Chronik 03.1871

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DIE EREIGNISSE IM MÄRZ 1871



DIE SCHLAGZEILEN DES MONATS


Die Gelbfieber-Epidemie in Argentinien weitet sich aus

Kaiser Wilhelm eröffnet den ersten Reichstag des Deutschen Kaiserreiches

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Raeburn Place, Edinburgh, der erste Austragungsort eines
"internationalen" Rugby-Spiels

Die wichtigsten Persönlichkeiten des Monats
(nach Geburtsjahr geordnet)
Jahres-Chroniken
Länderchroniken
Die wichtigsten Herrscher und Regierenden des Monats
Nation Name Regierungszeit
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Vereinigtes Königreich Großbritannien und Irland
Königin Victoria
Premierminister William Ewart Gladstone
20.06.1837-22.01.1901
03.12.1868-20.02.1874
Vatikan 1825-1870.gif
Kirchenstaat
Papst Pius IX.
Kardinalstaatssekretär Iacobus Cardinale Antonelli
16.06.1846-07.02.1878
12.04.1850-06.11.1876
(secundum mandatum)
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Österreichisch-Ungarische Monarchie
Kaiser Franz Joseph I.
Amtierender Präsident des Ministerrates Karl Sigmund Graf Hohenwart
02.12.1848-21.11.1916
06.02.1871-30.10.1871
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Russisches Kaiserreich
Zar Alexander II. "Osvoboditeli" ("der Befreier")
Vorsitzender des Ministerrates Pawel Pawlowitsch Gagarin
02.03.1855-13.03.1881
02.03.1864-04.03.1872
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Norddeutscher Bund
Präsident König Wilhelm I. von Preußen
Ministerpräsident Otto Graf von Bismarck
02.01.1861-09.03.1888
23.09.1862-01.01.1873
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Vereinigte Staaten von Amerika
Präsident Ulysses Simpson Grant
Vizepräsident Schuyler Colfax
04.03.1869-04.03.1877
04.03.1869-04.03.1873
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Französische Republik
Präsident Marie Joseph Louis Adolphe Thiers
17.02.1871-24.05.1873
Ereignis
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Ereignis
Fortlaufende Ereignisse

* Besetzung Paraguays durch Brasilien (seit März 1870)
* Gelbfieber-Epidemie in Buenos Aires (seit 26. Januar 1871)
* Waffenstillstand und Friedensverhandlungen zwischen Frankreich und Deutschland (seit Ende Januar 1871)

01.03.1871
Deutsches Reich.gif Frankreich.gif
Deutsches Kaiserreich / Französische Republik

Auf französischem Boden stehen folgende deutsche Soldatengruppen: 464.221 Mann Infanterie, 55.562 Reiter und 1.674 Geschütze an Feldtruppen sowie 105.072 Mann Infanterie, 5.681 Reiter und 68 Geschütze an Besatzungstruppen. Insgesamt wurden auf deutscher Seite im Kriegsverlauf etwa 1,4 Millionen Mann mobilisiert, von denen 1,1 Millionen in Frankreich zum Einsatz kamen.

Deutsche Feldtruppen in Frankreich, gegen Ende des Krieges, ohne Besatzungs- und Ersatztruppen
Land Infanterie Kavallerie Geschütze
Norddeutscher Bund
385.600 Mann
48.000 Mann
1284 Geschütze
Königreich Bayern
50.000 Mann
5500 Mann
192 Geschütze
Königreich Württemberg
15.000 Mann
1500 Mann
54 Geschütze
Großherzogtum Baden
11.700 Mann
1800 Mann
54 Geschütze
SUMME
462.000 Mann
56.800 Mann
1584 Geschütze
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Deutsches Kaiserreich / Königreich Preußen

Die Königliche Prüfungsstation für Baumaterialien wird in Berlin gegründet.

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Deutsches Kaiserreich / Freie Hansestadt Bremen

Die Freie Hansestadt Bremen tritt als Bundesstaat dem Deutschen Kaiserreich bei. Der Erste Bürgermeister Johann Daniel Meier gibt eine entsprechende Erklärung ab.

Nicaragua 1857-1971.gif
Republik Nicaragua

Bei den Präsidentschaftswahlen in Nicaragua besiegt José Vicente Quadra Lugo den Amtsinhaber Fernando Guzmán Solórzano und wird neuer Präsident. Beide gehören der Partido Conservador (konservativen Partei PC) an.

Argentinien 1818-2010.gif
Argentinische Republik

Buenos Aires meldet, dass heute 40 Menschen an Gelbfieber gestorben sind und dass sich die Krankheit weiter ausbreitet.

02.03.1871
Deutsches Reich.gif 50px
Deutsches Kaiserreich / Königreich Preußen

Das Deutsche Archäologische Institut wird eine Königliche Preußische Staatsanstalt und dem Auswärtigen Amt unterstellt. Seinen Sitz hatte es in der Ansbacher Straße 46 in Berlin-Schöneberg.

03.03.1871
Deutsches Reich.gif
Deutsches Kaiserreich

Die ersten Reichstagswahlen nach Gründung des Deutschen Reiches mit Parlamentssitz in der Leipziger Straße in Berlin finden statt. Es werden 382 Abgeordnete gewählt. In jedem der insgesamt 382 Wahlkreise wird nach absolutem Mehrheitswahlrecht ein Abgeordneter gewählt. Aus der ersten Reichstagswahl gehen die Nationalliberalen mit 31 Prozent der Stimmen als mit Abstand stärkste Partei hervor. In Berlin erringt die Fortschrittspartei alle sechs Mandate. Wahlberechtigt sind 7,65 Millionen männliche Reichsbürger, die mindestens 25 Jahre alt sind, das entspricht etwa 19,4 % der Bevölkerung. Militärangehörige und andere Gruppen sind ausgeschlossen. Die Wahlbeteiligung liegt bei etwa 51 Prozent. Die Bürger des späteren Reichslands Elsaß-Lothringen nehmen an der Wahl nicht teil und werden somit im ersten Reichstag nicht repräsentiert, da der Friede von Frankfurt mit dem Kriegsgegner Frankreich noch nicht geschlossen wurde. Die stärkste politische Bewegung im Reichstag wird der Liberalismus, dem 202 der 382 Abgeordneten zuzurechnen waren. Er ist allerdings auf verschiedene Fraktionen verteilt. Vor allem die Nationalliberalen unterstützen im Reichstag die Politik von Reichskanzler Otto von Bismarck. Das Ergebnis:

Ergebnis der ersten Wahlen zum Deutschen Reichstag
Rang Partei Stimmen (ca.) in % Sitze Veränderung
1 Nationalliberale Partei (NLP) 1.171.000 31,1 % 119 + 38
2 Zentrum (Z) (mehrheitl. katholisch) 724.000 18,6 % 60 + 60
3 Deutsch-Konservative Partei (DtKP) 549.000 14,1 % 53 - 13
4 Deutsche Reichspartei (DRP) (freikonservative) 346.000 8,9 % 39 + 5
5 Deutsche Fortschrittspartei (DFP) 342.000 8,8 % 45 + 16
6 Liberale Reichspartei (LRP) 281.000 7,2 % 30 + 30
7 Polnische Abgeordnete 176.000 4,5 % 14 + 3
8 Deutsch-Hannoversche Partei (DHP) (Welfenpartei) 52.000 1,4 % 7 + 7
9 Sozialdemokratische Arbeiterpartei (SDAP) / Allgemeiner Deutscher Arbeiterverein (ADAV) 124.000 3,2 % 2 - 4
10 Deutsche Volkspartei (DtVP) 19.000 0,5 % 1 + 1
11 Dänische Abgeordnete 25.000 0,7 % 1 0
12 Sonstige 79.000 2,0 % 11 - 88
ungültige Stimmen 19.016 0,5 %
gültige Stimmen 3.888.000 99,5 % 382 297
Wahlbeteiligung 51,0 %

Die Veränderung bezieht sich auf die letzte Wahl zum Norddeutschen Bund, dem ganz Süddeutschland nicht angehörte!

04.03.1871
Argentinien 1818-2010.gif
Argentinische Republik

Die Zeitung „La Tribune“ berichtet, dass die Stadt Buenos Aires bei Nacht so grimmig erscheint, als wenn sie bereits ausgestorben wäre. Die Gelbfieber-Epidemie schreitet unaufhaltsam voran; immer mehr Menschen erkranken.

06.03.1871
Argentinien 1818-2010.gif
Argentinische Republik

Buenos Aires meldet mindestens 100 Tote aufgrund des Gelbfiebers. Die Epidemie hat nun auch die reicheren Viertel, die besser mit sauberem Wasser versorgt sind, erreicht. Etwa ein Drittel der Bürger der Stadt beschließen, Buenos Aires zu verlassen. Der Hafen wird unter Quarantäne gestellt und die umliegenden Provinzen versuchen zu verhindern, dass Bürger und Güter die Stadt verlassen können.

07.03.1871
Deutsches Reich.gif Frankreich.gif
Deutsches Kaiserreich / Französische Republik

Kaiser Wilhelm I. besucht das Schlachtfeld von Villiers, auf dem am 30. November und am 2. Dezember eine wichtige Schlacht im Französisch-Deutschen Krieg stattfand hat und nimmt hier eine Parade des I. Königlich-Bayerischen Korps unter Ludwig von der Tann und etwa 20.000 Mann des Sächsischen Korps unter Prinz Georg von Sachsen ab.

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Vereinigte Staaten von Amerika / Washington, D.C.

Auf einem Nominierungskongress der Republikanischen Partei in Washington, District of Columbia, sagt der Kandidat Norton P. Chipman: "Falls jemand hier unter uns ist, der nicht möchte, dass im District of Columbia in gemischten Klassen (gemeint sind unterschiedliche Hautfarben) unterrichtet werden, der sollte für seine Kinder besser hier nicht einschulen." Dieses Statement gibt Chipman ab, nachdem er dieser Frage bisher ausgewichen war und von der Menge unter Druck gesetzt worden war. Viele Zuschauer sind der Meinung, dass Chipman sich mit dieser Aussage um den Sieg bei der Nominierung bringt. Trotzdem gewinnt er knapp gegen seinen Gegenkandidaten Fredrick Douglass.

09.03.1871
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Kaiser Napoléon III. kehrt nicht nach Frankreich zurück
Deutsches Kaiserreich / Französische Republik / Vereinigtes Königreich Großbritannien und Irland

Der seit Anfang Dezember 1870 in preußischer Gefangenschaft befindliche französische Kaiser Napoléon III., ursprünglich Charles-Louis-Napoléon Bonaparte, der mit der Ausrufung der Republik am 4. September 1870 offiziell für abgesetzt erklärt wurde, wird aus der Gefangenschaft auf Schloss Wilhelmshöhe bei Kassel entlassen und geht ins Exil nach London. Napoléon III. war von 1848 bis 1852 französischer Staatspräsident und von 1852 bis zu seiner Gefangennahme durch preußische Truppen im September 1870 Kaiser der Franzosen.

Deutsches Reich.gif 50px
Deutsches Kaiserreich / Königreich Preußen

Der Berliner Magistrat beantragt für Otto von Bismarck und Helmuth von Moltke die Ernennung zu „Ehrenbürgern der Städte des deutschen Reiches“. Die Berliner Stadtverordnetenversammlung lehnt diesen Antrag ab. Allerdings ist die Ablehnung für den Magistrat nicht bindend.

12.03.1871
Deutsches Reich.gif 50px
Der schlesische Astronom Karl Luther entdeckt Amalthea
Deutsches Kaiserreich / Königreich Preußen

Der schlesische 49 Jahre alte Philosoph, Mathematiker, Astronom und Direktor der Sternwarte Düsseldorf, Karl Theodor Robert Luther, entdeckt "(113) Amalthea", einen Asteroiden des Hauptgürtels (113 bedeutet, dass es der 113. Asteroid ist, der bis jetzt entdeckt wurde). Es ist seine 18. Entdeckung dieser Art. Der Asteroid, der sich zwischen 2,167 und 2,585 Astronomischen Einheiten (1 = Entfernung Erde-Sonne) in unserem Sonnensystem bewegt, hat einen Durchmesser von 46 Kilometern. Er dreht sich einmal um seine eigene Achse in 9 Stunden und 56 Minuten. Seine absolute Helligkeit ist 8,74mag. Er umkreist die Sonne einmal in 3 Jahren und 242 Tagen und hat eine mittlere Orbitalgeschwindigkeit von 19,3 km/Sekunde. Luther benennt ihn nach einer Nymphe, die nach der griechischen Mythologie Zeug mit der Milch einer Ziege aufzog.

13.03.1871
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Deutsches Kaiserreich / Österreichisch-Ungarische Monarchie / Französische Republik / Vereinigtes Königreich Großbritannien und Irland / Königreich Italien / Russisches Kaiserreich / Osmanisches Reich

Abschluss der Pontuskonferenz in London, die den Status des Schwarzen Meeres (lat. Pontus Euxinus) unter dem Hintergrund des russischen Expansionsdruckes gegen das Osmanische Reich neu definiert. Die Neutralität und Entmilitarisierung des Schwarzen Meeres wird aufgehoben. Mit deutscher Unterstützung erhält Russland das nach dem Krimkrieg untersagte Recht zurück, im Schwarzen Meer eine Schlachtflotte zu unterhalten, wird allerdings verpflichtet, vor der Durchfahrt durch die Meerengen die Zustimmung des Osmanischen Reiches einzuholen. Russland beginnt unverzüglich mit dem Bau einer neuen Schwarzmeerflotte.

15.03.1871
Argentinien 1818-2010.gif
Argentinische Republik

Die seit sechs Wochen in Buenos Aires wütende Gelbfieber-Epidemie fordert jetzt 150 Menschenleben pro Tag.

16.03.1871
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Deutsches Kaiserreich / Königreich Preußen

Die Stadtverordnetenversammlung von Berlin beschließt, dass aus dem Krieg gegen Frankreich zurückkehrende Soldaten je einen Taler, Unteroffiziere je zwei Taler, Kriegerwitwen je 20 Taler, Waisen je fünf Taler erhalten. Außerdem ernennt die Stadtverordnetenversammlung auf Geheiß des Berliner Magistrates hin Reichskanzler Fürst Otto von Bismarck und Helmuth Graf von Moltke zu Ehrenbürgern von Berlin.

17.03.1871
Deutsches Reich.gif 50px
Deutsches Kaiserreich / Königreich Preußen

Der nach dem Sieg im Deutsch-Französischen Krieg am 18. Januar 1871 in Versailles zum Kaiser ausgerufene Wilhelm I. wird in Begleitung von Kronprinz Friedrich Wilhelm in Berlin empfangen.

18.03.1871
Deutsches Reich.gif Frankreich.gif
Deutsches Kaiserreich / Französische Republik

Gemäß den vom Deutschen Reich diktierten Bedingungen des Versailler Friedensvertrages muss Frankreich eine deutsche Garnison in Paris dulden. Gegenüber der französischen Regierung wächst zusehends der Unmut der Pariser Bevölkerung, der sich nun zu einem offenen Aufstand in der Stadt entwickelt. Die erste sozialistische Revolution in Frankreich beginnt. Die Mitglieder des revolutionären Pariser Stadtrates werden „Kommunarden“ (frz. communards) genannt.

Deutsches Reich.gif Großherzogtum Hessen.gif
Der deutsche Historiker und nationalliberale Politiker Georg Gottfried Gervinus
Deutsches Kaiserreich / Großherzogtum Hessen

Der deutsche Historiker und nationalliberale Politiker Georg Gottfried Gervinus (* 20. Mai 1805 in Darmstadt) stirbt in Heidelberg. Gervinus studierte nach Buchhändlerlehre in Bonn und kaufmännischer Ausbildung in Darmstadt von 1825 bis 1827 an der Universität Gießen, anschließend bis 1829 an der Universität Heidelberg Geschichte, Philologie und Philosophie. 1835 wurde er in Heidelberg zum Professor für Geschichte und Literatur berufen. 1836 wechselte er nach Göttingen. Dort wurde er jedoch bereits 1837 abgesetzt und des Landes verwiesen, da er als einer der Göttinger Sieben - neben ihm waren dies noch Jacob Grimm, Wilhelm Grimm, Friedrich Christoph Dahlmann, Wilhelm Eduard Albrecht, Heinrich Ewald und Wilhelm Eduard Weber - gegen die Aufhebung des hannoverschen Staatsgrundgesetzes durch den König, Ernst August, protestiert hatte. Diese Tat erregte in der deutschen Öffentlichkeit großes Aufsehen. Zwischen 1835 und 1842 publizierte Gervinus sein Hauptwerk, die Geschichte der deutschen Nationalliteratur. 1844 nahm er in Heidelberg seine akademische Tätigkeit wieder als Honorarprofessor auf. Ab 1847 war er Herausgeber der von Karl Mathy und Friedrich Daniel Bassermann begründeten Deutschen Zeitung, zu dieser Zeit das Blatt der liberalen Intellektuellen. Gervinus war Mitglied des Vorparlaments und des von diesem gebildeten Siebzehnerausschusses. Vom 18. Mai bis zum 31. Juli 1848 war er Abgeordneter für Wanzleben in der Frankfurter Nationalversammlung. 1853 wurde er wegen demokratischer Publikationen (Einleitung in die Geschichte des neunzehnten Jahrhunderts) vom Mannheimer Hofgericht wegen Hochverrats zu zwei Monaten Festungshaft verurteilt und erneut aus dem Universitätsdienst entlassen. Dieses Urteil wurde jedoch kurz darauf vom Oberhofgericht in Mannheim für nichtig erklärt, weil die auf Hochverrat lautende Anklage nicht hätte vom Hofgericht angenommen werden dürfen. Die Anklage wurde daraufhin aus nicht genannten Gründen gänzlich zurückgezogen und fallen gelassen. Die Bayerische Akademie der Wissenschaften nahm ihn 1863 als auswärtiges Mitglied in ihre Reihen auf.

19.03.1871
Deutsches Reich.gif 50px
Der Berliner Pharmakologe Carl Gustav Mitscherlich
Deutsches Kaiserreich / Königreich Preußen

Der Pharmakologe Carl Gustav Mitscherlich (* 09.11.1805 in Jever)stirbt in Berlin. Mitscherlich war seit 1844 Professor für Arzneimittellehre an der Berliner Universität. Carl Gustav, Bruder des bekannten Chemikers Eilhard Mitscherlich, untersuchte schon als Student in dem Laboratorium seines Bruders verschiedene Antimon- und Quecksilberpräparate und promovierte 1829. Im Jahre 1858 wurde er zum Geheimen Medizinalrat ernannt und wurde zu dieser Zeit zum ersten deutschen Pharmakologen, der die Bedeutung der Kenntnis des chemischen Verhaltens der Arzneimittel gegen die Bestandteile des Organismus und die der Tierversuche überhaupt für die Entwicklung der Pharmakologie erkannte und durch eine Reihe von Experimentalarbeiten wesentlich förderte. Gleichzeitig arbeitete er mit Erfolg an seinem außerordentlich wertvollen „Lehrbuch der Arzneimittellehre“. Der zweite der dreibändigen Ausgabe wurde erst nach 14 Jahren Arbeit vollendet.

20.03.1871
Argentinien 1818-2010.gif
Argentinische Republik

Die Ende Januar aufgetretene Gelbfieber-Epidemie in Buenos Aires fordert jetzt 200 Menschenleben pro Tag. Auch viele Politiker und Menschen, die Hilfsdienste für Erkrankte organisierten, sind unter den Toten. Inzwischen sind die meisten Behörden verwaist, weil ihre Beamten aus der Stadt geflohen sind. Nur die Priester und die Ärzte halten die Stellung in der Stadt. Die Produktion von Särgen ist inzwischen eingestellt; die Menschen werden in Tücher verhüllt begraben. Die Stadt stellt ihre Müllwagen für den Transport der Leichen zur Verfügung. Diebe machen die Stadt unsicher. Sie dringen verkleidet in Ärztetracht in die Häuser der arg- und hilflosen Bevölkerung ein.

21.03.1871
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Deutsches Kaiserreich

Nach einem Gottesdienst in der Schlosskapelle wird im Weißen Saal des Berliner Stadtschlosses der erste deutsche Reichstag eröffnet. Kaiser Wilhelm I. verliest die von Reichskanzler Graf Otto von Bismarck vorbereitete Thronrede und thront dabei auf dem aus Goslar besorgten Kaiserstuhl Heinrichs III. Anschließend tritt der Reichstag im Preußischen Abgeordnetenhaus in Berlin, dem früheren Hardenberg‘schen Palais in der Leipziger Straße 75, zu seiner ersten, konstituierenden Sitzung zusammen. Der bisherige Kanzler des Norddeutschen Bundes und preußische Ministerpräsident Graf Otto von Bismarck wird vom neuen Kaiser gefürstet zum ersten Reichskanzler des Deutschen Reichs ernannt. Dieser wiederum ernennt seinen Staatssekretär (Minister), den Diplomaten Hermann von Thile, der das Auswärtig Amt leiten soll. Der 59jährige von Thile, ein Neffe des preußischen Generals und Staatsministers Ludwig Gustav von Thile (1781-1852), steht seit 1837 im diplomatischen Dienst für Preußen und befand sich bereits ein Jahr später auf seinem ersten Auslandsposten in Rom. Es folgten Bern, Wien (1842) und London. Als Nachfolger von Christian Karl Freiherr von Bunsen wurde er von 1854 bis 1859 Gesandter des Königreiches Preußen in Rom. Seit 1862 diente er als Unterstaatssekretär im preußischen Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten in der Berliner Wilhelmstraße. Andere Ministerien sind im Entstehen, die Suche nach geeigneten Leitern gestaltet sich schwierig.

Die erste Regierung des Deutschen Kaiserreiches nach der Reichsgründung
Deutsches Reich.gif Funktion Name seit Tage Jahre im Amt
Wilhelm I.jpg
Kaiser
Wilhelm I.
(* 1797 Berlin)
18.01.1871
64
0,2
Otto von Bismarck.jpg
Reichskanzler
Otto Fürst von Bismarck
(* 1815 Schönhausen)
(parteilos)
21.03.1871
-
-
Hermann von Thile.jpg
Erster Staatssekretär
im Auswärtigen Amt
(Außenminister)
Hermann von Thile
(* 1812 Berlin)
(parteilos)
21.03.1871
-
-
Albrecht von Roon.jpg
Militärischer Berater
des Reichskanzlers
General Albrecht von Roon
(* 1803 Pleushagen b. Kolberg)
(preußischer Kriegsminister)
21.03.1871
-
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Heinrich von Stephan.jpg
Generalpostdirektor
Heinrich Stephan
(* 1831 Stolp)
(parteilos)
21.03.1871
-
-
22.03.1871
Deutsches Reich.gif 50px
Deutsches Kaiserreich / Königreich Preußen
Der märkische Mediziner und Botaniker Carl Heinrich Schultz-Schultzenstein
Der deutsche Mediziner und Botaniker Carl Heinrich Schultz-Schultzenstein (* 8. Juli 1798 in Altruppin) stirbt in Berlin. Schultz legte Aufsehen erregende, aber auch umstrittene Untersuchungen über die Säftebewegung der Pflanzen vor und entwickelte außerdem eine Theorie, dass tierisches Leben kein chemischer Stoffwechsel, sondern ein fortdauernder innerer Wechsel von Erzeugen und Absterben verjüngter Formengebilde sei (Mausertheorie). Zur besseren Unterscheidung von dem gleichnamigen Botaniker legte sich Schulz 1848 den Beinamen "Schultzenstein" nach seinem Gut in der Nähe von Rheinsberg zu. In seinen botanischen Arbeiten zur Physiologie der Pflanzen entwickelte Schultz-Schultzenstein auf der Grundlage eines dynamischen Vitalismus die Ansicht, dass Pflanzen über einen dem Blut entsprechenden Nahrungssaft und einen Kreislauf verfügten. Diese Lehre wurde bereits in den 1840er Jahren widerlegt, was Schultz-Schultzenstein zu scharfer Polemik gegen seine Kritiker Julius Meyen und Hugo von Mohl veranlasste. Ein weiteres Arbeitsgebiet Schultz-Schultzensteins war die pflanzliche Morphologie und Entwicklungsgeschichte. Hier beschrieb er als „Anaphyton“ (Individuum) jeden aus Zellen, Gefäßen und Oberhaut bestehenden Pflanzenteil und postulierte, jedes Anaphyton sei fähig, eine neue Pflanze hervorzubringen. Eine Pflanze wachse auf Grund eines Verjüngungstriebs durch fortwährende Entwicklung und Wiederholung dieser Anaphyta, die allein durch Wechselwirkung mit der Umwelt in ihrer Form verschieden seien. Dieses Prinzip wandte Schultze-Schultzenstein auch auf das Tierreich, die Medizin, die Psychologie und schließlich auf die Gesellschaft an. Schultze-Schutzensteins Mausertheorie baute ebenfalls auf dem Prinzip der Verjüngung auf. Er ging von dem Gedanken aus, dass das Leben aus einer ständigen Erneuerung der organischen Elemente bestehe, die der Mauser ähnele. Gesundheit bestehe dementsprechend dann, wenn sich Regeneration und Mauser der organischen Elemente beständig wiederholen; Krankheit hingegen führte er auf abnorme Regeneration zurück, wenn die Mauser zu schwach, gehemmt oder gestört oder aber wenn sie zu stark, übermäßig oder beschleunigt sei. Solche Störungen ließen sich an den Ausscheidung der Mauserprodukte ablesen. Medikamente heilten dabei nicht von sich aus, sondern dadurch, dass sie die Naturheilkraft des Organismus befördern. Wie seine andere Theorie wurde auch diese schon von den Zeitgenossen heftig angegriffen. Gleichwohl war Schultze-Schutzenstein einflussreich. Seine Arbeiten zur Physiologie des Blutes belegten die „Bläschennatur“ der Blutkörperchen und wurden zu einem Bezugspunkt der Zellenlehre Theodor Schwanns. Georg Wilhelm Friedrich Hegels Naturphilosophie und der organische Atomismus entlehnten Konzepte wie das der Individualität der Teile eines Organismus.
27.03.1871
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Rugby.gif
Vereinigtes Königreich Großbritannien und Irland

Vor 4000 Zuschauern wird auf dem Raeburn Place in Edinburgh das weltweit erste "internationale" Rugby Union Spiel zwischen Schottland und England ausgetragen. Das Spiel kommt aufgrund einer schottischen Herausforderung zustande, die am 8. Dezember 1870 in der Wochenzeitung "Bell's Weekly" abgedruckt und von den Kapitänen von fünf schottischen Vereinen unterzeichnet wurde. Raeburn Place ist das Heimatgelände der Edinburgh Academicals. Das englische Team spielt in weißen Trikots und roten Hosen, die Schotten mit braunen Hemden, die mit einer Distel und weißen Kricketflanschen versehen sind. Das Spiel geht über zweimal 50 Minuten und wird von den Schotten mit 4:1 (zwei Tries und ein Goal für Schottland, ein Try für England) gewonnen. Angus Buchanan wird der erste Mensch, der in einem "internationalen" Rugby-Spiel einen Punkt erzielt.

29.03.1871
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Deutsches Kaiserreich / Königreich Preußen

Im Reichstag findet eine Debatte über eine neue Tagungsstätte – einem Neubau eines monumentalen Gebäudes oder ein Um- und Ausbau des Gebäudes in der Wilhelmstraße statt. Für einen Neubau ist die Lobby des Architektenverbandes, für den Umbau der Wilhelmstraße der Reichskanzler Fürst Otto von Bismarck.

31.03.1871
Deutsches Reich.gif 50px
Deutsches Kaiserreich / Königreich Preußen

Die Berliner Tageszeitung "Die Zukunft" stellt ihr Erscheinen ein.

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