterkunft in dem von dem Grafen für das Kinderheim St. Michael erworbenen Hause Kaiserallee 122. Hier hatte unser Präses mit großen Kosten Wohnung und das Kellergeschoß zu Sälen ausbauen lassen, so daß für die Gemeinschaft und unsern Jugendbund je ein Saal zur Verfügung standen. Längst haben wir uns an unser neues Heim gewöhnt und sind gern hier. Das Arbeitsziel hat sich in all den Jahren nicht verändert. Es galt und es gilt, Seelen für Jesus zu retten. Mancher Heimatlose hat bei uns in den verflossenen Jahren seine Heimat gefunden und dankt mit uns dem treuen Gott für seine Errettung. Wir aber arbeiten weiter mit ihm und für ihn.


Abteilung Schmargendorf
Es war im Jahre 1900, als mein Mann und bald danach auch ich gläubig wurden. Man lud uns nach der Gemeinschaft Friedenau ein, und wir traten der Gemeinschaft bei. Wir wohnten in Schmargendorf und versuchten nun, Seelen für den Heiland zu werben, es gelang uns auch. Mit der Zeit waren wir drei Familien, die gemeinsam nach Friedenau in die Versammlungen gingen. Nach zwei Jahren machte unser Prediger, Br. Paulsen, den Vorschlag, doch in Schmargendorf selbst eine Gemeinschaft ins Leben zu rufen. Wir fingen in unserer Wohnung damit an, aber bald kündigte uns unser Wirt, da er nicht wollte, daß man in seinem Hause singe und bete. Er meinte, das gehöre nur in die Kirche. Wir mieteten eine Drei-Zimmer-Wohnung und fingen auch dort die wieder an.

Der CVJM in der Wilhelmstraße 34 schenkte uns ein kleines Harmonium. Als Br. Paulsen nach zehnjähriger Tätigkeit nach Mecklenburg gerufen wurde, hat Br. Hochwald uns mit dem Wort gedient. Nach und nach sammelte sich ein kleiner Kreis. Da kam der Feind und brachte eine Spaltung. Es entstand in Schmargendorf eine zweite Gemeinschaft, die unsere Glieder für sich zu gewinnen suchte. Wir glaubten, beteten und vertrauten dem Herrn, und da geschah es, daß sich die zweite Gemeinschaft wieder auflöste. Nach Br. Abromeits Heimgang diente dann Br. Hochwald bei uns. Auch er wurde bald vom Herrn heimgerufen. Dann kam cine Zeit, in der wir keinen ständigen Leiter hatten. Der Herr uns in dieser Zeit den Herrn D. Spiecker, der noch heute unser Mitglied ist und uns mit dem Wort dient. Mein Mann durfte noch das 25jährige Gemeinschaftsjubiläum feiern, ehe er vom Herrn heimgerufen wurde. Drei Jahre diente uns dann Br. Schwarck. In der Frauengruppe dient uns Frl. v. Münnich. Seit einigen Jahren haben wir eine blühende Jugendarbeit. Wir durften große Veranstaltungen haben, in denen viele Seelen die frohe Botschaft hörten. Jeden Montag haben wir eine Männerstunde, an der sich die Männer rege beteiligen. Wenn wir zurückschauen, so haben wir alle Ursache, Gott zu danken, zumal dafür, daß unsere Kinder treu mitarbeiten. Wenn auch der Kreis heute noch klein ist, so wissen wir doch, daß die Arbeit nicht vergeblich war und Viele den Heiland fanden. B


Abteilung Schreinerstraße 60
Als der Benjamin unter den Michaels-Gemeinschaften kann unser Kreis nicht auf eine lange, wohl aber auf eine recht bewegte Vergangenheit zurückblicken. Schon die Entstehung fiel in eine Zeit voller Unruhe. Infolge der mancherlei Wirren im Winter 1918/19 war es Geschwistern der Stadtmission Große Frankfurter Straße, die in der Nähe des Ringbahnhofs Frankfurter Allee wohnten, nicht möglich, regelmäßig an den Versammlungen teilzunehmen, so daß als Zweig der Stadtmission in der Realschule Rigaer Straße Versammlungen abgehalten wurden.

Schon nach kurzer Zeit entschlossen sieh die leitenden Brüder, sich der Stadtmission zu lösen und im April 1920 eine selbständige Gemeinschaft zu bilden unter dem Namen „Missionsgemeinschaft Berlin-Ost". Der Herr bekannte sich zu seinem Wort und tat viele Seelen hinzu. Mit besonderem Eifer widmeten sich einige Brüder der Jugend- und Kinderarbeit, galt es doch, auch der Jugend die frohe Botschaft zu bringen und in ihrem Herren das Verlangen nach Ewigem zu wecken und zu fördern. Da die meisten Geschwister noch in der ersten Liebe zum Herrn standen, herrschten große Freudigkeit zur Mitarbeit und Eifer in der Liebe. Vor fast jeder Versammlung fand Hofmission statt. Welche Freude, wenn heilsverlangende Seelen sich aufmachten und sofort mit unters Wort gingen! Ja, es war gesegnete Zeit! Wie ganz anders würde es in unsern Kreisen aussehen, wenn das Feuer der ersten Liebe neu auflebte.

Ein viermaliger Wechsel des Versammlungsraumes, dazu die mancherlei Leuterungsfeuer, die der Herr über uns zuließ, konnten wohl unsern Mitgliederbestand verringern, uns aber das Ziel nicht verrücken, und weil wir unser Vertrauen allein auf ihn setzten, durften wir es erfahren: „Keiner wird zuschanden, welcher Gottes harrt. Wie dankbar und froh blicken wir doch gerade auf die letzten Jahre unserer Gemeinschaftsarbeit zurück!

In der Erkenntnis, daß auf dem Zusammenschluß der Kinder Gottes ein großer innerer und äußerer Gewinn liegt, war es der Wunsch einzelner Geschwister, einem Gemeinschaftsverband anzugehören, und wir waren froh, als nach kurzen Verhandlungen im Februar 1930, nach fast zehnjährigem Bestehen, unsere liebe „Missionsgemeinschaft Berlin-Ost" im großen St.-Michaels-Verband eine Heimat fand. Nun dürfen wir als „Christliche Gemeinschaft St. Michael, Abteilung Schreinerstraße 60" hier im Osten die frohe Botschaft verkündigen im Aufblick zu unserm Herrn und Heiland. Der Herr unser Gott wolle auch weiterhin mit uns sein und unser ganzes Michaelswerk fördern! Kl.


Aus der Geschichte der Gemeinschaft Niederscbönhausen
Niederschönhausen im Norden Berlins mit seinen 30.000 Einwohnern im Jahre 1924 besaß noch keine Landeskirchliche Gemeinschaft, Br. Pred. Manitz, der seinerzeit den Dienst eines Gemeinschaftspflegers am Wedding und in Pankow versah und selbst in N. wohnte, wußte um die Adressen einiger Gotteskinder am Ort, rief die Gläubigen zusammen, und so entstand zunächst ein kleiner Gemeinschaftskreis. Die ersten Versammlungen waren in einem Sportheim. Zu den Gründern gehörten u. a. die Brüder Held, Hennig, Kell und Nies. Später siedelte man über in den Marthasaal, einem Hause der Frauenhilfe. Hier kommt die Gemeinschaft noch heute zusammen, obwohl der Saal im Kriege den Ausgebombten als Unterstellraum für Möbel diente. Gemeindesaal, Sakristei, Gotteshaus und schließlich der Luftschutzkeller des Pfarrhauses beherbergten reihum während jener Schreckenszeit die Gemeinschaft. Man kam aber unentwegt weiter zusammen und stärkte sich im Glauben.

Br. Manitz lag es in den Gründerjahren am Herzen, daß Jugend- und Kinderkreise sich bildeten. Nach den ersten zehn Jahren Gemeinschaftsarbeit hatte man bereits mehr als 300 junge Menschen erreicht. Während der Kriegszeit - Br. Schönleben als Prediger war eingezogen - wurde der Dienst an Jung und Alt im wesentlichen von Laienkräften getan.

Das Verhältnis zur Kirchengemeinde war stets ein freundschaftliches.

Der evangelistischen Aufgabe wurde entsprochen durch eine große Blättermission, der sich die 1950 heimgegangenen Brüder Krüger und Probst besonders widmeten. Dabei wurden die Ortsbezirke aufgeteilt, da die Innere Mission erfreulicherweise auch Blättermission trieb. Evangelisiert wurde weiter durch Hofsingen, einzelne Sondervorträge oder Vortragswocben, durch Veranstaltungen in größeren Sälen bzw. im Gotteshaus sowie auf Teeabenden oder sogenannten Gemeinschafts-Nachmittagen im Marthahaus.

Der Gemeinschaftspflege und Glaubensvertiefung dienten die Bibelstunden und Freizeiten, letzte getrennt für Jung und Alt, sowie die Teilnahme an Glaubenskonferenzen. Dieser Aufgabe nahmen sich vor und nach dem Kriege als Nachfolger von Br. Manitz die Predigerbrüder Schönleben, E. Meyer und W. Fischer an. Bei der Bibelarbeit wurden u. a. ganze Evangelien und Briefe des Neuen Testamentes besprochen.

Der Dienst der letzten zehn Jahre war mehr eine Arbeit in die Tiefe als in die Breite. Wesentlich ist, daß sich Menschen für die Nachfolge Jesu Christi entscheiden und daß die Christen in ihrem Wesen transparent werden für die einzigartige Persönlichkeit des Gottessohnes, daß also das Bild Jesu in ihnen Gestalt gewinnt. Darum wurde und wird im Kreise der Geschwister in gerungen. Hierbei erkennen die Gläubigen, wie uneingeschränkt sie abhängig sind von der rechtfertigenden, heiligenden und vollendenden Gnade Jesu Christi. Sonntags- und Wochenstunden, Jugend- und Kinderkreis, Gemischter- und Lautenchor sowie das Zusammenkommen im Gebetsring, wie sie sich nach dem Kriege neu gebildet haben, sind in dieses heilige Streben einbezogen. Es wird weiter eingeladen, da die Leute sich unter die Wortverkündigung stellen und so den Liebeswillen Gottes kennenlernen, um sich für oder gegen Ihn zu entscheiden. Die Bruderschaft innerhalb der evangelischen Allianz mit den Gläubigen verwandter christlicher Werke wurde und wird bewußt gewollt und gepflegt. Ein engeres Zusammenarbeiten mit der Kirchengemeinde bei Wahrung der Selbständigkeit wird ebenfalls erstrebt.

Dem großen Herrn der Gemeinde sei Dank und Preis für alle Geduld, die er mit seinen Niederschönhausener Michaeliten in den ersten 33 Jahren gehabt hat. Ihm sei gedankt für alles geistliche Leben, daß Er durch den oft so unvollkommenen Dienst der Gemeinschaft geweckt und gefördert hat. H.K.


Abteilung Berlin-Hohenschönhausen
Am 3. April 1908 kamen einige gläubige Brüder in der Wohnung der Schwester Gleffe, Koskestraße II, um das Wort Gottes zusammen. Das war die Geburtsstunde der Gemeinschaft hier am Ort. Der Kreis vergrößerte sich, und so sah man sich genötigt, einen anderen Raum suchen. Diesen fand man am Weißenseer Weg 46. Die Einweihung dieses ersten Gemeinschaftssaales fand statt am 21. März 1909. Dieser Raum genügte bis März 1911. Dann fand sich eine neue Herberge in der Hohenschönhauser Straße 49; da hier die Räume zu klein wurden, mieteten die Geschwister im Herbst 1913 in der Berliner Straße 69 eine größere Wohnung. Zu der Zeit wirkten hier die Brüder Franz, Johannes und Richard Volkmann und Hugo und Hermann Müller und die Brüder Schurig, Just, Gleffe und Wodtke mit ihren Frauen und anderen Geschwistern. Das kleine Senfkorn war gewachsen, und mit jedem notwendigen Raumwechsel hatte der Herr immer bessere Raumverhältnisse gegeben. Dann kam der erste Weltkrieg und nahm einen Bruder nach dem andern weg. Doch hat der Herr in seiner Gnade es so gefügt, daß immer wenigstens ein Bruder hier war und das Werk leiten konnte. Als der letzte eingezogen wurde (1917), bekam ein anderer seine Entlassung vom Kriegsdienst. Es war Br. Wodtke, der als Garnisionsdienstfähiger von der Post reklamiert worden war. So war die Gemeinschaft wieder weiterversorgt. Letzterer hat dann das Werk versehen, bis alle übriggebliebenen wieder zurückkehrten. Inzwischen war die Gemeinschaft nach der Wriezener Straße 1 übergesiedelt.

Unter Bruder Wodtkes Leitung, der nach Kriegsschluß neben seinem Postdienst dann weiter die Gemeinschaft versorgte, hatten wir hier unsere Blütezeit. Nicht nur, daß der Herr uns hier am Ort segnete, sondern wir durften unsere Pflöcke weiterstecken und unsere Seile länger machen. Im Verein mit dem Dorfmissionar Weyer und unserer frischen, fröhlichen Jugend, mit Mandolinen, Lauten und Geigen ausgerüstet, gewannen wir die Dörfer unserer Nachbarschaft. In Marzahn, Eiche, Falkenberg, Wartenberg und Lindenberg bildeten sich kleine Kreise von Gläubigen. Die Versammlungen fanden in Lokalen, in den Familien und Schulen statt. Die Mitglieder der Dorfkreise sind Mitglieder der Gemeinschaft Hohenschönhausen. Die Ursache, daß der Herr uns so nach außen hin segnen konnte, lag in dem feinen Verhältnis zwischen Jugend und Gemeinschaft. Das waren herrliche Zeiten. Gern denken wir daran zurück.

Auch hier in der Wriezener Straße hatten wir keine bleibende Statt. Im Dezember 1930 zogen wir aus der Wriezener Straße in unser gegenwärtiges Gemeinschaftshaus Berliner Straße 102.

Als im Jahre 1926 Br. Wodtke nach Bärwalde (Neumark) übergesiedelt war, übernahm Br. Kreuter die Leitung der Gemeinschaft. Es war nicht gut, daß er nicht hier am Ort wohnte, denn die seelsorgerische Arbeit wurde dadurch behindert. So wurde uns von dem Vorstand des St.-Michaels-Werkes ein Bruder aus dem Liebenzeller Missionshaus zugewiesen. Dies war Br. Haag, der uns vom 1. April 1929 bis 1. April 1931 diente. Seine zweijährige Tätigkeit hier bei uns sollte nach der Schule im Missionshaus eine praktische Arbeit sein für den späteren Heidenmissionsdienst.

Seit April 1931 versieht nun hier Br. Sommer die Arbeit. Da er noch zwei andere Gemeinschaften bedient, helfen Herr Oberlehrer Peschke und andere Brüder. Br. Peschke leitet auch den Gesangchor, der vorher von Br. Stichel dirigiert wurde. Die Gemeinschaft hatte auch für den Bau eines Hauses gespart und brachte 2474 Mark zusammen. Für den Missionsgeist zeugten auch die Versammlungen in den Nachbarorten, gehalten von Br. Tischlermeister Fleischner in Lindenberg. Br. Grabmann in Eiche und den Geschwistern Steddin in Falkenberg. So hat sich das Werk hier in einem Vierteljahrhundert entwickelt. Mit Lob und Dank schauen wir rückwärts und voll Vertrauen vorwärts. St.

Prediger Br. M. Sommer, der unsere Gemeinschaft leitete, hat mit dem Bruderrat Freud und Leid der kommenden Jahre geteilt und auch durch die Kriegszeit bis zu seinem Fortgang den Seelen in unserer Gemeinschaft gedient. In den Jahren 1932 bis 1957 haben auch zwischendurch verschiedene Brüder gedient, so Br. Fooken, Kreuter, Schneider, Pastor Kühne-Amerika, Miss.-lnsp. Eckart, Br. Wicklein, Miss. Huhn, Miss. Neumann, aber auch Pfarrer Jakubski fehlt nicht in der Reihe dieser treuen Gottesmänner. Dann haben noch Pred. Ludwig, Evangl. Jost, Br. Domann, Miss. Klemm, Miss. Walkenberg-Bethel, Evangl. Busat, Miss. Richter-Palästina, Lehrer Munzlinger (Blaukreuz) sowie Br. Krüger (Buckow), Br. Nerlich und Goßmann sowie Miss. Hege und Nagel und Br. Handt in Vorträgen und am Worte Gottes unter reichen Segnungen des Herrn und Heilandes.

Prediger Br. Sommer hat seinen Dienst in unserer Gemeinschaft aufgegeben, um zu seinen lieben Kindern nach Erlangen überzusiedeln.

Anschließend übernahm dann der liebe Prediger Fritz Schmidt-Friedenau den Dienst in der Gemeinschaft, welcher aber nur bis 1948 ausüben konnte. Dann wurde Br. Pflüger willig und bekam Freudigkeit, den Dienst am Worte bis zum Jahre 1950 bei uns zu versehen.

Und nun begann eine schwierige Zeit für unsere Gemeinschaft. Da wir nun keinen Prediger hatten, welcher den Dienst regelmäßig versehen konnte, waren wir gezwungen, immer einen anderen Prediger aus anderen Gemeinschaften zu bitten, ab und zu bei uns zu dienen. Da war es insbesondere Miss. Krüger aus Buckow, welcher mit Aufwendung seiner ganzen Kraft eine Zeitlang regelmäßig das Wort verkündigte. Diese seine große Mühe möge der treue Herr Heiland ihm vergelten.

Aber wiederum waren es andere liebe Brüder, welche sich bereitwilligst in diese Lücke stellten. So Prediger Schwarz, Fritz Schmidt, Wendt, Runge, Inspektor Kullmann. Br. Gündel, Fischer, aber auch unsere Ortspfarrer Langrock und Strauth, und Br. Fleischer, Br. Steddin. Als Br. Grabmann am 9. Mai 1955 nach Bad Elster zur Kur mußte, wurde er mit Br. Graumann aus Adorf (Vogtl.) bekannt, auch dieser diente einige Male in unserer Gemeinschaft. Ja, der große Gott und Vater im Himmel hat Gnade geschenkt, daß über die Kriegszeit hinweg unsere Gemeinschaftsräume erhalten geblieben sind. Dafür loben und preisen wir von Herzen unseren Gott und den Vater unseres Herrn Jesus Christus.

Durch Prediger Br. Wendt wurde unserer Gemeinschaft der liebe Prediger Br. Urbanski zugeführt und am Palmsonntag 1955 durch Inspektor Kullmann in unsere Gemeinschaft als Prediger und Leiter eingeführt. Br. Urbanski übernahm auch den Jugendkreis und half im Chor beim Singen unserer herrlichen Evangeliumslieder.

In all diesen Jahren, von 1933 an bis zum heutigen Tage, wurde jedes Jahr das Jahresfest, eine Evangelisationswoche, das Erntedankfest, die Allianzgebetswoche, in Gemeinschaft mit der Kirche und Stadtmission, abgehalten und begangen. Und so hat der treue Gott und Vater unseren Dienst an unsterblichen Seelen, welche in und durch unsere Gemeinschaft gingen, reich gesegnet.

Die Außenstationen Falkenberg und Eiche sind nach dem zweiten Weltkrieg nicht wieder von unserer Gemeinschaft bedient worden. St. u. G.


Abteilung Ackerstraße 52
Es war um die Jahrhundertwende, als der Graf Eduard von Pückler, nachdem auf seine Anregung in den achtziger Jahren die Christliche Gemeinschaft St. entstand, den Prediger Rubanowitsch zwecks Evangelisation nach Berlin rief. Dieser evangelisierte dann in den Germania-Sälen, Chausseestraße, unter wachsendem, gutem Besuch der Versammlungen, vorbereitet durch Gebet, fleißiges Einladen auf den Straßen und Hofsingen. Nach Beendigung dieser Versammlungen wurden die erweckten und bekehrten Menschen gesammelt und karren dann weiter zu regelmäßigen Bibelbesprechungen und Evangelisationsversammlungen in der neu geschaffenen Abteilung zusammen. Die Einweihung des Saales Chausseestraße 11 fand am 11. März 1900 statt, und am ersten Ostertag hatten wir die erste Mitgliederversammlung. Auch ein Jungmädchenkreis kam des Sonntags regelmäßig zusammen. Hier war es auch, wo der Graf selbst jeden Sonntag nachmittags evangelisierte und nachher Hofsingen ging mit der Gemeinschaft und der Jungfrauenabteilung, Traktate verteilte und mit den Seelen sprach. Er besuchte auch treu unsere lieben alten Frauchen bis in sein Alter trotz eigener Beschwerden. Mit besonderer Vorliebe behandelte er alttestamentliche Texte, verkündigte das Gesetz und die Gnade, kniend wurde in den Versammlungen gebetet, und wichtig war ihm die Leitung durch den Heiligen Geist. Sein aufrichtiges Verlangen war es, dem Geist Gottes gehorsam zu sein, und Gott bekannte sich hierzu. Er sah die herzliche Liebe Pücklers zu den Verlorenen. In den Bibelstunden dienten Prediger Br. Hochwald und andere Laienbrüder. Sonntag abends diente der Graf in anderen Abteilungen oder in der Mark Brandenburg. Nach Beendigung des ersten Weltkrieges diente an Stelle des Grafen Prediger Schimming, der auch die Abteilung Wedding übernahm. Kurze Zeit hatten wir auch Pastor Dietrich und jetzt Prediger Br. Kreuter als Leiter.

Zu regelmäßigen Gebetsstunden kamen des Sonnabends Geschwister aus verschiedenen Abteilungen zusammen, um an den Sonntagen vormittags an allen Fernbahnhöfen den „Reisebegleiter" zu verteilen, auch wurden die Bahn- und Postbeamten, Dienstmänner, Gepäckträger, das Personal der Bahnhofswirtschaften, die Droschkenkutscher, Omnibuskutscher und Schaffner mit christlichen Blättern bedacht. Ein Bruder trieb treu Schiffermission am Humboldthafen. Wir hatten Straßenversammlungen und Einladungsdienst und waren eine rechte Familiengemeinschaft mit unserem Jugendbund und hatten gemeinsame Abendmahlsfeiern bei gläubigen Pfarrern abwechselnd in den Kirchen. In unseren Räumen kam eine Zeitlang die Christliche Studentenvereinigung zum Gebet zusammen, die vom Grafen ins Leben gerufen war. Daß die persönliche Seelsorge durch den Grafen in unserer Abteilung fehlte, lag wohl daran, daß er unverheiratet war und auch nicht diese Gabe hatte, war er doch mit anderen Gaben umso reicher begnadet. Sein Wahlspruch für unsere Abteilung war: „Vicit agnus noster, eum sequamur!", d. h. Das Lamm hat gesiegt, laßt uns ihm folgen! Es ist vollbracht.

Wir hatten aber Schwestern, die seelsorgerisch dienten. Hatten und haben wir auch nicht viele Arbeiten und Veranstaltungen, so war doch unser Bemühen, das wenige durch des Herrn Gnade treu zu tun. Im April 1910 zogen wir der Hannoverschen Straße 16, und seit 1920 sind wir in der Ackerstraße 52, im Hause des „Vereins Dienst an Arbeitslose". Möge der Herr Jesus weiter über uns walten in seiner Gnade!

Im Jahre 1943 wurde das Grundstück ausgebombt und unsere Abteilung ein Opfer des zweiten Weltkrieges. M. D.


Abteilung Christophorus
Abteilung Christophorus, Prenzlauer Berg 15, war zu Anfang keine Gemeinschaft, sondern die Gemeinschaft hat sich aus dem ursprünglichen CVJM gebildet. Diese Arbeit am Prenzlauer Berg war die größte in St. Michael, gab es Zeiten vor dem Kriege, wo Sie 150 bis 180 Besucher hatte. Kurz vor dem Kriege betrug der Besuch noch im Durchschnitt 50 junge Männer. Die Feinde christlicher Jugendbewegung machten sich schon bemerkbar. Die meisten der jungen Männer zogen ins Feld, die Treuesten sind gefallen. Die da zurückblieben, waren nicht berufen, die Jugendarbeit weiterzutreiben. So zerstreute sich der Rest. Als der jetzige Leiter der Gemeinschaft Christophorus, Br. Furchner, wieder aus dem Felde kam, machte er einen schwachen Versuch, die Jugendarbeit wieder aufzubauen. Bald sammelten sich etwa 20 junge Männer. Die Übertragung der Leitung der Gemeinschaft Prenzlauer Berg zwang Br. Furchner, die Jugendarbeit in die Hände des vom Vorstand der St.-Michael-Gemeinschaft berufenen Jugendwarts Goldmann zu legen. Diese Arbeit hätte sich weiter im Segen entwickeln können, wenn Br. Goldmann später einen anderen Ruf hätte Folge leisten müssen. So schieden mit Goldmann auch die letzten jungen Männer von uns. Wir schauten sehnsüchtig danach aus, daß Gott uns wieder einen Jungmännerleiter schenken möchte, damit wir junge Männer in unsere Gemeinschaft bekommen.

Mehrere Male hatten wir ein Treffen ehemaliger Jungmänner aus unserem Kreise veranstaltet. Wir durften zu unserer Freude feststellen, daß alle sich der schönen Stunden in unserem Christophorus mit Freuden erinnerten und ihren Glauben bekannten; viele dienen dem Herrn als Pastoren, Missionare, Prediger, Missionssekretäre, Soldatensekretäre oder in anderen Berufen. So war diese schöne Arbeit nicht vergeblich.

Die Gemeinschaft besteht schon vier Jahrzehnte unter dem Segen Gottes. Wir sind zur Zeit ein Kreis von etwa 75 Mitgliedern. In den Jahren hatten wir Feldversammlungen in der verlängerten Kniprodestraße, und kurz nach dem Kriege waren wir bahnbrechend in Park- und Straßenversammlungen. Gern denken wir noch zurück an die oft mit Kampf verbundenen Versammlungen im Friedrichshain, Sommer 1919, wo uns Pastor Dr. Lasson, Predigcr Köhler, Br. Hoffmann u, a. dienten, für damalige Zustände ein mutiges Bekenntnis. Unsere Jungmädchen-Abteilung, die vor dem Kriege Frl. Wilke, alsdann Frl. Hel. Schulz und nach deren Rücktritt jetzt schon nach vielen Jahren Frl. W. Gutschow leitet, hilft uns treulich in unserer Gemeinschaftsarbeit und auch im Dienst an den Alten und Kranken im Städt. Siechenhaus. Die Kinderarbeit liegt in den Händen von Frl. G. Lehmann. Für die innere Gemeinschaftsarbeit und für die Blättermission hatten wir eine Diakonisse berufen, die leider, da wir in letzter Zeit die notwendigen Mittel nicht mehr aufbringen konnten, dem Diakonissenmutterhaus St. Michael wieder zurückgegeben werden mußte. Der treue Herr aber schenke weiter seinen Segen und gebe Gnade zu Bekehrungen und führe neue Menschen zu uns und lasse uns wachsen inner- und äußerlich!

Auch diese Arbeit wurde ein Opfer des Krieges. F.


Abteilung Koppenstraße 5
Die Anfangszeit ist in den früheren Abschnitten geschildert. Um 1890 war ein reges Leben in allen Abteilungen, besonders in einer Jünglingsabteilung, in der sich 30 bis 40 junge Männer, 18 bis 30 Jahre alt, des Sonntagnachmittags zusammenfanden. Die Leitung hatte Inspektor Papke. Außerdem gab es noch eine Jugendabteilung für junge Leute von 14—17 Jahren. Audi eine Jungfrauenabteilung gab es, die sehr zahlreich besucht war. Die Leitung hatte Gräfin Waldersee. Die Männerversammlung am Sonnabend war von etwa 70 bis 80 Männern besucht. Eines Sonnabends sagte einmal der Leiter, Bruder Papke: „Brüder, wenn ihr es fertigbringt, daß wir mal 100 Männer in diesem Saal haben, dann gebe ich einen Teeabend!" In vier Wochen waren die 100 Männer da. Dann kam der Tee-Abend unter Männern, das war einmal etwas anderes. Wie waren die Männer eifrig, den Abend zu verschönen mit ernsten und humorvollen Gedichten und sonstigen Unterhaltungen!

Außer einer Frauenstunde gab es die Sonntagsschule, die so besucht war, daß der große Saal nicht ausreichte und die kleineren Kinder in den anschließenden Räumen unterrichtet wurden. Die Hauptversammlung fand damals am Dienstagabend statt und war immer sehr stark besucht. Auch der Gemischte Chor, der etwa 40 Mitglieder zählte, übte sehr fleißig unter Lehrer Schulz und gab jedes Jahr, meistens in der Brauerei Friedrichshain, ein Konzert.

Verschmolzen wurde im Jahre 1922 die Christliche Gemeinschaft Große Frankfurter Straße 133 mit dem St.-Michaels-Werk. Durch Anstellung eines Predigers für die Gemeinschaft Große Frankfurter Straße war ein fröhliches Wachstum zu verzeichnen. Nicht nur die Mitgliederzahl nahm zu, sondern es entstanden verschiedene neue Abteilungen, wie CVJM, Jungschar, Blaues Kreuz. Der ehemalige Kinosaal, der zum Gotteshaus geworden war, reichte nicht mehr aus. Das Suchen nach neuen Räumen führte den Brüderrat der Gemeinschaft auf das Haus Koppenstraße 5. Hier blühte vor Jahrzehnten ein gesegnetes Gotteswerk, das aber durch allerlei unliebsame Vorgänge zerstört worden war. Lediglich eine Jungfrauenarbeit, geleitet von Fräulein von Münnich, hatte sich halten und weiter gut entwickeln können. Die übrigen schönen Vereinsräume samt dem 400—500 Personen fassenden großen Saal standen meist einsam und verödet. Was Koppenstraße fehlte, hatte Große Frankfurter Straße 133, und was die Gemeinschaft Große Frankfurter Straße benötigte, bot ideal Koppenstraße 5. War es nicht göttliche Fügung, daß beide zusammenkamen?! Der Jungfrauenverein unter Führung von Fräulein von Münnich ging in die Südwest-Gemeinschaft St. Michael über, und noch manche andere Fragen wurden brüderlich gelöst. Am 30. April 1922 setzte sich ein langer Zug, etwa 500 Personen, jung und alt, von Große Frankfurter Straße 133 unter Gesang und Musik nach Koppenstraße 5 in Bewegung_ Mit froher Erwartung wurde das Vereins- und Gemeinschaftshaus betreten, begrüßt mit Gesang einer kleinen Schar getreuer Michaeliten. Graf Pückler, von schwerer Krankheit nur teilweise hergestellt, hatte es sich nicht nehmen lassen, persönlich zu erscheinen, um die neue St.-Michaels-Gemeinschaft zu begrüßen. Er stand am geöffneten Fenster des ersten Stockwerks. Vor Rührung konnte er kaum sprechen. Tränen erstickten seine Stimme, als er betend anhub: „Welch eine Wendung durch Gottes Fügung!" Wieviel hatte er für die Gemeinschaft Koppenstraße gebetet! Nun sah er die Erfüllung seiner Gebete.

Gern hat er dann wiederholt mit seiner besonderen Gabe der Wortverkündung gedient. Im übrigen ließ er dem Brüderrat mit seinem Leiter volle Freiheit beim Bau des Reiches Gottes in den neuen Räumen, so daß sich das Werk durch des Herrn Gnade weiter entwickeln konnte. Dieses Haus wurde ein Opfer der Bomben und des Krieges.


Abteilung Lichtenberg
Im Jahre 1896 verzog die Schw. Grittke von der Gemeinschaft Wedding nach Lichtenberg und mietete dort im Auftrage des Grafen Pückler ein Zimmer, um Versammlungen abhalten zu lassen. Diese Versammlungen wurden von Br. Gomille aus der Gemeinschaft Wedding vorläufig geleitet, bis Schw. Grittke, nachdem man den Herrn wiederholt um einen Leiter gebeten hatte, den die Versammlungen regelmäßig besuchenden Br. Lehmann, jetzigen Molkereibesitzer in Lichtenberg, aufforderte, die Leitung zu übernehmen. Br. Lehmann hatte bisher in der Stadtmission in Berlin verkehrt und in Lichtenberg regelmäßig die Stöckerschen Predigten verteilt, wurde aber nun durch das Zeugnis der Brüder vom Wedding angeregt, ernstlich zu forschen, was Wiedergeburt sei. Und der Herr erbarmte sich seiner, so daß er zur klaren Erkenntnis des Heils kam. Wohl übernahm Br. Lehmann die angebotene Leitung zunächst zaghaft, jedoch wurde sein Glaube bald gestärkt durch die Erfahrung der wunderbaren Hilfe des Herrn bei der Beschaffung des Mobiliars sowie auch durch die Zurückziehung der vom Hauswirt nach einem Jahr ausgesprochenen Kündigung. Jedoch mußte die Gemeinschaft noch zweimal umziehen, ehe sie die langjährige Stätte ihres Wirkens im Jahr 1902 in dem neu erbauten Hause Hubertusstraße 51 fand, dessen Besitzer Volkmann, Mitglied der Gemeinschaft, beim Bau des Hauses besondere Rücksicht auf die Gemeinschaft genommen hat. In all den Jahren ist manche Seele zum Glauben gekommen, das Werk ist gewachsen, aber dann auch durch manche Schwierigkeiten gegangen, so daß es schien, als müßten die Pforten geschlossen werden. Jedoch wurde im Aufblick zum Herrn weitergearbeitet, und der Herr ließ es an seinem Segen nicht fehlen. Diese Abteilung überstand nicht die Nöte des Krieges und wurde geschlossen.


Abteilung Pankow
Die hiesige Gemeinschaftsarbeit nahm ihren Anfang am 1. November 1903 in der Privatwohnung eines Buchdruckers. Leider erwiesen sieh die lieben Leute nach anfänglich großer Begeisterung als nicht stark genug, die bald im Hause einsetzende Schmach zu tragen, und schoben uns nach einiger Zeit aus ihrem Heim hinaus. Da sich aber inzwischen schon ein netter kleiner Stamm gebildet hatte, wagten wir es, im Nebenhaus Brehmestraße 61 eine kleine Wohnung zu mieten, wo wir bald guten Besuch hatten. Eine gleichzeitig begonnene Sonntagsschule wuchs in einiger Zeit auf etwa 150—200 Kinder. Eine Wochenbibelstunde wurde erforderlich. Nach Jahresfrist setzte eine Jungmännerarbeit, eine Jungfrauenabteilung und eine Kleinkinderarbeit ein, die gut entwickelten. Die große Not der Trunksucht in vielen Familien führte zur Gründung einer Trinkerrettungsarbeit, die bis zum Kriege vielen Männern als Wegweiser zur Freiheit diente. Nach einigen Jahren wurde der Raum zu eng, und wir bezogen in derselben Straße Nr. 11 neue größere Räume, wo die Arbeit viel Gnade und Segen Gottes erfahren durfte. Der erste Weltkrieg brachte uns leider im Männer- und Jungmännerkreis so große Verluste, daß wir letzteren ganz neu anfangen mußten. Aus dem Nachwuchs einer großen Jungschar, während des Krieges weiter geführt wurde, erhielten wir neue Mitglieder. Die Gemeinschaftsarbeit baute sich auch wieder neu auf, auch die regelmäßigen und nahmen ihren Fortgang, größere Veranstaltungen fanden in einer nahen Schulaula statt. Im April 1926 übernahm Br. Schorr diese Arbeit. Leider kam es zur schmerzlichen Abtrennung fast des ganzen Kreises im April 1931. Mit den Trümmern wird nun seit Mai 1931 im neuen Saal Wollankstraße 134 versucht, das Werk wieder aufzubauen. Das ist in der heutigen Zeit eine doppelte Glaubensarbeit.

Nur langsam kann die Arbeit in Anbetracht der Zeitverhältnisse aufgebaut werden. Ein Jugendbund junger Mädchen hat sich inzwischen gebildet mit einer als Vorschule, die letzthin ein liebliches Maienfest veranstaltete. Der im Advent 1931 begonnene kleine Gemischte Chor hat sich zu unserer Freude gut entwickelt und ist uns ein wertvoller Faktor beim Wiederaufbau. Die Evangelisation von Br. Dams Anfang Januar 1932 war reich gesegnet, hinterließ aber nur wenig bleibende Frucht an Menschenseelen. Unser Versammlungsbesuch hat sich etwas gehoben, die Sonderveranstaltungen waren jedoch immer sehr gut besucht. Eine ganz nahe Arbeit der Evangelischen Gemeinschaft und eine größere Stadtmissionsarbeit am Orte machen uns den Wiederaufbau nicht ganz leicht. Dennoch hat sich der engere Gemeinschaftskreis weiter gefestigt, steht treulich der Mitarbeit in den sechs neu eingerichteten Dienstbezirken und hat bis jetzt die monatliche Miete von zuerst 80 Mark, jetzt 65 Mark aufgebracht. Leider har unser alter CVJM-Kreis, an dem die Gemeinschaft sich neu aufbauen sollte, im Blick darauf fast völlig versagt. Durch eine erneute Spaltung und die Erwerbslosigkeit vieler Mitglieder hat er sich seit Februar 1932 nicht mehr an der Mietezahlung beteiligt, auch besucht er die Gemeinschaftsversammlungen nur sehr selten. Dennoch hoffen wir, daß er nach seiner jahrelangen Selbständigkeit nach und nach wieder in die Gemeinschaft hineinwächst. Die Wegweiser-Verbreitung nahm etwas zu, auch ist eine kleine Blättermission begonnen worden. Die Neuanschaffung von Wirtschaftsgegenständen und der Inneneinrichtung konnte nur in ganz beschränktem Maße erfolgen. Ein altes Harmonium und einen Anrichte-Schrank schenkte uns Abteilung Ackerstraße und Osten, Südwesten, Friedenau und Wedding je einige Stühle. Im übrigen müssen wir uns mit Leihmöbel behelfen. M.

Diese Arbeit geht in gesegneter Weise, wenn auch in kleinerer Form, im Lutherhaus in Pankow weiter. Unsere liebe, alte Schwester Emmy Manitz dient noch in einer Frauenstunde, und ihr Glück und ihre Freude ist es, Seelen für das Lamm zu werben.


Aus der Arbeit der Christlichen Vereine Junger Männer St. Michael
Mit dem Ausbau der Gemeinschaftsarbeit war auch die Notwendigkeit einer besonderen Arbeit der männlichen Jugend gegeben. Hin und her in den einzelnen Gemeinschaften mühte man sich um die heranwachsende Generation. Da die zielklare Fortführung und Zusammenfassung dieser Arbeit geboten war, wurde Herr Bülow mit diesem Amt betraut. Ihm folgte Herr Wießner, der dann zur Berliner Mission überging. 1925 übernahm der Junglehrer Gerhardt Goldmann das Amt des Jugendwarts, das er mit glühendem Eifer und rechtem Geschick verwaltete. Er sorgte für die Herausgabe eines eigenen Monatsblattes „Junge Kämpfer" und führte die Arbeit nach innen und nach außen voran. Es erfolgte die Anpassung an die Arbeitsweise der Arbeitsgemeinschaft der CVJM Deutschlands und die Fühlungnahme mit dem Ostdeutschen Jünglingsbund. Missionsarbeit wurde über die Grenzen Berlins hinaus getrieben, so daß in mehreren Orten der Provinz Patenkreise entstanden. Nach zweijähriger fruchtbarer Arbeit wurde Herr Goldmann seinem Übertritt zur Arbeitsgemeinschaft der CVJM, von Herrn Paul Müller abgelöst. Er kam in eine organisatorische Arbeit und konnte sich der inneren Vertiefung der Arbeit widmen, wobei er besondere Sorgfalt auf die Eingliederung der CVJM-Kreise in das Gesamt-Gemeinschaftswerk legte. Seit Herbst 1930 hat Jugendwart Fritz Felgentreu die Jungmänner- und Knabenarbeit übernommen, die 300 Jungen und 200 junge Männer in neun Kreisen als Mitglieder umfaßt. Der „Junge Kämpfer" erscheint in monatlicher Auflage von 1200—1500 Exemplaren und dient als Werbe- und Mitteilungsblatt. Sonst werden die Zeitschriften der AG und des Reichsverbandes evangelischer Jungmännerbünde gelesen. Zu der wöchentlichen Jungscharstunde erscheinen in den einzelnen Kreisen insgesamt 200 Knaben, zu der Bibelstunde der jungen Männer 100 Mann.

Fast in allen Kreisen wird Sport getrieben, Musik gepflegt, geistige Fortbildung durch Vorträge aus allen Wissensgebieten erstrebt und im Fahrten- und Lagerleben Erziehung zur christlichen Mannhaftigkeit geübt. Nach Leib, Seele und Geist soll dem jungen Mann gedient werden, der als eingeschriebenes Mitglied zu einem reinen Lebenswandel sich verpflichtet hat, Die gläubigen jungen Männer sind in der „Tätigen Mitgliedschaft" zusammengeschlossen, um sich im praktischen Missionsdienst von Mann zu Mann zu betätigen. Mitarbeiter sorgen für die Heranbildung der kommenden Führer aus der TM. Die Besprechung der Führer findet monatlich statt. Gemeinsame Nestabende, Lager und Fahrten dienen der Zusammenfassung der neun Kreise mit ihren nach Altersstufen in Jungschar (10—14 Jahre), Jungvolk (15—17) und die Hauptabteilung (über 17 Jahre) geordneten Abteilungen. Zur Tradition geworden sind das Oster-lager in irgendeinem Dorf der Mark (Durchschnittsbesuch 100 Mann), das Sportfest im Herbst und neuerdings die Ferienfahrt der Jungschar, die Sommer 1932 75 Jungen auf vier Wochen an die Ostsee führte.

Durch Hilfe in der Sonntagsschule und im Chor sowie durch Teilnahme an den großen St.-Michaels-Veranstaltungen (Karfreitag, Jungfernheide-Tag, Michaelsfest) ist die Eingliederung der CVJM-Arbeit in das Gesamtwerk gegeben, während die Berührung mit den großen Organisationen des Reichs-Jungmännerwerkes ihren horizontweitenden Einfluß ausübt. Ist der missionarische Kampf um die deutsche Mannesjugcnd heute durch die wirtschaftliche und politische Lage besonders schwer geworden, so ist es ein besonderer Vorzug unserer CVJM-Arbeit, wenn sie verständnisvolle Rückenstärkung von seiten der Gemeinschaft erfährt, auf das Christus hoch gepriesen werde bei den Jungen wie bei den Alten. F.F.

Arbeit an der weiblichen Jugend
Daß der Gründer und Leiter des St.-Michaels-Werkes, Graf Pückler, besonderes Interesse der Jugend und ihrer Sammlung unter Christi Fahne schenkte, lag wohl einmal daran, daß er selbst noch jung den Heiland fand, sodann aber auch an der Erkenntnis, daß, wer die Jugend hat, die Zukunft baut. So förderte er in jeder Weise die Zusammenkünfte auch der jungen Mädchen und sorgte dafür, daß in jeder Gemeinschaft ihnen Raum und Zeit gelassen wurden. Wie oft erschien er dann plötzlich hier und da in ihren Stunden und freute sich, wenn er Freude aus den Augen der Mädchen leuchten sah, während sie ihre Heilandslieder sangen oder bei der Besprechung des Wortes Gottes waren! Uns Führerinnen der Gruppen lud er hin her zu einer Tasse Kaffee in das Hospiz St. Michael ein und besprach mit uns Arbeit und Gottes Wort. Da floß das Wort noch viel mehr, als es heute überall der Fall ist, aus dem ursprünglichen Quell. Die sogenannte Jugendbewegung, die in den letzten zwanzig Jahren entstanden war, zog auch in unsere Kreise viele Jugendliche hinein. Da war starke, innere Arbeit nötig, die Bewegung, die wir merklich stark in den Jahren 1923—26 bei uns hatten, zu einer Bewegung für und in Christus werden zu lassen. Eine Anzahl aus den stark Jugendbewegten sind ganz an Christus ausgelieferte Leute geworden, die zum Teil noch heute mithelfen. In diesen Jahren entstanden auch - im Jahre 1922 zuerst - unsere Jugendbundfreizeiten. Zuerst waren sie mehrmalig in Hohenbinde bei Erkner. Gern denke an sie zurück, auch an den St.-Michaels-Sonntag, der stets hieran anschloß, an denen mehrere hundert St.-Michaels-Leute zu uns hinauskamen, mit denen wir dann gemeinsame Waldgottesdienste hatten. Einmal war eine solche Freizeit in Harnekop bei Sternebeck. Da schlief dann die ganze Jugendgesells&aft der Billigkeit halber auf Stroh in kostete jeder Tag schon 50 000 Mark (Inflationszeit). Auch weitere Wanderungen wurden, den Forderungen der Zeit entsprechend, gemacht: durch den Harz. durchs Riesengebirge und auf der Insel Rügen. Unvergeßlich ist vielen da so manche Stunde des gemeinsamen Genießens der Naturschönheiten, so manche Bibelbesprechung, die nach Zeugnissen manchem Vieles gab. Die Not der Zeit hat uns manche dieser Freuden genommen und dadurch, was verständlich ist, die große Jugendzahl gemindert. Nun kommt es darauf an, was ja das Wesentliche unserer Arbeit ist, daß die Freude allein am Herrn unsere große Freude wird.

Erwähnen muss ich noch, daß unsere Jugendbundkreise seit 1923 ihr eigenes Werbeblatt, „Durch zum Licht", haben, von der Unterzeichneten herausgegeben, das in monatlich 3600 Exemplaren von den Jugendbundmitgliedern gekauft und verteilt wird. A.B.


Rettungsarbeit an gefallenen Mädchen
Zu den Missionszweigen, die Graf Pückler ins Leben rief, gehört auch die Rettungsarbeit an gefallenen Mädchen, die als Arbeitszweig in der Inflationszeit aufhören mußte. Am Bußtag des Jahres 1897 war es das erstemal, daß Graf Pückler in den Nachtstunden von 12 bis 2 Uhr eine Versammlung für Straßenmädchen hielt, die er durch Damen, die sich ihm zur Verfügung stellten - unter ihnen Gräfin Waldersee - einladen ließ. Alle 14 Tage wiederholten sich dann diese Versammlungen, an denen die Mädchen mit Tee und Kuchen bewirtet wurden und ihnen am Schluß das Evangelium gesagt ward. So entstand ein Besuchsdienst, den freiwillige Mitarbeiterinnen übernahmen, so daß 180 Mädchen von ihnen ständig besucht wurden. Manche der Mädchen kehrten um und begannen ein neues Leben. Die Mehrzahl fiel in ihr altes Leben zurück. Im April 1S98 mietete Graf für diese Arbeit eine im Hause Chausseestraße 110, ein Zufluchtsheim, in das die Mädchen, die ihre alten Sündenwege verlassen wollten, gebracht wurden. Fräulein Wilke, die längst beim Heiland ist, wurde zur Leiterin des Heims berufen. Daß diese Arbeit nicht leicht war und viel Enttäuschung bereitete, ist wohl ganz verständlich. Doch ist auch sie nicht vergeblich gewesen. Nur das eine sei angeführt, daß eine aus dieser Gebundenheit Gerettete noch heute in einem Reichsgotteswerk in der Nachtmission steht und somit die Arbeit St. Michaels und unseres gesegneten Grafen Pückler fortsetzt.

Als ich im Oktober 1907 als Nachfolgerin von Frl. Wilke die Leitung des Heims übernahm, sagte Graf Pückler etwa folgendes: „Daß die Rettungsarbeit getan und erhalten wird, ist mir ein besonderes Anliegen. Ich habe es Gott gelobt, an diesen Gebundenen arbeiten zu lassen, solange ich lebe." Wir schwer es ihm dann wurde, aus der Not des Krieges heraus das Heim als solches doch aufgeben zu müssen, läßt sich bei der Gewissenhaftigkeit unseres heimgegangenen Präses ermessen. Es war ihm ein Trost, daß das Heim, das im Jahre 1907 in unser Haus, Schönwalder Straße 21, verlegt war, wenigstens bestehen blieb, wenn auch in veränderter Form als Heim für berufstätige Mädchen unter Leitung von Frl. Bernsdorff. Er hoffte, es später seinem alten Zweck zurückgeben zu können, was ihm leider versagt blieb. B.


Kinderheim St. Michael (1914 -1923)
Am 28. Februar 1914, als das Gemeinschaftswerk St. Michael bereits 31 Jahre bestand, wurde das Schwesternhaus durch Graf Pückler eingeweiht und als Zweigarbeit der Gemeinschaft eingegliedert. Die Oberin Emma Zink hatte dem Grafen ihre Gedanken dargelegt, und dieser ging freudig darauf ein. Eine Wohnung von vier Zimmern in Friedenau, Maybachplatz 14/15, wurde gemietet. Es sollte eine Schwesternarbeit werden, verbunden mit dem Missionsdienst, gute christliche Schriften und Blätter ins Haus zu bringen, mit der Aufgabe, Kranke und Sieche, ferner arme, verwaiste und verkommene Kinder zu pflegen. Sechs neu eingetretene junge Mädchen waren am Tage der Einweihung da, auch die ersten Kinder wurden uns zugeführt. Die Einweihungsfeier fand im Gemeinschaftssaal Isoldestraße 9 statt. Da keine Mittel vorhanden waren - die erste Vierteljahresmiete zahlte die Oberin aus eigenen Mitteln — und man alle Kinder ohne Geld aufnahm, mußte der Graf tüchtig einspringen. Langsam - es war ja Kriegszeit - entwickelte sich eine kleine Schwesternschaft, es mußten weitere Räume gemietet werden. 1915 waren es 50 Kinder und 15 Schwestern. Als der Graf auf Urlaub kam, wagte es die Oberin, ihn um ein eigenes Haus zu bitten. Schon am nächsten Tage bot ein Steuerbeamter das Haus Kaiserallee 121 an. Wie fein nach Psalm 121! Da alle Verträge 1916 abliefen, der Kaufpreis günstig war, riet auch der Schatzmeister, Br. Kogelschatz, zum Kaufe. Die Schwestern zogen Januar 1916 ins Haus ein. Der Graf wollte nicht mehr als 50 Kinder und 30 Schwestern. Die Oberin wußte ihn willig zu machen, auch das Nachbarhaus 122 zu kaufen. Da das Haus nicht sofort voll besetzt war, bat der Graf in vornehmer Weise, ob die Gemeinschaft nicht in den Parterreräumen von 122 aufgenommen den könnte. Die Schwestern willigten gern ein. Es wurden auf Kosten des Grafen die beiden Häuser schön eingerichtet. Dann wurde die Arbeit durch Übernahme der Kinderarbeit „Zionshilfe" in Schöneberg, Rubenstraße 56, wiederum erweitert. Der Graf bezahlte auch hier alle Kosten. Im Herbst 1923 berief er, für alle unerwartet, einen gläubigen Pfarrer in seine Arbeit als persönlichen Mitarbeiter. Im März 1924 starb der Graf, und der junge Pastor Dietrich half zuerst noch im Gemeinschaftswerk.


Geschichte des Diakonissen-Mutterhauses und Kinderheims "St. Michael" im Abriß (1923-1957)
Vom Herrn Grafen Pückler, der mich auf der Kanzel in Falkenberg in Oberschlesien kennengelernt hatte, zur Leitung seines Gemeinschaftswerkes berufen, begann ich meine Tätigkeit mit meiner Einführung im Saal der Gemeinschaft am Wedding am St.-Michaels-Fest 1923, und zwar im Diakonissen-Mutterhaus und Kinderheim „St. Michael" und in den Gemeinschaften am Wedding, in Friedenau und in der Ackerstraße, auch in Schöneberg und Lichtenberg. Durch des Herrn unbegreifliche und unverdiente Gnade begann damals eine Segenszeit durch eine Erweckung in der Gemeinschaft am Wedding und im Mutterhaus und eine Weiterung der Arbeit in der Gemeinschaft in der Ackerstraße, veranlaßt durch Buße und Vertiefung des Glaubens und der Liebe untereinander und durch Evangelisationen in treuer Mitarbeit der Brüder Kampmann, Gomille, Knoll, Krüger, Karin und anderer und in der Ackerstraße der Brüder Diedrich und Böttcher. An jene Frühlingszeit denken wir mit Freuden zurück und mit der Bitte, daß der Herr sie uns wiederschenken möchte.

Vor allem in Rücksicht auf die Ausdehnung der Arbeit des Diakonissen-Mutterhauses sah mich veranlaßt, von der Arbeit in den Gemeinschaften St. Michael zurückzutreten, um mich ganz dem Mutterhause widmen zu können. Näher eingehend auf die Arbeit unseres Schwesternwerkes möchte ich auf folgendes hinweisen: Diese Erweckungs- und Vertiefungszeit hatte segensreiche Folgen für gesamte Werk. Die Schar unserer Schwestern wuchs zusehends. Sie kamen aus den Arbeitsgebieten unserer Schwestern, vor allem aus Schlesien und Pommern und aus der Heimat unserer lieben Oberin, Mutter Emma, aus Bayern. Es war eine Freudenzeit im Mutterhause. Immer neue Arbeitsgebiete taten sich dem Werke auf, zunächst in der Gewinnung weiterer eigener Häuser zu Tochteranstalten: In Falkenberg (Mark) pachteten wir 1924 ein früheres Schülerinternat, unser "Morija", zur Unterbringung und Erholung unserer Kinderschar, deren Zahl bis auf 300 gestiegen war, und von Erwachsenen, und richteten in dem neuen Heim eine Haushaltungsschule ein, die bis auf 50 Schülerinnen stieg. Auch sie erlebten eine Erweckung durch die Freizeiten, die das Blaue Kreuz alljährlich in der Bußtagswoche dort hielt. Mit viel Freude und Dankbarkeit erinnern wir uns an die Missionsfeste auf der herrlichen Bergwiese, die zur Anstalt gehörte, an denen viele Gäste aus den St.-Michaels-Gemeinschaften und den umliegenden Gemeinden uns besuchten und Missionare verschiedener Missionsgesellschaften im Laufe der Jahre uns mit brennendem Herzen von den deutschen Missionsfeldern berichteten.

Außer dem Hause „Morija" pachteten wir in den kommenden Jahren noch das Pfarrhaus im benachbarten Dorf Cöthen zur Erholung unserer Schwestern und Kinder und kauften noch zwei Villengrundstücke in Falkenberg, unsere „Morgenröte", die zum Erholungsheim eingerichtet wurde, und unsern "Abendfrieden" für ein Altersheim. In diesen Heimen fanden unsere Haushaltungsschülerinnen ihre Ausbildung. Wir freuen uns, daß diese drei Heime auch jetzt bestehen und ihre Aufgabe erfüllen.

Nach Ablauf der Pacht des Hauses „Morija" konnten wir im Januar 1937 das Schloß „Seewalde" in Mecklenburg günstig kaufen und nun in eigene Räume ziehen. Ein selten mit seinen Seen und Wäldern, seiner in sich geschlossenen Landwirtschaft 150 Morgen und seinen großen Obstanlagen und einer Fülle von Räumen zur Aufnahme unserer Gäste! In der Tat eine wunderbare und gnädige Führung unseres Herrn! Schon im ersten Jahre unseres Dortseins begannen wir mit Freizeiten für unsere Gäste und die umliegenden Gemeinden (Zedliner Hütte, Rheinsberg usw.), bald auch mit Freizeiten für Pfarrer. Auch hier brach eine Segenszeit an, die uns unvergeßlich sein wird. Die Missionsfeste feierten wir hier alljährlich weiter. Dazu kamen die Gäste aus den umliegenden Gemeinden mit Dampfern über den See nach Seewalde - ein wunderschöner Anblick! Mit Dank erinnern wir uns an die prächtigen Männer, die uns am Wort gedient haben: Die Pfarrer Jobs, Lohmann, Schnepel, Moll, Huhn, Gensichen, Kottmeier, Finndorf, Reinhold; Bürgermeister Dr. Berg aus Neustrelitz und die Missionare aus verschiedenen Missionsgesellschaften. Auch fand in Seewalde in jedem Sommer eine große Schar Berliner Kinder Erholung. Wir denken aber auch an den schweren Brand, den wir im strengen Januar 1940 dort erlebten und der das Schloß bis auf das Erdgeschoß zerstörte, und an zwei weitere kleine Brände im Seitenflügel, so daß wir uns, auch wegen der Unwirtschaftlichkeit dieser Arbeit und auf Grund des Druckes der Wehrmacht entschlossen, das wiederaufgebaute schöne Anwesen im Juni 1941 wieder zu veräußern. Ein Schloß in der Oberlausitz, „Bärwalde", pachteten wir 1947 als Ersatz vom Ministerium in Dresden; es wurde uns aber schon nach wenigen Jahren wieder entzogen.

Über diese eigenen Anstalten und Heime hinaus konnten wir den an uns gerichteten Bitten entsprechen und eine Anzahl von Stationen im Laufe der Jahre mit unsern Schwestern besetzen: Zuerst in Oberschlesien die Gemeindestationen mit Kindergarten in Falkenberg, Graase, Schedlau, Heidersdorf, Grotikau, Kirchberg, Groß-Gohlau, Schurgast, Löwen, Hilbersdorf, später in Goldschmieden und Neukirch bei Breslau; ferner die Krankenhäuser in Groß-Jestin in Pommern und Bitterfeld in Sachsen und nach Ablösung des letzteren das Krankenhaus in Woldenberg/Neumark. Schöne Arbeitsfelder für unsere Schwestern, die wir als Hauseltern gern besuchten, wo wir alljährlich mit unseren Schwestern köstliche Zeiten der inneren Stärkung durch Gottes Wort erlebten!

Mit dem Beginn des zweiten Weltkrieges 1939 begann auch für unser Schwesternwerk und seine Stationen eine schwere Zeit, die dann in der totalen Zerstörung des Mutterhauses in Friedenau im September 1944 auslief und in all dem schrecklichen Erleben beim Einbruch des Feindes im Frühjahr 1945, damit verbunden dem Verlust aller Arbeitsfelder unserer Schwestern in Schlesien, Pommern und der Neumark und gar mancher lieber Schwester durch den Tod im Kriegszusammenhang. Neue Stationen gewannen wir in Drang und Not für unsere heimgekehrten Schwestern in Süd- und Westdeutschland: Krankenhaus Weißenbrunn, Gemeinden Unterrodach, Fischbach und Burggrub in Bayern, in Hannover-Kleefeld, Duisburg, zuletzt in Bingerbrück/Rhein, Daaden/ieg und auch in Berlin-Neuheiligensee.

Das Mutterhaus aber lag in Trümmern, und wir wohnten - nach der schon 1943 erfolgten Verlagerung unserer Kinder nach Bayern und nach Aufhebung des Altersheims - in Notquartieren in Friedenau, bis sich uns nach langen vergeblichen Bemühungen um ein geeignetes größeres Gebäude für unser Mutterhaus ein schönes kleineres Villengrundstück in Berlin-Lichterfelde-West zum Kauf bot, das wir im März 1951 bezogen, und ein zweites zur Pacht im Januar 1952.

Nach langjähriger Vorarbeit treuer Mitarbeiter können wir nun mit Hilfe von staatlichen Mitteln nach dem Verkauf unseres Grundes und Bodens in Friedenau und dem Erwerb eines geeigneten Geländes in der Nachbarschaft unseres jetzigen kleinen Mutterhauses em neues Mutterhaus mit rund 65 Zimmern und einem großen Kirchensaal mit Feierabendhaus für unsere Schwestern und einer Ausbildungsstätte für junge Mädchen, verbunden mit einem Altersheim, aufbauen.

Unser Herr Jesus aber, der Bau- und Schirmherr dieses Werkes, möge Seinen reichen Segen für diesen Wiederaufbau nach innen und außen allein zu Gottes Ehre geben! Wir dürfen uns für den Wiederaufbau unseres Schwesternwerkes auf die kostbaren Zusagen unseres Gottes (Hesekiel 36,33-37 und Haggai 2,9.10) stützen, die Er durch Seinen lieben Sohn, unsern Herrn Jesus, auch an uns erfüllen will, wenn wir in neuer Buße, neuem Glauben und neuer Liebe Seinem Willen entsprechen, wenn es uns um Seine Sache, um den Bau Seines Gottesreiches und Sein Kommen in der Herrlichkeit Seines Vaters und unsere ernste Zubereitung darauf tun ist. So wird auch diese schwere Leidenszeit, die über unser liebes Schwesternwerk kam, durch innere Läuterung noch zu einer großen Segenszeit werden.

Wir erinnern uns mit Dank an die Brüder aus den Gemeinschaften St. Michael, die im Laufe der Jahre dem Kuratorium des Mutterhauses angehörten: Herr Kogelschatz, Pfarrer Jakubsky, die Brüder Pirow, Richter, Peschke und Gauen, Steingräber und Pfarrer Antonowitz und freuen uns über die Brüder Ziegler und Krause, die noch bei uns sind. Im besonderen sind wir aber dankbar, daß unsere liebe Oberin Mutter Emma, die Begründerin des Schwesternwerkes, in ihrem hohen Alter freudig und tatkräftig am Werke steht. Unser aufrichtiger Wunsch ist es, mit unsern Gemeinschaften St. Michael, da wir ja mit ihnen dem gleichen Werk unseres lieben Grafen entstammen und zu ihm innerlich weiter gehören, herzliche Gemeinschaft und Bruderschaft zu pflegen und uns gegenseitig innerlich zu fördern.

Und nun:
Frisch voran in dem Werk: Denn es gilt Gottes Ehr
in Kampf mit der Welt und der Finsternis Heer.
Hier gibts Arbeit für uns, Brüder, laßt sie uns tun,
der Getreue wird einst bei em Herrn ewig ruhn!
Berlin-Lichterfelde-West, den 13. September 1957, am Geburtstag unseres Grafen Pückler. Dietrich, Pfarrer


St. Michael seit Graf Pücklers Tod bis zur Gegenwart
Dem schönen St.-Michaels-Werk fehlte nun der einzigartige Führer. Das Werk war auf seine Person zugeschnitten. Es mußte diese Arbeit des Grafen unverändert in den alten Bahnen weiterzuführen. Der Vizepräses, Rechnungsrat Hagedorn, tat, was er konnte. Treu hat er über dem Werk gewacht. Die Schwierigkeiten lagen gar nicht so sehr in dem hohen Alter des lieben Bruders, sondern vielmehr in dem ganzen Aufbau des Werkes. „Der zu spärliche Einsatz gediegener Berufsarbeiter zu rechter Zeit und die zu starke Zentralisation des St.-Michaels-Werkes haben es verhindert, daß dieses herrliche Werk sich nicht noch mehr ausgedehnt hat und die einzelnen Stationen nicht mehr erstarkt sind. Wenn zwölf Großstadtgemeinschaften durch drei bis vier Berufsarbeiter betreut werden, dann kann das keine intensive Arbeit sein mit Hausbesuchen, Blättermission und Jugendarbeit. Die Folge davon ist, daß andere dicht daneben aufwachsen und die Fortentwicklung der ersteren zu leicht beeinträchtigen. Man sagt oft, unter den vielen Menschen der Großstadt könnte eine Gemeinschaft neben der anderen sein. Theoretisch ist das richtig, aber in der Praxis zeigt sich bald, daß die Leute, die für Jesus disponiert sind, nicht so zahlreich sind, daß bei den hohen Mieten die Mittel und Kräfte für einen geordneten Gemeinschaftsbetrieb und für so viele Stationen aufgebracht werden können." Das hat dann auch St. Michael erfahren.

Mit aus diesen Gedankengängen heraus hat Regierungs- und Baurat Müller, der später vorübergehend Präses war, den Grafen wiederholt darauf aufmerksam gemacht, daß es sich empfehlen dürfte, die an vielen Stellen neu entstehenden Gemeinschaften dem St.-Michaels-Werk - vielleicht unter anderer Bezeichnung - anzugliedern. Grundsätzlich war er nicht dagegen, konnte sich jedoch zu einem endgültigen Entschluß nicht aufraffen. St. Michael war sein Schoßkind, das er nicht einmal dem Gnadauer Verband angeschlossen hat. Die Folge davon war, daß die anderen Gemeinschaften nach und nach Anschluß bei dem Brandenburger Gemeinschaftsbund suchten, der sich 1907 aus zum Teil vom Verbande abgezweigten Gemeinschaften bildete. Eine günstige Gelegenheit, die einzelnen St.-Michaels-Gemeinschaften durch Einstellung einer größeren Zahl jüngerer Berufsarbeiter und intensive Arbeit zu stärken und geldlich unabhängiger zu machen, bot sich in den Jahren der Inflation, deren Ende ziemlich mit dem Heimgang des Grafen zusammenfiel. Die Hospize warfen damals einen ganz schönen Überschuß ab, und die Kollekteneingänge waren gleich nach der Inflation in den Gemeinschaften besser denn je. Die Überschüsse des Hospizes St. Michael und ein Vermächtnis des Grafen wollte Regierungsrat Hagedorn, der als Nachfolger des Grafen zum Vorsitzenden des Werkes gewählt wurde, aufsparen, sie wurden jedoch für die Erweiterung des Schwestern- und Kinderheims St. Michael in Falkenberg (Mark), freilich unter der der späteren Rückzahlung, verwendet.

Krankheitshalber mußte Br. Hagedorn dann den Vorsitz bald niederlegen. Bis Eintritt des Regierungsrates Müller als Vorsitzender, im Frühjahr 1928, leitete der Schatzmeister und stellvertretende Vorsitzende, Br. Kogelschatz, das Werk. Das Bestreben des Regierungsrats Müller war, entsprechend der Absicht und dem Willen des verstorbenen Grafen, die Kinderzahl des Kinderheims angesichts der immer mehr zutage tretenden Absicht der Behörden, die Kinder in eigenen Heimen unterzubringen, nach oben zu begrenzen und die Gemeinschaft und das Schwesternheim auszubauen und zu fördern. Während er bezüglich der Begrenzung der Kinderzahl bei einzelnen Brüdern auf Schwierigkeiten stieß, wurden auf seinen Wunsch zur intensiveren Bedienung der Gemeinschaften zwei junge Liebenzeller Brüder, die sich in der Ausbildung zur Äußeren Mission befanden, angestellt.

Bald darauf (1929) legte Regierungsrat Müller seinen Vorsitz nieder, weil die mit St. Michael verbundenen Arbeiten neben der Leitung des sich immer mehr ausdehnenden Werkes es Verbandes seine Kraft überstiegen. Kurz vorher hatte Wasserbauinspektor Braemer sich bereit gefunden, den stellvertretenden Vorsitz zu nehmen. Die Stelle des Präses blieb zwei volle Jahre verwaist. Der Vizepräses Braemer wohnte außerhalb Berlins in Althartmannsdorf, war schwer zu erreichen und außerdem durch seinen Beruf und durch seine Mithilfe in der Gemeinschaftsarbeit des Märkischen Verbandes stark besetzt. St. Michael brauchte mehr noch als in der ersten Zeit eine eigene, starke, verantwortliche Leitung, denn die Wirtschaftskrisis, die über unser Vaterland kam, griff auch über auf die Reichsgottesarbeit und Gemeinschaftswerke, auch auf unser durch den Grafen Pückler scheinbar fest gegründetes St.-Michaels-Werk. Die großen Häuser brachten keine Einnahme. Die Hospize, die nach der Inflationszeit noch erhebliche Überschüsse brachten, wurden sogar Zuschußbetriebe. Die Zahl der Kinder im Kinderheim ging ganz bedeutend zurück. Die Arbeitslosigkeit ergriff je länger je mehr auch unsere Kreise. Die Arbeitsfreudigkeit litt. Es fehlte der immer zuschießende und ermunternde Graf, und ein anderer Graf, der im Geiste Pücklers dieses Werk wieder aufrichten konnte, fand sich nicht. Dazu benötigte Herr Regierungsrat Müller den Vizepräses, Br. Braemer, der gewissermaßen nur in die Lücke eingesprungen war, ganz für seine Arbeit im Märkischen Verband, da ich meinem lieben Freunde bei meiner außeramtlich schon außerordentlich starken Inanspruchnahme in der Mark keine Hilfe zusagen konnte. Nun mußte eine Entscheidung getroffen werden.

Folgende Zeilen stammen aus der Feder von Pfarrer Jakubski:
Deshalb schlug mich Regierungsrat Müller im Oktober 1931 dem Brüderrat St. Michaels als Vorsitzenden vor. Dieser Vorschlag überraschte die Mitglieder des Brüderrats in der Sitzung am 9. Oktober. Am 9. November 1931 wurde ich — auch die Abwesenden hatten ihre Zustimmung erteilt - einstimmig zum Vorsitzenden gewählt und stellte mich zur Verfügung. Am 28. November wurde ich in mein Amt eingeführt. In schwerer Zeit habe ich eine schwere Pflicht mit diesem Vorsitz übernommen. Sparmaßnahmen, die bereits eingeleitet waren, galt es durchzuführen, die Opferfreudigkeit der Gemeinschaftsmitglieder aufs äußerste anzuspannen bei immer mehr steigender Erwerbslosigkeit und Verringerung der Einkommensverhältnisse. Im Oktober wurde für das Hospiz Wedding in Frau Behrend eine neue Leitung gefunden. Leider gelingt es bei den überaus traurigen wirtschaftlichen Verhältnissen nicht, da der Fremdenzustrom aus dem Ausland wie auch aus den Provinzen ungeheuer nachgelassen hat, die Einnahmen der Hospize so zu heben, daß sie die Steuerlasten und Hypothekenzinsen selber tragen. An Überschüsse ist gar nicht zu denken.

Der innere Zustand unserer Gemeinschaften muß leiden, weil vier Prediger in 14 Gemeinschaften nicht den intensiven Dienst durch seelsorgerliche Betreuung verrichten können, der allein eine innerliche Belebung unseres Werkes bringen könnte. (Die beiden von Regierungsrat Müller eingestellten Liebenzeller Brüder, Gresse und Haag, sind infolge der einsetzenden Wirtschaftskrisis wieder an die Missionsanstalt zurückgegeben worden.)

Trotzdem sehen wir unverzagt in die Zukunft. Gott hat uns wunderbar durch diesen Sommer hindurchgeholfen. Die einzelnen Abteilungen opfern freudig für den Herrn und unser St.-Michaels-Werk bis zu 5, ja 8 Mark monatlich auf den Kopf der zahlenden Mitglieder. Gott hält uns Segnungen bereit, wenn wir uns nur mit unserer ganzen Person für ihn einsetzen wollten. Wir werden darauf bedacht sein müssen, den Geist in unserm Werk zu heben, die innere Kraft unserer Abteilungen zu steigern, die Jugend noch mehr als bisher mit unserm Werk innerlich zu vereinigen, besonders die männliche Jugend, die in Br. Felgentreu einen treuen Führer gefunden hat. Gott muß uns dann noch neue Kräfte zuführen, die neben die bewährten alten Mitarbeiter treten, damit sic mit den freien Laienkräften, die immer noch wie einst in unserm Werk in großer Zahl in treuer Arbeit stehen, an dem inneren und äußeren Aufbau unseres St.-Michaels-Werkes Zur Ehre Gottes arbeiten.

Gott aber segne dieses Werk und schenke auch mir, dem derzeitigen Präses, viel Weisheit und Tatkraft und Kraft des Heiligen Geistes, damit ich diesem herrlichen Werk in rechter Weise dienen kann! Gott schenke uns auch den rechten Gebetsgeist und innige Fürbitte, die ich besonders brauche und mir sehr erflehe. Damit aber meiner noch lieber und treuer vor dem Herrn der Gnade gedacht werde, möchte ich mich allen lieben Geschwistern etwas bekanntmachen: Als jüngster Sohn eines Kaufmanns 1880 in Gilgenburg (Ostpreußen), dicht bei dem Tannenberger Schlachtfeld, geboren, habe ich meine Schulzeit in Danzig verlebt. Während meiner Studentenzeit habe ich im Januar 1903 durch eine vierzehntägige Evangelisation des Predigers Amstein in meinen Heiland gefunden und bin Besuche von Gemeinschaftsversammlungen in Graudenz während meiner Lehrvikariarszeit 1905/06 und durch Gemeinschaftskonferenzen mit der Gemeinsschaftsbewegung in Berührung gekommen, als ich in Debenke, Kr. Wirsitz, meine Kirchengemeinde erhielt und oft in Vandsburg weilte. Hier lernte ich auch meine Frau kennen, die tätiges Mitglied im Jugendbund für EC in Neustettin war. Wir heirateten 1908 und haben jetzt noch vier lebende Kinder, die sämtlich Mitglieder des EC sind. 1915 wurde ich zum Vorsitzenden des Landesverbandes Posen vom Jugendbund für EC ernannt. Bald danach sollte ich auch Vorsitzender des Posener Gemeinschaftsverbandes werden, was ich wegen Arbeitsüberlastung ablehnte. Von 1916 bis 1921 war ich in Rogasen, also zwei Jahre unter polnischer Gewaltherrschaft, die mich auch Juni/Juli 1919 ins Gefangenenlager in Szczypiorno brachte. 1921 kam als Pfarrer an die Reformationskirche nach Berlin, wurde 1925 Vorsitzender des Brandenburger EC-Verbandes, kam als solcher in die Vorstände des Märkischen Verbandes und des Brandenburger Gemeinschaftsbundes und wurde Mitglied der Provinzial- und der Generalsynode. Ich stehe mit meinem ganzen Herzen in der Gemeinschaftsarbeit, aber auch ebenso treu in der Kirche, weil mir das Wesen der Landeskirche und das der Gemeinschaftsbewegung ganz klar ist und ich auch glaube, beides bisher unparteiisch vertreten zu haben.

Unser Präses, Pfarrer Karl Jakubski, ging im Kriegsjahr 1940 in Magdeburg heim, infolge einer Krankheit. Wir verloren in ihm einen Mann, der in ganzer Hingabe und in bester Meinung unserer Christlichen Gemeinschaft St. Michael diente. Er gab auch die Festschrift zum 50iährigen Bestehen unserer Gemeinschaft heraus, welche auch als Material für diese Arbeit (Chronik, die Red.) diente. Der Schriftführer des Geschäftsführenden Vereins der Christlichen Gemeinschaft St. Michael, Stadtoberinspektor Br. Robert Pirow, übernahm den Vorsitz bis zu seinem Heimgang im Jahre 1946. Im Jahre 1947 übernahm Pfarrer Lic. Dr. Wilhelm Herbst den Vorsitz, welcher als Pfarrer der Heilandskirche 1941 nach Berlin gekommen war. Am 7. Juni 1957 nahm Gott der Herr seinen Diener und Zeugen nach kurzer Krankheit plötzlich heim. Er fand an seinem sechsundsechzigsten Geburtstag, dem 12. Juni, seine Ruhestätte auf dem stillen, kleinen Friedhof in Berlin-Schmargendorf. Er war ein Verkündiger des Wortes Gottes und ein Seelsorger besonders geprägter Art, mit einem warmherzigen, fröhlichen Wesen. Wir gedenken seiner in Dankbarkeit für die Regelung unserer geschäftlichen Angelegenheiten und Wiederaufbau unseres Gemeinschaftshauses in der Schönwalder Straße 21. Der eigentlichen Gemeinschaftsarbeit konnte er sich nicht so recht widmen, da er in seinem kirchlichen Amt ganz aufging. Von 1947 bis 1950 leitete er kommissarisch auch die beiden Gemeinschaftsverbände und war mit tätig beim Zusammenschluß der Verbände und dem Anschluss der Christlichen Gemeinschaft St. Michael mit ihren noch bestehenden acht Abteilungen an das Gemeinschaftswerk Berlin-Brandenburg. Prediger Völtz war von Juni 1950 bis März 1953 Vorsitzender des Gemeinschaftswerkes und im Jahre 1954 wurde dann Direktor Br. Thümmich zum Vorsitzenden des Gemeinschaftswerkes gewählt. Br. Lüthje—Hermsdorf diente auch in großer Liebe und Treue in dem Märkischen Verband bis zu seinem Heimgang im Jahre 1950.

Wir hatten in unserer St.-Michaels-Gemeinschaft bisher, noch vom Grafen Pückler geordnet, Älteste, die in den Gemeinschaften mit den Prediger—Brüdern zusammen die Abteilungen leiteten welche der Graf zu Arbeitsbesprechungen von Zeit zu Zeit zusammenrief. Unter dem Präses Pfarrer Jakubski hatten wir einen Brüderrat, bestehend aus dem Vorstand des Geschäftsführenden Vereins und die vom Vorstand berufenen Beisitzer. Durch die neuen Satzungen (Verfassung), welche sich das Gemeinschaftswerk gab, wurden unsere Abteilungen selbständige Gemeinschaften mit eigenem Vorstand, gewählt von der Gemeinschaft in der Jahreshauptversammlung auf die Dauer von drei Jahren. Wahlberechtigt sind die tätigen Mitglieder. Wir paßten uns hiermit in unserer Organisation dem Jugendbund für EC an.

Heimgegangen sind aus dem im Jahre 1933 bestandenen Brüderrat: Pfarrer Jakubski, Wasserbauinspektor Braemer, Stadtoberinspektor Pirow, Kaufmann Otto Kogelschatz, Dekorateur Otto Gauen, Karl Kampmann, Prediger P. Manitz. Kaufmann Ernst Karin, Prediger Max Sommer, Stadtvormund Richter, Kunstmaler Ringhandt, Kaufmann Hermann Furchner.

Heimgegangen von den beruflich angestellten Geschwistern: Fritz Kreuter, Paul Manitz, Alma Stillger, Anna Behrendt, Marg. von Münnich, Max Sommer, Prediger Br. Fritz gilt als vermißt.

Prediger Schwarck ist ausgeschieden, Prediger Fritz Felgentreu ging in eine Arbeit der Berliner Stadtmission, ebenso auch unser Prediger Schönleben.

Katechet Br. Erich Meyer dient als Prediger der Gemeinschaft in Berlin-Schmargendorf und Prediger Fritz Schmidt dient der Gemeinschaft in Berlin-Friedenau und der Gemeinschaft in Berlin-Wedding. Br. Schmidt brachte auch zum 100jährigen Geburtstag des Grafen Pückler am 13. September 1953 einen Rückblick im Verteilblatt „Kraft und Licht". Die Gemeinschaft St. Michael begann diesen Tag des Gedenkens mit einer Feier in der Nazarethkirche am Wedding.

Der Geschäftsführende Verein der Christlichen Gemeinschaft St. Michael zu Berlin e.V. setzt sich gegenwärtig aus folgenden Personen zusammen:
1. Vorsitzender: Heinz Krüger, Korrespondent
2. Vorsitzender: Martin Berndt, Polizeimeister
Schriftführer: Max Huuk, Geschäftsführer
Schatzmeister: (noch offen)
Beisitzer: Johannes Vollbrecht, Fritz Knoll, Wrasse
Mitglieder: Gemeinschaft Wedding (Schellong), Gemeinschaft Gesundbrunnen (Förster und Zachrau). Gemeinschaft Süd-West (Bierhals), Gemeinschaft Schmargendorf (Amlung), Gemeinschaft Niederschönhausen (Bergmann), Hohenschönhausen (Mau), Schreinerstraße (Rabbel)

Der Vorstand der Christlichen Gemeinschaft St. Michael, Berlin N 65, Schönwalder Straße 21:
I. Vorsitzender: Fritz Knoll
2. Vorsitzender: Max Diedrich
Kassiererin: Martha Wehner
Schriftführer: Herberth Burkhardt
Prediger: Fritz Schmidt
Beisitzer: Willi Jonske, Gerhard Schellong, Adele Gabriel, Berta Buchholz

Lasset uns ihn lieben, denn er hat uns zuerst geliebt (1. Joh. 4,19)

Übersicht über die Geschichte der Christlichen Gemeinschaften St. Michael
Autor: Max Diedrich (1958)

Kapitel 1 - Die religiöse Lage in Berlin um 1880
Kapitel 2 - Eduard Graf von Pückler
Kapitel 3 - Die Entstehung der St.-Michaels-Gemeinschaft
Kapitel 4 - Gemeinschaft - Gemeinschaftsbewegung - Kirche
Kapitel 5 - Die St.-Michaels-Gemeinschaft in ihrem inneren Aufbau
Kapitel 6 - Das St.-Michaels-Werk im äußeren Wachstum
Kapitel 7 - Graf Pückler in seiner Bedeutung für das Reich Gottes
Kapitel 8 - Die Gemeinschaften und Sonderarbeiten
Kapitel 9 - Die religiöse Lage in Berlin um 1955

Überarbeitung von Hellmut Hentschel (2010)

Kapitel 1 - Die religiöse Lage in Berlin um 1880 (überarbeitet 2010)
Kapitel 2 - Eduard Graf von Pückler (überarbeitet 2010)
Kapitel 3 - Die Entstehung der St.-Michaels-Gemeinschaft (überarbeitet 2010)

Geschichte der Christlichen Gemeinschaften St. Michael der Dekade 1870 / Dekade 1880 / Dekade 1890 / Dekade 1900 / Dekade 1910 / Dekade 1920 / Dekade 1930 / Dekade 1940 / Dekade 1950 / Dekade 1960 / Dekade 1970 / Dekade 1980 / Dekade 1990 / Dekade 2000 / Dekade 2010
Jahres-Chroniken ab 1870 (in Bearbeitung)