Chronik 02.1871
DIE EREIGNISSE IM FEBRUAR 1871
DIE SCHLAGZEILEN DES MONATS
Deutschland und Frankreich schließen "Vorfrieden"
Frankreich tritt Elsass und Lothringen an Deutschland ab, allerdings ohne Belfort
Frankreich soll 5 Mrd. Francs Reparation bezahlen; bis dahin bleiben deutsche Truppen in Ostfrankreich
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(nach Geburtsjahr geordnet) | ||||
| Jahres-Chroniken | ||||||
| Länderchroniken | ||||||
| Nation | Name | Regierungszeit | ||
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Premierminister William Ewart Gladstone |
1868-1874 | |||
Kanzler Otto Graf von Bismarck |
(1873)1871-1890 | |||
Ratspräsident Jules Dufaure |
1871-1873 | |||
| Chronik 1861 / Chronik 1862 / Chronik 1863 / Chronik 1864 / Chronik 1865 / Chronik 1866 / Chronik 1867 / Chronik 1868 / Chronik 1869 | |
| Chronik Januar 1870 / Februar 1870 / März 1870 / April 1870 / Mai 1870 / Juni 1870 / Juli 1870 / August 1870 / September 1870 / Oktober 1870 / November 1870 / Dezember 1870 | |
| Chronik Januar 1871 / Februar 1871 / März 1871 / April 1871 / Mai 1871 / Juni 1871 / Juli 1871 / August 1871 / September 1871 / Oktober 1871 / November 1871 / Dezember 1871 |
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* Besetzung Paraguays durch Brasilien (seit März 1870)
* Deutsch-Französischer Krieg (seit 19. Juli 1870) | |||||
| Deutsches Kaiserreich Im Zuge der Reichsgründung befürchtet man in Ostfriesland einen endgültigen Verlust der althergebrachten Selbstverwaltung, was zu einem Aufstand führt. Den Anführern des „Friesenaufstandes“ gelingt es dabei auch, interfriesische Bande nach Nordfriesland zu spinnen. Ziel des Aufstandes ist es, im Zuge der Reichsgründung mehr Rechte für das Volk der Friesen zu gewinnen. Dabei kommt es sowohl in Ost- als auch in Nordfriesland zu kleineren Ausschreitungen, vor allem aber in der dortigen Provinz. So wird in Greetsiel in Ostfriesland angeblich der dortige Vertreter des preußischen Königs, ein Hafen- und Zollwart, von Bauern mit Forken aus der Stadt gejagt. Ähnliche Ausschreitungen gegen preußische Beamte gibt es dem Vernehmen nach auch in Esens, Groothusen und Aurich, wo die preußischen Polizeibeamten allerdings angesichts der wenigen Demonstranten die Situation schnell beruhigen können. | |||||
Zwischen deutschen und französischen Streitkräften findet bei Montréal-la-Cluse im Département Ain in der Region Rhône-Alpes ein Gefecht statt. Vermutlich handelt es sich hier um den weitesten Vorstoß deutscher Truppen nach Süden seit Beginn des Krieges. | |||||
| Französische Republik / Schweizerische Eidgenossenschaft Der französische General Justin Clinchant, der am 26. Januar den Oberbefehl über die Ostarmee übernommen hat, nachdem sein Vorgänger General Charles Denis Bourbaki einen Selbstmordversuch unternommen hatte, unterzeichnet gegen 3 Uhr morgens beim Oberbefehlshaber der Schweizer Grenztruppen General Hans Herzog den Vertrag von Les Verrières zum Übergang seiner Soldaten in die Schweiz. | |||||
Deutsches Kaiserreich / Königreich Preußen
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| Deutsches Kaiserreich / Königreich Preußen Fürst Hermann Ludwig Heinrich von Pückler-Muskau (* 30. Oktober 1785 auf Schloss Muskau) stirbt auf Schloss Branitz bei Cottbus. Er war ein deutscher Standesherr, Landschaftsarchitekt, Schriftsteller und Weltreisender und ein bekanntes Mitglied der „gehobenen Gesellschaft“. Hermann von Pückler-Muskau war der Sohn des Grafen Ludwig Carl Hans Erdmann von Pückler und der 15-jährigen Reichsgräfin Clementine von Callenberg. Durch seine Mutter war er Erbe der Standesherrschaft Muskau, der größten deutschen Standesherrschaft. Er wuchs zunächst in schwierigen familiären Verhältnissen auf. Seine Mutter, so formulierte er es als 16-Jähriger in einem Brief an den Vater, behandelte ihn wie ein Spielzeug „ohne selbst zu wissen, warum sie mich bald schlug, bald liebkoste“. Der Vater Erdmann Graf Pückler galt als mürrisch und tatenarm. In demselben Brief beschrieb Pückler seine Erziehung wie folgt: „In den frühen Jahren meiner Kindheit finde ich mich in den Händen theils dummer, theils roher Bedienten, die mich ziemlich nach Gefallen behandelten.“ Einzig sein Großvater Graf von Callenberg und sein Hauslehrer Andreas Tamm mochten den jungen Grafen, letzterer wurde jedoch früh zum Gehen gezwungen. Nach dem Tod des Großvaters wurde der Siebenjährige 1792 für vier Jahre zu den Herrnhutern nach Uhyst, dann aufs „Pädagogium“ nach Halle und schließlich auf das Philanthropinum in Dessau geschickt. Die streng pietistische Erziehung an der „herrenhutischen Heuchelanstalt“ (Zitat von Pückler) in Uhyst begründete seine spätere Abneigung gegen den Protestantismus. Wo er sich religiös äußerte, trat ein Mensch hervor, der Gott allenfalls in der Natur suchte. Im hohen Alter konvertierte er zur römisch-katholischen Kirche. 1801 immatrikulierte er sich 16-jährig zum Studium der Rechte an der Universität Leipzig, brach dies jedoch frühzeitig ab und begann eine militärische Laufbahn, (1802–1806 Offizier im sächsischen Garde du Corps in Dresden), um schließlich ausgedehnte Reisen – oft zu Fuß – in die Provence und nach Italien zu unternehmen. 1811 wurde er Standesherr, übergab bald die Verwaltung seinem Freunde, dem Dichter Leopold Schefer, nahm dann in russischen und sachsen-weimarischen Diensten als Kavallerieoffizier im Feldzug gegen Napoleon teil (kurzzeitig Militärgouverneur von Brügge). 1812 bereiste er zusammen mit Leopold Schefer das erste Mal England, wo er angesichts der dortigen Parks seine Berufung zum Gartenkünstler entdeckte. Nach dem Wiener Kongress 1815 fiel Pücklers Teil der Lausitz von Sachsen an Preußen. Nach Schätzungen von Historikern war Pückler einer der fünfzehn größten Landbesitzer im Königreich Preußen. Am 9. Oktober 1817 erfolgte die Heirat mit der neun Jahre älteren Lucie von Hardenberg (1776?1854), geschiedene von Pappenheim, Tochter des preußischen Staatskanzlers Karl August von Hardenberg. 1822 wurde Pückler gefürstet. 1826 kam es pro forma zur Scheidung von Lucie, mit der er dessen ungeachtet lebenslang freundschaftlich zusammen blieb. Der verschuldete Park- und Gartengestalter wollte nach England reisen, um erneut reich zu heiraten. Auf der Suche nach einer vermögenden Erbin verbrachte Pückler zwischen 1825 und 1829 viele Monate dort. Er bewunderte den Lebensstil des englischen Landadels, den er als das beste Element in der englischen Gesellschaft betrachtete. Dennoch kritisierte er in den Briefen an Lucie mit scharfen Worten die rücksichtslose Vertreibung der Landbevölkerung in Irland durch englische Adelige, die in Irland die Schafzucht intensivierten. Er fand keine Braut, dafür wurden seine Reiseberichte ein literarischer und finanzieller Erfolg in Deutschland, dann auch in England und den USA. Der Fürst beschloss nun, nach Nordamerika zu reisen, doch wegen eines Duells verpasste er die Schiffsabfahrt. Pückler erreichte im Mai 1837 Meroe im Sudan und ließ seinen Namen an den dortigen Pyramiden eingravieren, ebenso wie an den Tempeln des nahe gelegenen Musawwarat. Stattdessen unternahm er eine Reise über Algier nach Ägypten, wo er vom Khediven Muhammad Ali Pascha als Staatsgast empfangen wurde und für seinen Aufenthalt einen Palast mit Personal erhielt, und weiter in den Sudan, bis er 1838 südlich von Khartum entkräftet den Rückweg antrat. Ferner reiste er in den Nahen Osten – nach Konstantinopel – er versuchte später erfolglos, dort preußischer Botschafter zu werden – und nach Griechenland. Politisch vertrat er liberale Positionen und stand den preußischen Reformern um den Freiherrn vom Stein nahe. So plädierte er für eine politische Selbstverwaltung auf kommunaler Ebene. Dies, dazu sein erklärter Pantheismus und sein extravaganter Lebensstil machten ihn im illiberalen Preußen der Biedermeier-Ära suspekt. Auf der anderen Seite beteiligte Pückler sich jedoch, ganz der offiziellen deutschnationalen Linie folgend, aktiv an der Germanisierung seiner überwiegend sorbischen Untertanen und vernachlässigte die Volksbildung in seiner Herrschaft. Da er sich mit der Anlage seines ersten Parks in Muskau finanziell übernommen hatte, verkaufte er 1845 die Standesherrschaft Muskau. Er zog auf sein Erbschloss Branitz bei Cottbus. Den Erlös aus dem Verkauf von Muskau verwendete er, um das Schloss Branitz (unter starkem Einfluss von Gottfried Semper) umbauen zu lassen und um erneut einen Landschaftspark nach englischem Vorbild, den späteren Fürst-Pückler-Park, anzulegen. Fürst Pückler war als tollkühn und rastlos bekannt ? 1815 sein Aufstieg mit einem Freiballon, 1837 seine Reise zu den Nilkatarakten. Noch als 81-jähriger nahm er 1866 als Titular-General am preußischen Feldzug gegen Österreich-Ungarn teil und bewarb sich ? jedoch erfolglos ? vier Jahre später um eine Teilnahme am Feldzug gegen Frankreich. Bis zu seinem Tod im Jahr 1871 widmete er sich der Schriftstellerei (er war der erste deutsche Schriftsteller, der Kohlepapier für Durchschläge benutzte). Da eine Einäscherung Verstorbener damals aus religiösen Gründen verboten war, griff er zu einer provokanten List und verfügte, dass sein Herz in Schwefelsäure aufzulösen sei und der Körper in Ätznatron, Ätzkali und Ätzkalk gebettet werden solle. So wird er am 9. Februar 1871 im Tumulus ? einer Seepyramide im Parksee des Branitzer Schlossparks – beigesetzt werden. Da er kinderlos war, fallen sein Schloss und sein Park nun an den Majoratsnachfolger, seinen Vetter, den Reichsgraf Heinrich von Pückler, Barvermögen und Inventar an seine Nichte Marie von Pachelbl-Gehag, geb. von Seydewitz. Den literarischen Nachlass des Fürsten erbt die Schriftstellerin Ludmilla Assing mit der Auflage, die Biographie des Autors zu schreiben und seine ungedruckten Briefwechsel und Tagebücher zu veröffentlichen. | |||||
| Französische Republik / Deutsches Kaiserreich Ende der seit 8. November 1870 andauernden Belagerung von Belfort in der Franche-Comté durch deutsche Truppen. | |||||
| Deutsches Kaiserreich / Königreich Preußen Der Potsdamer Physiologe und Physiker Hermann Helmholtz wird zum Professor für experimentelle Physik an die Berliner Universität berufen und wird Direktor des Physikalischen Institutes. Als Universalgelehrter ist er derzeit einer der vielseitigsten Naturwissenschaftler und wird auch „Reichskanzler der Physik“ genannt. Er ist der Nachfolger des im Vorjahr verstorbenen Ordinarius der Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin, Heinrich Gustav Magnus. Der 50 Jahre alte Helmholtz gilt als einer der größten, vielseitigsten Denker und Forscher in Deutschland. Mit großem Aufwand soll er von der gebildeten Bevölkerung Heidelbergs verabschiedet werden. Im Vorjahr wurde Helmholtz Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften. | |||||
| Deutsches Kaiserreich / Königreich Preußen / Vereinigte Staaten von Amerika (New York) Der deutsche Klavierbauer Henry E. Steinway (* 15. Februar 1797 in Wolfshagen im Harz als Heinrich Engelhard Steinweg) stirbt in New York. Aufgrund der unruhigen politischen Lage übergab Steinweg 1850 das Braunschweiger Geschäft seinem Sohn Theodor. Am 28. Mai 1850 emigrierte er mit vier anderen Söhnen nach New York, wo sie zunächst in mehreren Klavierfabriken arbeiteten. 1853 machten sie sich selbstständig. Heinrich Steinweg anglisierte 1854 seinen Namen. Die Firma hieß seitdem Steinway and Sons. Das Geschäft nahm schnell einen enormen Aufschwung, nachdem es 1855 auf der New Yorker Industrieausstellung den ersten Preis für seine kreuzsaitigen Pianofortes, einer Entwicklung von Henry Steinway jr., erhalten hatte. 1856 wurde der erste Flügel gebaut. 1866 errichtete die Firma einen eigenen Konzertsaal in New York, die Steinway Hall, damals einer ihrer größten Konzertsäle. Theodor Steinweg verkaufte 1865 die Braunschweiger Firma an Wilhelm Grotrian (sie existiert noch 150 Jahre später unter dem Namen Grotrian-Steinweg) und trat in das New Yorker Geschäft ein, nachdem seine Brüder Heinrich am 11. März 1865 in New York und Karl am 31. März 1865 in Braunschweig gestorben waren. | |||||
| Deutsches Kaiserreich / Französische Republik Nach der verlorenen Schlacht an der Lisaine vom 15. bis 17. Januar und dem Ausschalten der Ostarmee gibt es für Frankreich keine Hoffnung mehr auf einen Entsatz der belagerten Festung von Belfort, die zwar noch weiter Widerstand leistete, aber nun vor den Deutschen kapitulieren musste. Die koordinierten Versuche französischer Verbände im Winter 1870/1871, die Initiative zurückzugewinnen, waren gescheitert. Die Ausfälle von Paris (Schlacht bei Buzenval) hatten ebenso wenig Erfolg gebracht, wie die Angriffe aus dem Norden (Schlacht bei Saint-Quentin) und Westen (Schlacht bei Le Mans). Diese Serie von Fehlschlägen hatte neben der militärischen auch eine erhebliche moralische Wirkung auf die französische Bevölkerung. Nach der Schlacht an der Lisaine war ein Waffenstillstand ausgehandelt worden, der aber die Gebiete in Ostfrankreich ausdrücklich ausnahm, so dass die Verfolgung und anschließende Ausschaltung der Ostarmee durch die deutschen Verbände rechtlich zulässig blieb. | |||||
| Französische Republik Die französische Nationalversammlung wählt den Historiker und gemäßigten Republikaner Adolphe Thiers zum Chef der provisorischen Regierung. Von 1830 bis 1851 sowie von 1863 bis 1877 gehörte er dem französischen Parlament an. Thiers wurde in eine Beamtenfamilie geboren: Sein Vater Pierre-Louis-Marie Thiers, ein Beamter des Stadtarchivs, später Unternehmer, war der älteste Sohn des früheren Bürgermeisters und Parlamentsadvokaten Louis-Charles Thiers. Seit 1806 besuchte er das Lyzeum seiner Heimatstadt, 1815 begann er in Aix-en-Provence Jura zu studieren. 1820 wurde er als Rechtsanwalt zugelassen, fühlte sich jedoch mehr zur Literatur als zum Anwaltsberuf hingezogen und beschäftigte sich in seiner Freizeit auch mit historischen Studien.[1] Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Thiers lebte ab 1821 in Paris und schloss sich dort liberalen Kreisen an. Talleyrand wurde sein Förderer. Schnell stieg Thiers zum wichtigsten Journalisten des Constitutionnel auf, des wichtigsten Blattes der liberalen Bewegung. Später wurde er Mitbegründer der radikaleren liberalen Zeitung Le National, die eine konstitutionelle Monarchie forderte und damit zum Sprachrohr der Julirevolution 1830 wurde. Mit der Veröffentlichung von Thiers’ Geschichte der französischen Staatsumwälzung (Histoire de la Révolution française) (1823 bis 1827) begann allgemein eine neue, positivere Sichtweise der französischen Revolution; Thiers war vor allem ein Bewunderer Napoleons. 1830 war Thiers der entscheidende Fürsprecher der Herrschaftsübernahme durch den „Bürgerkönig“ Louis Philippe. Bei der auf die Revolution folgenden Wahl wurde Thiers zum Abgeordneten gewählt und in den Staatsrat entsandt. In den Jahren 1832 bis 1836 bekleidete Thiers nacheinander mehrere Ministerämter. Vom 22. Februar bis zum 5. September 1836 sowie vom 1. März bis zum 28. Oktober 1840 war er Ministerpräsident. Die innenpolitische Krise suchte er durch außenpolitische Erfolge zu überspielen. In der Orientkrise unterstützte Frankreich unter Thiers die ägyptischen Separationsbestrebungen, musste jedoch wegen der entschiedenen Haltung der verbündeten Großmächte Großbritannien, Russland, Preußen und Österreich einlenken. Von diesem Misserfolg sollte mit der Rheinkrise abgelenkt werden, die durch französische Forderungen nach dem Rhein als französischer Ostgrenze ausgelöst wurde. Die Ausweitung des französischen Einflusses bis an den Rhein sowie im Mittelmeer waren Thiers’ zentrale politische Forderungen. Nicht zuletzt dadurch geriet er in Konflikt mit dem König und mit großbürgerlichen Kreisen, worauf er im Oktober 1840 – nach den Misserfolgen in der Orientkrise und der Rheinkrise[2] – zurücktreten musste und ins oppositionelle Lager wechselte. Allerdings wandte sich Thiers noch stärker gegen die radikale republikanische Linke als gegen Louis Philippe und Ministerpräsident François Guizot. Nach dem Sturz Louis Philippes 1848 verfolgte Thiers eine liberal-konservative Politik und bekämpfte die politische Linke. In seinen Vorstellungen von einer „konservativen Republik“ wandte er sich unter anderem gegen das 1848 eingeführte allgemeine Wahlrecht und befürwortete einen großen Einfluss der katholischen Kirche im Bildungswesen. Thiers hielt zwar Napoleon Bonaparte für einen großen Mann, weigerte sich jedoch, dessen Neffen Napoleon III. bei seinem Staatsstreich zu unterstützen. Dafür wurde er 1851 verhaftet und ins Exil getrieben. Von seiner Rückkehr ins Parlament 1863 an avancierte Thiers zur Leitfigur der liberalen Opposition gegen Kaiser Napoleon III. Vor dem Ausbruch des Deutsch-Französischen Krieges 1870 gehörte er zu den entschiedensten Kriegsgegnern. Der Regierung der nationalen Verteidigung blieb er fern, unternahm jedoch im Auftrag ihres Außenministers Jules Favre im Herbst 1870 eine letztlich erfolglose sechswöchige Reise in verschiedene europäische Hauptstädte (u. a. London und Sankt Petersburg) mit dem Ziel, Unterstützung für die französische Seite zu organisieren.[1] Thiers wurde wegen seiner Haltung während der Belagerung von Paris durch die deutschen Truppen vor allem von linker und linksextremer Seite vorgeworfen, die Sache Frankreichs zu verraten. Am 17. Februar 1871 wurde er von der am 8. Februar gewählten Nationalversammlung zum „Chef der Exekutive“ gewählt und – zusammen mit Favre – mit der Führung der Friedensverhandlungen mit Otto von Bismarck beauftragt. Um die Putschgefahr durch die das Wahlergebnis nicht respektierenden Teile der Pariser Nationalgarde und ihres Führungspersonals zu verringern, befahl Thiers der Armee, sich wieder in den Besitz der zuvor gestohlenen rund 400 Kanonen zu setzen, was jedoch scheiterte und den Aufstand der Pariser Kommune unmittelbar auslöste. Ende Mai 1871 wurde dieser Aufstand von den verfassungsmäßigen Gewalten Frankreichs unter seiner Leitung niedergeschlagen. Inwieweit die dabei angewandte Gewalt diejenige, mit welcher die Kommune gegen inneren Widerstand vorging, bei weitem übertraf[3] oder ob sie angesichts der Tatsache, dass die Versailler Truppen in weiten Teilen der Stadt als Befreier und als Retter vor "der Schreckensherrschaft von Banditen" und ihrer allgemeinen Brandstiftung im Angesicht der Niederlage begrüßt wurden,[4] in ihrem Ausmaß nachvollziehbar war, ist eine Frage der persönlichen und politischen Perspektive. Karl Marx kritisierte Thiers in extremer Weise als prinzipien- und skrupellosen Opportunisten, der nur auf den eigenen Vorteil bedacht gewesen sei. In seiner Adresse der 1. Internationale zum „Französischen Bürgerkrieg“ schrieb er: „Thiers war konsequent nur in seiner Gier nach Reichtum und in seinem Hass gegen die Leute, die ihn hervorbringen. Er trat in sein erstes Ministerium unter Louis-Philippe arm wie Hob [Hiob]; er verließ es als Millionär.“[5] Andererseits beweist das Wahlergebnis vom 8. Februar, dass Thiers damals der mit gewaltigem Abstand populärste Staatsmann Frankreichs war: Er wurde in 26 Départements gewählt (darunter auch in Paris, wo er das Mandat annahm), was eine einmalige Ausnahme darstellt. | |||||
| Deutsches Kaiserreich Der evangelische Prediger Karl Wilhelm Moritz Snethlage stirbt in Berlin. Snethlage war von 1844 Hof- und Domprediger, von 1863 Oberhofprediger und unter anderem Mitglied im Kuratoriium des Diakonissen-Krankenhauses Bethanien in Berlin. | |||||
| Deutsches Kaiserreich / Französische Republik In Versailles handeln der deutsche Reichskanzler Otto von Bismarck und der provisorische französische Staatspräsident Adolphe Thiers einen sogenannten "Präliminarfrieden" ("Vorfrieden") aus und beenden damit die Kampfhandlungen im Deutsch-Französischen Krieg. Die Bedingungen dieses Vorfriedens sind:
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