Deutsches Kaiserreich 1871
DEUTSCHES KAISERREICH
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Chronik des Deutschen Bundes des Jahres ... 1861 - 1862 - 1863 - 1864 - 1865 - 1866 | ||||||||||||||||||||||||||||||||||
Chronik des Norddeutschen Bundes des Jahres ... 1866- 1867- 1868 - 1869 - 1870 | ||||||||||||||||||||||||||||||||||
Chronik des Deutschen Bundes ... des Zeitraums vom 15.11. bis zum 10.12.1870 | ||||||||||||||||||||||||||||||||||
Chronik des Deutschen Reiches ... zwischen 10.12.1870 und 17.01.1871 | ||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Deutsches Kaiserreich / Norddeutscher Bund / 25px Königreich Bayern / 25px Königreich Preußen / Königreich Württemberg / Großherzogtum Baden / Großherzogtum Hessen-Darmstadt / Französische Republik Im Spiegelsaal des Schlosses von Versailles wird König Wilhelm Friedrich Ludwig von Preußen, seit 1961 König von Preußen und seit 1866 Präsident des Norddeutschen Bundes, zum Deutschen Kaiser ausgerufen. Damit entsteht aus dem Norddeutschen Bund und den vier süddeutschen Staaten Bayern, Württemberg, Baden und Hessen-Darmstadt unter preußischer Führung der erste deutsche Nationalstaat. Wilhelm ist der zweite Sohn des Kronprinzenpaares Friedrich Wilhelm von Preußen und Luise von Mecklenburg-Strelitz, Tochter des Herzogs Karl II. von Mecklenburg-Strelitz. Seine Erziehung wurde von Johann Friedrich Gottlieb Delbrück übernommen, der zuvor Rektor des Magdeburger Pädagogiums gewesen war. Am 1. Januar 1807 – Preußen hatte am 14. Oktober 1806 bei Jena und Auerstedt eine vernichtende Niederlage gegen Napoleon hinnehmen müssen – ernannte sein Vater den neunjährigen Wilhelm zum Leutnant. Wilhelm war 13-jährig, als seine Mutter Luise verstarb. Seit März 1813 hatte Wilhelm einen neuen Erzieher in Gestalt des preußischen Oberst Johann Georg Emil von Brause erhalten, der ihm auch nach dem Ausscheiden aus der Gouverneursstellung im September 1817 in väterlicher Freundschaft lebenslang verbunden blieb. 1814 begleitete er, zum Hauptmann ernannt, seinen Vater auf den Feldzug in Frankreich, erwarb sich bei seiner Feuertaufe bei Bar-sur-Aube am 26. Februar das Eiserne Kreuz II. Klasse, zog am 31. März mit in Paris ein, folgte seinem Vater auch beim Besuch in England und führte, am 8. Juni 1815 konfirmiert und zum Major ernannt, ein Bataillon des 1. Garderegiments von neuem nach Frankreich, wo indes der Krieg schon zu Ende war. Am 1. Januar 1816 erhielt er das Kommando des Stettiner Gardelandwehrbataillons, 1818 als Generalmajor das Kommando einer Gardeinfanteriebrigade, am 1. Mai 1820 den Oberbefehl über die 1. Gardedivision und wurde zum Generalleutnant befördert. Am 22. März 1824 übernahm er die Führung des III. Armeekorps, schließlich kommandierte er von 30. März 1838 bis 22. Mai 1848 das Gardekorps. Nachdem er 1826 auf die Heirat mit der Prinzessin Elisa Radziwill verzichtet hatte, weil diese vom König nicht als ebenbürtige Partnerin eines preußischen Prinzen angesehen wurde, vermählte er sich am 11. Juni 1829 mit der Prinzessin Augusta von Sachsen-Weimar-Eisenach, der Tochter des Großherzogs Karl Friedrich von Sachsen-Weimar-Eisenach, deren Schwester Maria die Gemahlin seines jüngeren Bruders Karl war. Die Ehe kam letztendlich auf Betreiben seines Vaters zustande und verlief nicht sonderlich glücklich. Die intelligente, musisch begabte und am Weimarer Hof liberal erzogene Augusta war ihrem Mann intellektuell überlegen und fühlte sich am steifen und nüchternen Berliner Hof nicht wohl; Wilhelm fühlte sich dagegen von seiner Frau auch sexuell nicht angezogen. Ihm gelang es jedoch, seine Liebschaften sowohl vor seiner Frau als auch vor der Öffentlichkeit verborgen zu halten. Aus der Ehe gingen zwei Kinder hervor:
Zwei Fehlgeburten verhinderten weitere Kinder. Augusta war darüber hinaus auch politisch interessiert; sie versuchte zeitlebens, ihren Mann in Richtung einer liberaleren Haltung zu beeinflussen, was ihr wohl zeitweise (so galt Wilhelm in den fünfziger Jahren geradezu als die große Hoffnung der Liberalen), aber nicht dauerhaft gelang. Otto von Bismarck schrieb viele Jahre später in seiner Autobiographie Gedanken und Erinnerungen über Wilhelms eigenwillige Gemahlin, dass sie zwar von hohem Pflichtgefühl getragen sei, aber aufgrund ihres königlichen Empfindens keine Autorität als ihre eigene gelten ließe. Nach dem Tod seines Vaters (1840) erhielt er als präsumtiver Thronfolger seines Bruders Friedrich Wilhelm IV. den Titel „Prinz von Preußen“ und wurde bald darauf zum General der Infanterie befördert. Im März 1848 setzte sich Prinz Wilhelm unter dem Druck der Ereignisse der Märzrevolution zwar für die Bewilligung einer konstitutionellen Verfassung ein, wollte aber dennoch die Barrikadenrevolution vom 18. März 1848 in Berlin unter der Führung des Kommandanten der Bürgerwehr, Major Otto Rimpler, mit militärischer Gewalt niederschlagen lassen. Er plädierte dafür, das Militär aus der Stadt abzuziehen und diese von außen mit Kanonen (Kartätschen) sturmreif zu schießen. Deswegen wurde er „Kartätschenprinz“ genannt. Nach den Forschungen von Rüdiger Hachtmann von 1997 blieb dem preußischen Militär am 19. März angesichts der heftigen Barrikadenkämpfe nur der Weg des Rückzugs, wollte es unter dem zermürbenden Straßenkampf nicht nach und nach aufgerieben, politisiert oder nervlich zerrüttet werden. Prinz Wilhelm war wegen seines Plädoyers für eine militärische Lösung bei den Anhängern der Revolution derart verhasst, dass er vom klug taktierenden König den Befehl erhielt, umgehend nach London zu reisen. Am 20. März wurde das Berliner Palais des Prinzen durch einen einfachen Mann vor Brandstiftung und Zerstörung gerettet, der auf die Wand die Worte „National-Eigentum“ schrieb. Der Prinz floh mit Hilfe des Majors im Stab des Gardekorps August Friedrich Oelrichs aus Berlin und reiste unter dem Decknamen Wilhelm Oelrichs am 23. und 24. März nach London. Bei der Abreise soll Augusta den Major schriftlich instruiert haben, „welche Ansichten“ er „dem Prinzen gegenüber geltend zu machen habe“. In London verkehrte Wilhelm mit Prinzgemahl Albert, Robert Peel, John Russell, Henry John Palmerston und anderen Staatsmännern und klärte seine politischen Anschauungen. An den deutschen Einheitsbestrebungen nahm er lebhaften Anteil. Die Berliner sangen derweil Spottlieder auf ihn: "Schlächtermeister Prinz von Preußen, komm doch, komm doch nach Berlin! Wir wollen dich mit Steinen schmeißen und die Barrikaden ziehn." Prinzessin Augusta weilte derweil mit den zwei Kindern in Potsdam. Anfang Juni kehrte Wilhelm nach Berlin zurück. Am 30. Mai hatte sich der Prinz in Brüssel öffentlich und schriftlich zur konstitutionellen Regierungsform für Preußen bekannt und so auf die Demonstration von 10.000 Berlinern gegen seine Rückkehr reagiert. Zum Abgeordneten in die preußische Nationalversammlung gewählt, nahm er zwar das Mandat an, aber, nachdem er in einer kurzen Rede seine konstitutionellen Grundsätze dargelegt hatte, kündigte er die Niederlegung seines Abgeordnetenmandats an und kehrte nach Potsdam zurück. Im September ernannte der König auf seinen Vorschlag einige Minister des neuen gegenrevolutionären Ministeriums des Generals von Pfuel. Am 8. Juni 1849 ernannte der Reichsverweser Johann von Österreich Wilhelm zum Oberkommandierenden der „Operationsarmee in Baden und in der Pfalz“, die aus den preußischen Korps Hirschfeld und Groeben und dem Neckarkorps des Deutschen Bundes bestand. Aufgabe war die Niederschlagung der Revolutionen in der Pfalz und in Baden. Nachdem Wilhelm bei Ingelheim einem Attentat entgangen war, unterwarf die Operationsarmee in wenigen Wochen die Aufständischen. Seit dem Feldzug gehörte der damalige Stabschef Hirschfelds und spätere Heeresreformer Albrecht von Roon zu Wilhelms persönlichem Umkreis. Mit der Einnahme der Festung Rastatt, der letzten Bastion der Revolutionäre, wurde zugleich auch die Märzrevolution in Deutschland endgültig niedergeschlagen. Die Siegesfeier fand mit dem gemeinsamen Einzug des Großherzogs Leopold von Baden und Wilhelms am 19. August in Karlsruhe statt. Am 12. Oktober zog er an der Spitze von Truppen, die in Baden gekämpft hatten, in Berlin ein und wurde zum Generalgouverneur der Rheinprovinz und der Provinz Westfalen ernannt. Seinen Wohnsitz nahm er in Koblenz, der Hauptstadt der Rheinprovinz. 1854 wurde er zugleich Generaloberst der Infanterie mit dem Rang eines Generalfeldmarschalls und Gouverneurs der Festung Mainz. Augusta und Wilhelm von Preußen residierten gemeinsam im Kurfürstlichen Schloss in Koblenz von 1850 bis 1858. Insbesondere Prinzessin Augusta fühlte sich in Koblenz wohl; hier hatte sie endlich die Gelegenheit, ein Hofleben zu gestalten, wie sie es aus ihrer Kindheit am Weimarer Hof gewöhnt war. Ihr Sohn Friedrich studierte im nahen Bonn Rechtswissenschaften und war damit der erste preußische Thronfolger, der eine akademische Ausbildung erhielt. Auch daran war Augustas Einfluss maßgeblich beteiligt. Am Koblenzer Hof verkehrten insbesondere auf das Betreiben von Prinzessin Augusta hin liberale Menschen wie der Historiker Maximilian Duncker, die Rechtsprofessoren August von Bethmann-Hollweg und Clemens Theodor Perthes sowie Alexander von Schleinitz.[3] Auch Wilhelm nahm unter dem Eindruck der 1848er Revolte eine politisch gemäßigtere Haltung an, die bei seinem regierenden Bruder auf Unwillen stieß. Kritisch wurde Prinzessin Augustas tolerante Haltung gegenüber dem Katholizismus beobachtet, die in der Koblenzer Zeit besonders offensichtlich wurde – eine Haltung, die man in einer Zeit, als die religiöse Konfession noch eine große Bedeutung hatte, bei einer preußisch-protestantischen Prinzessin als unpassend empfand. Die früher dem Prinzen ungünstige Stimmung war infolge seiner Zurückhaltung gegenüber den extremen Positionen der politischen und kirchlichen Reaktion und des Junkertums so sehr in das Gegenteil umgeschlagen, dass er, besonders seit den Verwicklungen mit Österreich und seit dem Krimkrieg, als Hauptvertreter der Machtstellung Preußens galt, und dass alle Hoffnungen der patriotischen und liberalen Partei sich ihm zuwandten, als er während der Erkrankung des Königs am 23. Oktober 1857 als dessen Stellvertreter und ab 7. Oktober 1858 als Regent an die Spitze der Regierung trat. Nachdem er am 26. Oktober den Eid auf die Verfassung geleistet hatte, berief er am 5. November das liberale Ministerium Hohenzollern („Neue Ära“) und legte am 8. November in einem Erlass an dieses seine Regierungsgrundsätze und Ziele dar. Zwar betonte er, dass von einem Bruch mit der Vergangenheit nicht die Rede sein könne; er erklärte sich aber entschieden gegen alle Scheinheiligkeit und Heuchelei; ebenso sprach er sich dagegen aus, dass Preußen sich in der auswärtigen Politik fremden Einflüssen hingebe, vielmehr müsse es durch eine weise Gesetzgebung, Hebung aller sittlichen Elemente und Ergreifung von Einigungsmomenten in Deutschland Eroberungen zu machen suchen. Diese Aussagen fanden im Volk und bei dem neu gewählten, überwiegend liberalen Abgeordnetenhaus Beifall, da vor allem der Einfluss der kirchlichen Reaktion und die russische Politik Friedrich Wilhelms IV. Unwillen hervorgerufen hatten, und wurden fast allein beachtet; viel zu wenig dagegen die Worte des Prinzen, in denen er von der notwendigen Heeresreform und den dazu erforderlichen Geldmitteln sprach, da Preußens Heer mächtig und angesehen sein müsse, wenn Preußen seine Aufgabe erfüllen solle. Dies sah der Prinz als seine Hauptaufgabe an, und der Verlauf der Ereignisse von 1859, als die Mobilmachung auf große Schwierigkeiten stieß und bedeutende Mängel im Heerwesen aufdeckte, konnte ihn nur darin bestärken. Die Majorität des Abgeordnetenhauses war jedoch nicht bereit, im Vertrauen auf des Prinzen konstitutionelle und deutsch-nationale Gesinnung und Politik die Mehrkosten der 1860 eingebrachten durchgreifenden Heeresreorganisation definitiv zu bewilligen. Nach dem Tod seines Bruders Friedrich Wilhelm IV. am 2. Januar 1861 bestieg Wilhelm den preußischen Thron. Am 18. Oktober 1861 fand die prachtvolle Krönungsversammlung in Königsberg in der Schlosskirche statt. Wilhelm setzte sich selbst die Krone aufs Haupt und nahm das Zepter, den Reichsapfel und das Reichsschwert vom Altar, danach krönte er seine Frau zur Königin und sagte: „Von Gottes Gnaden tragen Preußens Könige seit 160 Jahren die Krone. Nachdem durch zeitgemäße Einrichtungen der Thron umgeben ist, besteige ich als erster König denselben. Aber eingedenk, dass die Krone nur von Gott kommt, habe ich durch die Krönung an geheiligter Stätte bekundet, dass ich sie in Demut aus seinen Händen empfangen habe.“ Die Krönung stellte einen Kompromiss zwischen der von Wilhelm bevorzugten Erbhuldigung und der von der Verfassung vorgeschriebenen Eidesleistung des Königs im Parlament dar und verstärkte das Misstrauen gegen die konstitutionellen Ansichten des Königs. Interessanterweise stellt Menzel in seinem Gemälde „Krönung Wilhelms I.“ nicht die eigentliche Krönung, sondern die Eidesleistung des neuen Königs dar. In gleicher Weise wurde der König, als Statue, auch auf dem Kaiser-Wilhelm-Platz in Königsberg dargestellt. Die Neuwahlen am 6. Dezember 1861 wurden durch die neu gegründete Deutsche Fortschrittspartei sehr deutlich gewonnen (auf Anhieb mit 104 Abgeordneten in der Kammer). Mit dem Rücktritt des Ministeriums der Neuen Ära (17. März 1862), das der König fallen ließ, weil es im Abgeordnetenhaus die Bewilligung der Mittel für die tatsächlich bereits durchgeführte Heeresreorganisation nicht erreichen konnte, begann der Verfassungskonflikt. Der König hielt zäh an der Heeresreform fest, auch weil er die staatsrechtliche Grundsatzfrage des Verhältnisses von König und Parlament berührt sah. Da er sich in seinen Machtbefugnissen als souveräner Herrscher in Frage gestellt sah, dachte er zeitweise sogar an Abdankung. Die entsprechende Urkunde war bereits unterzeichnet, als Otto von Bismarck – auf Initiative des Kriegsministers Albrecht von Roon – den König von diesem Schritt abhielt. Bismarck erklärte sich bereit, als Ministerpräsident auch ohne genehmigten Haushalt (Lückentheorie) zu regieren und die Heeresreform durchzusetzen. Durch die Ernennung Bismarcks zum preußischen Ministerpräsidenten am 23. September 1862 und die Unterstützung seines Ministeriums gegen das Abgeordnetenhaus verlor der König seine frühere Popularität, wie sich besonders bei den 50-jährigen Erinnerungsfesten an die Befreiungskriege 1863 und an die Vereinigung verschiedener Provinzen mit Preußen 1865 zeigte. Während zugleich die Reformen im Innern völlig stockten, ja vielfach ein schroffes Polizeiregiment zur Herrschaft kam, ließ sich der König von Bismarck zu einer entschiedenen Politik in der deutschen Frage bestimmen. Erfolge in der Deutschlandpolitik sollten von dem autoritären Regiment im Inneren ablenken und die politischen Gegner mit der Zeit ins eigene Lager ziehen. Die erste Gelegenheit dazu bot der Deutsch-Dänische Krieg von 1864, in dem Preußen und Österreich gemeinsam als Wahrer deutscher Interessen in den mit Dänemark verbundenen Herzogtümern Schleswig und Holstein auftraten. Wie von Bismarck kalkuliert, kam es nach dem Sieg über die weitere Behandlung Schleswig-Holsteins zum Konflikt mit Österreich, mit dem Preußen damals noch immer um die Führung im Deutschen Bund konkurrierte. Der König erhielt das Siegestelegramm von der Schlacht bei Düppel auf der Rückfahrt von einer Truppeninspektion auf dem Tempelhofer Feld. Augenblicklich kehrte er um, um den Soldaten die Siegesbotschaft zu verkünden. Im Anschluss fuhr er zum Kriegsschauplatz, wo er am 21. April 1864, bei einer Parade auf einer Koppel zwischen Gravenstein und Atzbüll, den „Düppelstürmern“ persönlich dankte. Obwohl Wilhelm zunächst nur widerstrebend Bismarcks Politik gefolgt war, eine kriegerische Entscheidung gegen Österreich zu suchen, übernahm er im preußisch-österreichischen Krieg von 1866 selbst den Oberbefehl über das Heer und errang dank der überlegenen strategischen Planung des Generalstabschefs Helmuth von Moltke den kriegsentscheidenden Sieg in der Schlacht von Königgrätz. Bei den Friedensverhandlungen folgte er wiederum Bismarcks Rat und verzichtete, wenn auch ungern, auf die Annexion Sachsens, um Bismarcks deutsche Einigungspläne nicht zu durchkreuzen. Die durch den gewonnenen Krieg ausgelöste patriotische Begeisterung bot eine günstige Gelegenheit zur Beendigung des Verfassungskonflikts. Durch die Indemnitätsvorlage von 1866 genehmigte der preußische Landtag nachträglich die Staatshaushalte seit 1862. Wilhelm lenkte wieder stärker in liberale Bahnen ein. Die verhassten Minister der Konfliktsperiode wurden entlassen und machten Anhängern einer freisinnigen Reform Platz. Mit der Gründung des Norddeutschen Bundes vom 1. Juli 1867 wurde Wilhelm der Inhaber des Bundespräsidiums. Im Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 übernahm Wilhelm wieder den Oberbefehl über die gesamte in Frankreich einrückende Armee, befehligte selbst bei Gravelotte und bei der Schlacht bei Sedan; zudem leitete er von Oktober 1870 bis März 1871 von Versailles aus nominell die militärischen Operationen und die politischen Verhandlungen über die Gründung des Deutschen Reichs. Tatsächlich spielt auch hierbei Bismarck die wesentliche Rolle. Wilhelm war nur schwer davon zu überzeugen, Preußen künftig in einem gesamtdeutschen Nationalstaat aufgehen zu lassen, auch wenn er selbst an dessen Spitze treten sollte. Der Annahme des Titels Deutscher Kaiser widersetzte er sich noch bis zum Vorabend der Kaiserproklamation im Spiegelsaal von Versailles. Auf dem Palais Unter den Linden in Berlin wird nun die neue Kaiserstandarte gehisst. Die bisherige preußische Hauptstadt wird zur Kaiserstadt. Französische Republik / Deutsches Kaiserreich Bei St. Valbert und Clairegoutte im Département Haute-Saône in der Region Franche-Comté finden Gefechte zwischen deutschen und französischen Streitkräften statt. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||
Französische Republik / Deutsches Kaiserreich Bei Saint Quentin findet eine neue Schlacht zwischen der französischen Nordarmee unter dem Kommando von General Louis Léon César Faidherbe und der deutschen 1. Armee unter Kommando von General August Karl von Goeben statt. Am Vortag war es bei erster Feindberührung den deutschen Einheiten gelungen, die französischen Einheiten auf Saint Quentin abzudrängen. Obwohl zahlenmäßig unterlegen, versuchten die Deutschen sofort, die Franzosen an der Flanke zu umfassen und in der Stadt Saint-Quentin einzuschließen. Diese Umfassung gelang jedoch nicht, da sich die Franzosen nach mehreren erfolglosen eigenen Gegenangriffen rechtzeitig zurückzogen. Dieser Rückzug erfolgte nach Norden in Richtung Cambrai und wurde von der Artillerie gedeckt. Insgesamt ziehen sich die Gefechte von 08:00 Uhr bis nach 19:00 Uhr hin. Der Rückzug der Franzosen hat beinahe Fluchtcharakter und wird trotz der nur schwachen Verfolgung durch preußische Verbände sehr schwer und verlustreich. Nach der Schlacht und dem Rückzug stellt die Nordarmee für die deutsche Führung keine ernsthafte Bedrohung mehr dar. Die Verluste betragen nahezu ein Drittel der Truppenstärke, darunter besonders viele Gefangene. Außerdem sind auch sechs Geschütze und andere Ausrüstung verloren gegangen. Innerhalb von nur knapp einer Woche haben die Franzosen nunmehr vier schwere Niederlagen erlitten. Es gibt nach dieser Schlacht keinen Großverband mehr, der noch offensiv tätig werden kann. Die Höhe der Verluste wird in verschiedenen Quellen unterschiedlich beziffert. Meyers Konversationslexikon von 1888 gibt die Verluste auf beiden Seiten mit jeweils ca. 3.100 Mann und die Zahl der französischen Kriegsgefangenen mit 10.000 Mann an. Auch zu den Truppenstärken gibt es widersprüchliche Angaben. Für die deutsche Seite werden 33.000 Mann und für die französische ca. 40.000 angegeben. Die in der Schlacht an der Lisaine vor zwei Tagen geschlagene französische Ostarmee wird durch deutsche Verbände unter General August Graf von Werder verfolgt. Der geplante Rückzug in Richtung Lyon wird für General Charles Denis Bourbaki nicht mehr möglich. Die Täler des Jura in Richtung Lyon sind bereits von der neu gebildeten Südarmee mit dem 2. und 7. Korps unter dem Kommando General Edwin Freiherr von Manteuffels mit 60.000 Mann und 168 Geschützen besetzt worden. Die Reste der Ostarmee haben somit nur noch die Wahl einer Schlacht gegen zahlenmäßig starke, ausgeruhte, erfahrene und gut ausgerüstete deutsche Verbände, was für die völlig erschöpften und desorganisierten Truppen zu einer Katastrophe führen würde, und dem Übergang in die Schweiz, um das Leben zu retten. Beginn des Beschusses von Longwy im Département Meurthe-et-Moselle in der Region Lothringen durch deutsche Kanonen. Erneutes Gefecht bei St. Marie im Département Haute-Saône in der Region Franche-Comté zwischen deutschen und französischen Streitkräften. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||
Französische Republik / Deutsches Kaiserreich Die französischen Verbände im Ort Saint Cloud können ihre Stellungen noch länger erfolgreich gegen die deutschen Gegenangriffe halten, müssen sich aber am Morgen zurückziehen, um einer Einschließung zu entgehen. Für heute ist ein weiterer Angriff geplant. Die zurückgehenden Franzosen ziehen sich daher nur bis zum Fort Mont Valérien zurück und sammeln sich dort für einen weiteren Angriff. Dieser unterbleibt jedoch, wohl auch weil zu diesem Zeitpunkt bekannt geworden ist, dass die Loirearmee geschlagen wurde und das strategische Ziel einer Vereinigung nicht mehr erreicht werden kann. Die französische Gegenoffensive ist an allen Punkten gescheitert. General Louis Jules Trochu gibt das Oberkommando über Paris und seine 146.000 Verteidiger an General Joseph Vinoy ab, der die Verhandlungen über eine Kapitulation beginnt. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||
Französische Republik / Deutsches Kaiserreich Gefecht um Dôle im Département Jura in der Region Franche-Comté und Gefechte um Plombières-les-Bainsund in Daix im Département Vosges in der Region Lothringen zwischen deutschen und französischen Streitkräften. Die preußischen Truppen schließen den Belagerungsring um Belfort immer enger, jedoch bleiben alle Angriffe auf die Festung erfolglos. Belfort wird seit dem 3. November 1870 belagert. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||
Französische Republik / Deutsches Kaiserreich Gefecht um Pouilly-sur-Loire im Département Nièvre im äußersten Westen der Region Burgund sowie Gefechte bei Clerval im Arrondissement Montbéliard und bei Baume-les-Dames im Arrondissement Besancon, beide im Département Doubs in der Region Franche-Comté zwischen deutschen und französischen Streitkräften. Auf Dannemarie, ebenfalls im Département Doubs, wird eine Kanonade auf die Stadt veranstaltet. Außerdem findet bei Villers Farlay im Département Jura in der Franche-Comté ein Gefecht zwischen deutschen und französischen Streitkräften statt. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||
Französische Republik / Deutsches Kaiserreich
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Französische Republik / Deutsches Kaiserreich Die französische Ostarmee, die von deutschen Einheiten an die Grenze der Schweiz gedrückt wird, befindet sich in aussichtsloser Lage. Ihr Oberbefehlshaber General Charles Denis Bourbaki unternimmt einen Selbstmordversuch und wird durch General Justin Clinchant ersetzt. Den deutschen Verbänden von General Edwin Freiherr von Manteuffels und General August Graf von Werder gelingt es, die Ostarmee bei Pontarlier an der Schweizer Grenze einzuschließen. Ein weiteres Gefecht findet bei Salins (vermutlich Salins-les-Bains im Département Jura in der Region Franche-Comté) statt. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||
Französische Republik / Deutsches Kaiserreich Nach zweitägigem Beschuss durch schwere Krupp-Belagerungswaffen kapituliert Paris vor den deutschen Truppen. Außerdem zwingt drohende Lebensmittelknappheit in Paris nach mehrmonatiger Belagerung die französische Regierung im Deutsch-Französischen Krieg zum Einlenken. In Versailles wird ein zwischen Reichskanzler Graf Otto von Bismarck und Außenminister Jules Favre ausgehandelter Waffenstillstand vereinbart, der ausdrücklich nicht für die Départements Doubs, Côte-d’Or und Jura gilt. Faktisch beginnt damit die französische Niederlage. Die Franzosen werden von den Deutschen verpflichtet, binnen drei Wochen eine neue Nationalversammlung zu wählen, die über Krieg und Frieden zu entscheiden hat. Die Belagerung von Paris durch Truppen Preußens, Badens, Bayerns und Württembergs hatte am 19. September 1870 unter dem Befehl von Generalfeldmarschall Helmuth Graf von Moltke begonnen. Bis vor einer Woche war General Louis Jules Trochu Befehlshaber der französischen Verteidigungstruppen gewesen, bevor er von General Joseph Vinoy abgelöst wurde. Während die Belagerten 240.000 Mann unter Waffen hatten, bestanden die vereinigten deutschen Truppen aus 400.000 Mann. Während die Deutschen 12.000 Mann bei den Kämpfen verloren, haben die Franzosen 24.000 Tote und Verwundete zu beklagen. 147.000 Mann werden von deutschen Truppen zu Kriegsgefangenen. In Paris kommen 47.000 Zivilisten ums Leben. Im Deutsch-Französischen Krieg wurden seit 23. September 1870 in 66 Ballonfahrten im Raum Paris insgesamt 164 Personen, 281 Brieftauben, 5 Hunde und 10.675 Kilogramm Post befördert. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||
Deutsches Kaiserreich / Norddeutscher Bund / 25px Königreich Bayern / Königreich Württemberg / Großherzogtum Baden / Großherzogtum Hessen-Darmstadt Die Länder des Deutschen Kaiserreiches tauschen in Berlin die Ratifikationsurkunden zur Gründung des Deutschen Kaiserreiches aus. Französische Republik / Deutsches Kaiserreich | ||||||||||||||||||||||||||||||||||
Französische Republik / Deutsches Kaiserreich Gefecht um Frasne im Arrondissement Pontarlier im Département Doubs in der Region Franche-Comté zwischen deutschen und französischen Streitkräften. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||
Französische Republik / Deutsches Kaiserreich Gefecht bei Vaux im Arrondissement Metz-Campagne im Département Moselle in der Region Lothringen zwischen deutschen und französischen Streitkräften. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||
Deutsches Kaiserreich Im Zuge der Reichsgründung befürchtet man in Ostfriesland einen endgültigen Verlust der althergebrachten Selbstverwaltung, was zu einem Aufstand führt. Den Anführern des „Friesenaufstandes“ gelingt es dabei auch, interfriesische Bande nach Nordfriesland zu spinnen. Ziel des Aufstandes ist es, im Zuge der Reichsgründung mehr Rechte für das Volk der Friesen zu gewinnen. Dabei kommt es sowohl in Ost- als auch in Nordfriesland zu kleineren Ausschreitungen, vor allem aber in der dortigen Provinz. So wird in Greetsiel in Ostfriesland angeblich der dortige Vertreter des preußischen Königs, ein Hafen- und Zollwart, von Bauern mit Forken aus der Stadt gejagt. Ähnliche Ausschreitungen gegen preußische Beamte gibt es dem Vernehmen nach auch in Esens, Groothusen und Aurich, wo die preußischen Polizeibeamten allerdings angesichts der wenigen Demonstranten die Situation schnell beruhigen können. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||
Französische Republik / Deutsches Kaiserreich Zwischen deutschen und französischen Streitkräften findet bei Montréal-la-Cluse im Département Ain in der Region Rhône-Alpes ein Gefecht statt. Vermutlich handelt es sich hier um den weitesten Vorstoß deutscher Truppen nach Süden seit Beginn des Krieges. Französische Republik / 25px Schweizerische Eidgenossenschaft
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Deutsches Kaiserreich / 25px Königreich Preußen Fürst Hermann Ludwig Heinrich von Pückler-Muskau (* 30. Oktober 1785 auf Schloss Muskau) stirbt auf Schloss Branitz bei Cottbus. Er war ein deutscher Standesherr, Landschaftsarchitekt, Schriftsteller und Weltreisender und ein bekanntes Mitglied der „gehobenen Gesellschaft“. Hermann von Pückler-Muskau war der Sohn des Grafen Ludwig Carl Hans Erdmann von Pückler und der 15-jährigen Reichsgräfin Clementine von Callenberg. Durch seine Mutter war er Erbe der Standesherrschaft Muskau, der größten deutschen Standesherrschaft. Er wuchs zunächst in schwierigen familiären Verhältnissen auf. Seine Mutter, so formulierte er es als 16-Jähriger in einem Brief an den Vater, behandelte ihn wie ein Spielzeug „ohne selbst zu wissen, warum sie mich bald schlug, bald liebkoste“. Der Vater Erdmann Graf Pückler galt als mürrisch und tatenarm. In demselben Brief beschrieb Pückler seine Erziehung wie folgt: „In den frühen Jahren meiner Kindheit finde ich mich in den Händen theils dummer, theils roher Bedienten, die mich ziemlich nach Gefallen behandelten.“ Einzig sein Großvater Graf von Callenberg und sein Hauslehrer Andreas Tamm mochten den jungen Grafen, letzterer wurde jedoch früh zum Gehen gezwungen. Nach dem Tod des Großvaters wurde der Siebenjährige 1792 für vier Jahre zu den Herrnhutern nach Uhyst, dann aufs „Pädagogium“ nach Halle und schließlich auf das Philanthropinum in Dessau geschickt. Die streng pietistische Erziehung an der „herrenhutischen Heuchelanstalt“ (Zitat von Pückler) in Uhyst begründete seine spätere Abneigung gegen den Protestantismus. Wo er sich religiös äußerte, trat ein Mensch hervor, der Gott allenfalls in der Natur suchte. Im hohen Alter konvertierte er zur römisch-katholischen Kirche. 1801 immatrikulierte er sich 16-jährig zum Studium der Rechte an der Universität Leipzig, brach dies jedoch frühzeitig ab und begann eine militärische Laufbahn, (1802–1806 Offizier im sächsischen Garde du Corps in Dresden), um schließlich ausgedehnte Reisen – oft zu Fuß – in die Provence und nach Italien zu unternehmen. 1811 wurde er Standesherr, übergab bald die Verwaltung seinem Freunde, dem Dichter Leopold Schefer, nahm dann in russischen und sachsen-weimarischen Diensten als Kavallerieoffizier im Feldzug gegen Napoleon teil (kurzzeitig Militärgouverneur von Brügge). 1812 bereiste er zusammen mit Leopold Schefer das erste Mal England, wo er angesichts der dortigen Parks seine Berufung zum Gartenkünstler entdeckte. Nach dem Wiener Kongress 1815 fiel Pücklers Teil der Lausitz von Sachsen an Preußen. Nach Schätzungen von Historikern war Pückler einer der fünfzehn größten Landbesitzer im Königreich Preußen. Am 9. Oktober 1817 erfolgte die Heirat mit der neun Jahre älteren Lucie von Hardenberg (1776?1854), geschiedene von Pappenheim, Tochter des preußischen Staatskanzlers Karl August von Hardenberg. 1822 wurde Pückler gefürstet. 1826 kam es pro forma zur Scheidung von Lucie, mit der er dessen ungeachtet lebenslang freundschaftlich zusammen blieb. Der verschuldete Park- und Gartengestalter wollte nach England reisen, um erneut reich zu heiraten. Auf der Suche nach einer vermögenden Erbin verbrachte Pückler zwischen 1825 und 1829 viele Monate dort. Er bewunderte den Lebensstil des englischen Landadels, den er als das beste Element in der englischen Gesellschaft betrachtete. Dennoch kritisierte er in den Briefen an Lucie mit scharfen Worten die rücksichtslose Vertreibung der Landbevölkerung in Irland durch englische Adelige, die in Irland die Schafzucht intensivierten. Er fand keine Braut, dafür wurden seine Reiseberichte ein literarischer und finanzieller Erfolg in Deutschland, dann auch in England und den USA. Der Fürst beschloss nun, nach Nordamerika zu reisen, doch wegen eines Duells verpasste er die Schiffsabfahrt. Pückler erreichte im Mai 1837 Meroe im Sudan und ließ seinen Namen an den dortigen Pyramiden eingravieren, ebenso wie an den Tempeln des nahe gelegenen Musawwarat. Stattdessen unternahm er eine Reise über Algier nach Ägypten, wo er vom Khediven Muhammad Ali Pascha als Staatsgast empfangen wurde und für seinen Aufenthalt einen Palast mit Personal erhielt, und weiter in den Sudan, bis er 1838 südlich von Khartum entkräftet den Rückweg antrat. Ferner reiste er in den Nahen Osten – nach Konstantinopel – er versuchte später erfolglos, dort preußischer Botschafter zu werden – und nach Griechenland. Politisch vertrat er liberale Positionen und stand den preußischen Reformern um den Freiherrn vom Stein nahe. So plädierte er für eine politische Selbstverwaltung auf kommunaler Ebene. Dies, dazu sein erklärter Pantheismus und sein extravaganter Lebensstil machten ihn im illiberalen Preußen der Biedermeier-Ära suspekt. Auf der anderen Seite beteiligte Pückler sich jedoch, ganz der offiziellen deutschnationalen Linie folgend, aktiv an der Germanisierung seiner überwiegend sorbischen Untertanen und vernachlässigte die Volksbildung in seiner Herrschaft. Da er sich mit der Anlage seines ersten Parks in Muskau finanziell übernommen hatte, verkaufte er 1845 die Standesherrschaft Muskau. Er zog auf sein Erbschloss Branitz bei Cottbus. Den Erlös aus dem Verkauf von Muskau verwendete er, um das Schloss Branitz (unter starkem Einfluss von Gottfried Semper) umbauen zu lassen und um erneut einen Landschaftspark nach englischem Vorbild, den späteren Fürst-Pückler-Park, anzulegen. Fürst Pückler war als tollkühn und rastlos bekannt ? 1815 sein Aufstieg mit einem Freiballon, 1837 seine Reise zu den Nilkatarakten. Noch als 81-jähriger nahm er 1866 als Titular-General am preußischen Feldzug gegen Österreich-Ungarn teil und bewarb sich ? jedoch erfolglos ? vier Jahre später um eine Teilnahme am Feldzug gegen Frankreich. Bis zu seinem Tod im Jahr 1871 widmete er sich der Schriftstellerei (er war der erste deutsche Schriftsteller, der Kohlepapier für Durchschläge benutzte). Da eine Einäscherung Verstorbener damals aus religiösen Gründen verboten war, griff er zu einer provokanten List und verfügte, dass sein Herz in Schwefelsäure aufzulösen sei und der Körper in Ätznatron, Ätzkali und Ätzkalk gebettet werden solle. So wird er am 9. Februar 1871 im Tumulus ? einer Seepyramide im Parksee des Branitzer Schlossparks – beigesetzt werden. Da er kinderlos war, fallen sein Schloss und sein Park nun an den Majoratsnachfolger, seinen Vetter, den Reichsgraf Heinrich von Pückler, Barvermögen und Inventar an seine Nichte Marie von Pachelbl-Gehag, geb. von Seydewitz. Den literarischen Nachlass des Fürsten erbt die Schriftstellerin Ludmilla Assing mit der Auflage, die Biographie des Autors zu schreiben und seine ungedruckten Briefwechsel und Tagebücher zu veröffentlichen. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||
Französische Republik / Deutsches Kaiserreich Ende der seit 8. November 1870 andauernden Belagerung von Belfort in der Franche-Comté durch deutsche Truppen. Deutsches Kaiserreich / 25px Königreich Preußen Der Potsdamer Physiologe und Physiker Hermann Helmholtz wird zum Professor für experimentelle Physik an die Berliner Universität berufen und wird Direktor des Physikalischen Institutes. Als Universalgelehrter ist er derzeit einer der vielseitigsten Naturwissenschaftler und wird auch „Reichskanzler der Physik“ genannt. Er ist der Nachfolger des im Vorjahr verstorbenen Ordinarius der Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin, Heinrich Gustav Magnus. Der 50 Jahre alte Helmholtz gilt als einer der größten, vielseitigsten Denker und Forscher in Deutschland. Mit großem Aufwand soll er von der gebildeten Bevölkerung Heidelbergs verabschiedet werden. Im Vorjahr wurde Helmholtz Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||
Deutsches Kaiserreich / 25px Königreich Preußen / 25px Vereinigte Staaten von Amerika (New York) Der deutsche Klavierbauer Henry E. Steinway (* 15. Februar 1797 in Wolfshagen im Harz als Heinrich Engelhard Steinweg) stirbt in New York. Aufgrund der unruhigen politischen Lage übergab Steinweg 1850 das Braunschweiger Geschäft seinem Sohn Theodor. Am 28. Mai 1850 emigrierte er mit vier anderen Söhnen nach New York, wo sie zunächst in mehreren Klavierfabriken arbeiteten. 1853 machten sie sich selbstständig. Heinrich Steinweg anglisierte 1854 seinen Namen. Die Firma hieß seitdem Steinway and Sons. Das Geschäft nahm schnell einen enormen Aufschwung, nachdem es 1855 auf der New Yorker Industrieausstellung den ersten Preis für seine kreuzsaitigen Pianofortes, einer Entwicklung von Henry Steinway jr., erhalten hatte. 1856 wurde der erste Flügel gebaut. 1866 errichtete die Firma einen eigenen Konzertsaal in New York, die Steinway Hall, damals einer ihrer größten Konzertsäle. Theodor Steinweg verkaufte 1865 die Braunschweiger Firma an Wilhelm Grotrian (sie existiert noch 150 Jahre später unter dem Namen Grotrian-Steinweg) und trat in das New Yorker Geschäft ein, nachdem seine Brüder Heinrich am 11. März 1865 in New York und Karl am 31. März 1865 in Braunschweig gestorben waren. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||
Französische Republik / Deutsches Kaiserreich
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Französische Republik / Deutsches Kaiserreich In Versailles handeln der deutsche Reichskanzler Otto von Bismarck und der provisorische französische Staatspräsident Adolphe Thiers einen sogenannten "Präliminarfrieden" ("Vorfrieden") aus und beenden damit die Kampfhandlungen im Deutsch-Französischen Krieg. Die Bedingungen dieses Vorfriedens sind:
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Deutsches Kaiserreich Nach einem Gottesdienst in der Schlosskapelle wird im Weißen Saal des Berliner Stadtschlosses der erste deutsche Reichstag eröffnet. Kaiser Wilhelm I. verliest die von Reichskanzler Graf Otto von Bismarck vorbereitete Thronrede und thront dabei auf dem aus Goslar besorgten Kaiserstuhl Heinrichs III. Anschließend tritt der Reichstag im Preußischen Abgeordnetenhaus in Berlin, dem früheren Hardenberg‘schen Palais in der Leipziger Straße 75, zu seiner ersten, konstituierenden Sitzung zusammen. Der bisherige Kanzler des Norddeutschen Bundes und preußische Ministerpräsident Graf Otto von Bismarck wird vom neuen Kaiser gefürstet zum ersten Reichskanzler des Deutschen Reichs ernannt. Dieser wiederum ernennt seinen Staatssekretär (Minister), den Diplomaten Hermann von Thile, der das Auswärtig Amt leiten soll. Der 59jährige von Thile, ein Neffe des preußischen Generals und Staatsministers Ludwig Gustav von Thile (1781-1852), steht seit 1837 im diplomatischen Dienst für Preußen und befand sich bereits ein Jahr später auf seinem ersten Auslandsposten in Rom. Es folgten Bern, Wien (1842) und London. Als Nachfolger von Christian Karl Freiherr von Bunsen wurde er von 1854 bis 1859 Gesandter des Königreiches Preußen in Rom. Seit 1862 diente er als Unterstaatssekretär im preußischen Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten in der Berliner Wilhelmstraße. Andere Ministerien sind im Entstehen, die Suche nach geeigneten Leitern gestaltet sich schwierig.
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Deutsches Kaiserreich
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Chronik des Deutschen Kaiserreiches des Jahres ... 1872 - 1873 - 1874 - 1875 - 1876 - 1877 - 1878 - 1879 - 1880 - 1881 | ||||||||||||||||||||||||||||||||||
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